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# taz.de -- Angeblicher Angriff auf Beamte: Polizisten beim Lügen erwischt
> Ein Feuerwehrmann, dem die Polizei Körperverletzung vorgeworfen hatte,
> ist freigesprochen worden. Ein Video zeigt: Die Vorwürfe waren haltlos.
Bild: Robuster Zugriff: Hamburger Polizisten führen einen Mann ab
Hamburg taz | Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Tätlichkeit,
Körperverletzung – was eine Gruppe Polizeibeamter Robert B. vorgeworfen
hat, ist keine Kleinigkeit. Drei Monate bis fünf Jahre Gefängnis sieht der
Gesetzgeber im Falle einer Verurteilung vor. Und eine Zeit lang sah es bei
dem Prozess vor dem Amtsgericht Hamburg-Mitte auch so aus, als hätte Robert
B. schlechte Karten – bis sein Anwalt Jonas Hennig am letzten Prozesstag
ein Handyvideo vorlegte, das die Polizisten als Lügner dastehen ließ.
Das Video, das der taz vorliegt, stammt aus der Zeit der
Corona-Spaziergänge vor einem Jahr. Die Hamburger Innenbehörde hatte Ende
Dezember 2021 die [1][Protest-„Spaziergänge“ gegen die
Corona-Schutzmaßnahmen zu anmeldepflichtigen Demonstrationen erklärt]. Sie
nicht anzumelden, sei eine Straftat, warnte Polizeipräsident Ralf Martin
Meyer im NDR.
Die Polizisten waren am 5. Februar am Jungfernstieg eingesetzt, um solche
unangemeldeten Demonstrationen zu verhindern. Dabei trafen sie auf Robert
B., der zusammen mit Freunden auf dem Jungfernstieg unterwegs war. Die
Beamten vermuteten in ihnen Corona-Demonstranten und kesselten sie ein, um
ihre Personalien aufzunehmen.
Auf dem Video ist eine verbale Auseinandersetzung zwischen Robert B. und
anderen Bürgern mit den Polizisten zu sehen. Robert B. trägt eine
Pappschachtel mit asiatischem Essen in der Hand und wird am Anfang der
Sequenz von einem Polizisten, der einen Tonfa, also einem T-förmigen
Schlagstock, in der Hand hält, zurückgeschubst. Robert B. sagt: „Beruhig
dich mal.“
## Plötzlicher Gewaltausbruch
In der Schlüsselszene bittet B. den Polizisten, seine Pappschachtel zum
Mülleimer bringen zu dürfen. Der Polizist schickt ihn in die andere
Richtung. B. zeigt mit dem Finger Richtung Mülleimer jenseits der
Polizeikette, während er sein Asia-Essen mümmelt. Irgendjemand sagt
„Durchsetzen“ und plötzlich schubst der Polizist B. mit Macht zurück, mac…
zwei Schritte nach vorn und bringt ihn mit dem Tonfa zu Boden.
Eine blonde Polizistin kniet sich auf B.s Nacken. Sein Mandant habe
Abschürfungen, Quetschungen und Hämatome an Armen, Beinen und im Gesicht
davongetragen, sagt Anwalt Hennig.
Zwei Polizisten hatten dem Gericht den Verlauf ganz anders geschildert:
„Wir hatten den Auftrag, Leute anzusprechen, die sich den Spaziergängen
anschließen wollten“, zitiert Die Zeit einen der Beamten aus der
Verhandlung. Bei der Personengruppe rund um Robert B. habe er das Gefühl
gehabt, sie könne zu den Corona-Protestlern gehören. Seiner Wahrnehmung
nach sei die Grundstimmung aggressiv gewesen, berichtete Die Zeit. „Die
wollten gleich eine Konfrontation aufbauen.“
Deshalb habe er zusammen mit anderen Beamtinnen und Beamten einen
„Sicherungskreis“ um Robert B. gezogen, den B. nicht akzeptieren wollte. B.
habe den Polizisten mit dem Tonfa mit einem Faustschlag angegriffen und
sich auf dem Boden liegend heftig gegen die Festnahme gewehrt. Die Beamten
erstatteten Anzeige von Amts wegen.
Dass sie Anzeige erstatteten, erklärte Anwalt Hennig damit, dass sie Robert
B. ja in Gewahrsam nahmen und das begründen mussten. Zudem folge das einem
Muster, dass sich Polizisten [2][präventiv oder mit Gegenanzeigen auf
Strafverfahren einstellten]. „Letztlich ist es ein [3][Reflex, um mögliche
Vorwürfe gegen einen selbst zu delegitimieren]“, sagt Hennig.
Warum er den Stick mit dem Video erst am letzten Prozesstag aus der Tasche
zog, erklärte der Strafverteidiger mit der Bedeutung des Falls: „Wir hätten
das Video schon im Ermittlungsverfahren präsentieren können, dann hätte es
aber keine Öffentlichkeit gegeben.“ Vermutlich hätte die Staatsanwaltschaft
das Verfahren schon im Vorfeld eingestellt. Welche Konsequenzen das für die
Polizisten gehabt hätte, ist ungewiss.
Sein Mandant sei Feuerwehrmann und als solcher selbst Beamter, sagt Hennig.
„Das ist kein Mensch, der eine grundsätzlich polizeikritische Haltung hat.“
Robert habe den Vorfall befreundeten Polizisten und Feuerwehrleuten
erzählt, die schockiert waren. „Mein Mandant hatte Angst, dass das einfach
versickert, wenn man keine Öffentlichkeit herstellt“, sagt Hennig.
Infolge des Videos sprach die Richterin Robert B. frei. Entsprechend hatte
auch die Staatsanwaltschaft plädiert „Ich finde es richtig, wie Sie sich
entschieden haben“, gibt [4][Die Zeit] das Schlusswort der Richterin
wieder. „Was wir hier gesehen haben, muss an die Öffentlichkeit.“
Die Staatsanwältin kündigte an, nun gegen die beteiligten Polizisten wegen
des Verdachts einer uneidlichen Falschaussage vor Gericht und gefährlicher
Körperverletzung im Amt zu ermitteln.
2 Dec 2022
## LINKS
[1] /Proteste-gegen-Coronapolitik/!5832667
[2] /G20-Polizeigewalt-nicht-zu-ermitteln/!5510928
[3] /Petition-fuer-unabhaengige-Ermittlungen/!5863798
[4] https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-11/polizeigewalt-hamburg-prozess-coro…
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Polizei Hamburg
Justiz
Rechtsstaat
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Polizei Hamburg
Schwerpunkt G20 in Hamburg
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