# taz.de -- Abtreibungsrecht in den USA: Durchmarsch der Rechten geht weiter | |
> Mit Iowa verabschiedet ein weiterer republikanisch regierter | |
> US-Bundesstaat strikte Anti-Abtreibungs-Regeln. Die Gouverneurin drängt | |
> zur Eile. | |
Bild: Proteste gegen das verschärfte Abtreibungsgesetz in Iowa | |
BERLIN taz | Bislang war Iowa einer der wenigen republikanisch regierten | |
US-Bundesstaaten ohne striktes Abtreibungsverbot. Auch ein Jahr nach der | |
[1][Entscheidung des Obersten Gerichtshofes], das seit 1973 US-weit | |
bestehende Recht auf Abtreibung aufzuheben, war in Iowa ein Abbruch bis zur | |
20. Woche legal. | |
Das ist jetzt vorbei: Am Dienstag brachten die republikanischen Mehrheiten | |
in beiden Kammern des Kongresses von Iowa ein Gesetz durch, das | |
Abtreibungen nach der 6. Schwangerschaftswoche verbietet. Das ist in der | |
Regel der Zeitpunkt, bei dem mit Ultraschallgeräten eine Art Herzton beim | |
werdenden Fötus festgestellt werden kann. Oft wissen Frauen dann noch nicht | |
einmal, dass sie schwanger sind. | |
Ausnahmen vom Verbot soll es nur in wenigen Fällen geben, so bei einer | |
Schwangerschaft nach Vergewaltigung oder Inzest – sofern in diesen Fällen | |
die Polizei eingeschaltet wurde –, bei höchster Gefahr für das Leben der | |
Mutter oder bei zu erwartenden Fehlbildungen des Kindes, die „inkompatibel | |
mit dem Leben“ seien. Der letzte Punkt rief scharfen Protest bei | |
Angehörigen von Menschen mit bestimmten angeborenen Behinderungen hervor, | |
die unter diese Regelung fallen würden. | |
Für die 63-jährige republikanische Gouverneurin Kim Reynolds, die den | |
Posten seit 2017 bekleidet, war die Angelegenheit so dringlich, dass sie | |
Sondersitzungen des Kongresses einberufen ließ, um das Gesetz so schnell | |
wie möglich durchzubringen. „Gerechtigkeit für die Ungeborenen sollte | |
nicht verzögert werden,“ sagte sie. Für sie ist die Pro-Life-Bewegung „das | |
wichtigste Menschenrechtsanliegen unserer Zeit“. Noch in dieser Woche will | |
sie das Gesetz mit ihrer Unterschrift in Kraft setzen. | |
## Schon 2018 versucht, Abtreibung zu verbieten | |
Begleitet wurden Debatte und Abstimmung von heftigen Protesten beider | |
Seiten rund um das Kapitol in Iowas Hauptstadt Des Moines. „Abtreibung ist | |
Mord“, rief die eine Seite, „Mein Körper, meine Entscheidung“ stand auf | |
Plakaten der Befürworter*innen des Abtreibungsrechtes. | |
Am Ende entschieden 56 gegen 34 Abgeordnete im Repräsentantenhaus und 32 | |
gegen 17 Senator*innen im Senat. Demnach stimmten 8 republikanische | |
Abgeordnete und 2 Senator*innen nicht mit der großen Mehrheit ihrer | |
Parteikolleg*innen. | |
Demokratische Kongressmitglieder drängen darauf, zumindest das | |
Inkrafttreten des Gesetzes zu verschieben, um Ärzt*innen in Iowa die | |
Möglichkeit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen. | |
Gouverneurin Reynolds wird darauf allerdings nicht eingehen. | |
Schon [2][2018] hatten die Republikaner in Iowa versucht, ein ähnliches | |
Gesetz durchzubringen – damals noch mit dem implizierten Ziel, landesweit | |
immer mehr Rechtsstreitigkeiten zu provozieren, um bei einer | |
[3][Mehrheitsveränderung] im Obersten Gerichtshof genau das vollziehen zu | |
können, was dann im vergangenen Jahr auch geschah. Damals scheiterte das | |
Gesetz noch am richterlichen Einspruch – schließlich war das | |
Grundsatzurteil Roe v. Wade noch in Kraft. | |
Für Frauen wird die Situation jetzt in der gesamten Region brenzlich. In | |
drei von Iowas sechs Nachbarstaaten (South Dakota, Wisconsin und Missouri) | |
sind im letzten Jahr noch striktere Verbotsregelungen in Kraft getreten, in | |
Nebraska wurde das Recht eingeschränkt. Ein Ausweg für ungewollt Schwangere | |
in Iowa könnte künftig nur die Fahrt nach Norden oder Osten sein: In | |
Minnesota und Illinois gilt das Recht auf Abtreibung uneingeschränkt | |
weiter. | |
12 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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