# taz.de -- Nach Benennung von Brett Kavanaugh: Das wird Trump überdauern | |
> Die Republikaner haben jetzt am Obersten Gerichtshof die Mehrheit. | |
> Kavanaugh ist ein weiterer rechtsaktivistischer Richter. Das wird Folgen | |
> haben. | |
Bild: Mit Kavanaugh sind fünf von neun amtierenden Obersten RichterInnen von r… | |
BERLIN taz | Mit der [1][Berufung Brett Kavanaughs] in den Obersten | |
US-Gerichtshof hinterlässt Donald Trump nach zwei Jahren Amtszeit | |
politische Veränderungen, die seine Präsidentschaft lange überdauern | |
werden. Es geht nicht nur darum, dass Kavanaugh sich durch sein Verhalten | |
angesichts der gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen unreif, machohaft | |
und rüpelig gezeigt hat. Das mag ihn persönlich in den Augen vieler | |
disqualifizieren. Langfristig ist aber viel wichtiger, was eine auf | |
absehbare Zeit gesicherte konservative Mehrheit im Obersten Gerichtshof | |
bedeutet. | |
Mit Kavanaugh sind fünf von neun amtierenden Obersten RichterInnen von | |
republikanischen Präsidenten berufen worden. Und: Anders als früher muss | |
man bei diesen fünf davon ausgehen, dass sie tatsächlich konservative | |
Urteile fällen. | |
Das hat einen Grund: Sie alle sind mit der Hilfe der Federalist Society auf | |
ihren Posten gelangt. Die 1982 von konservativen Jura-StudentInnen aus | |
Harvard, Yale und Chicago gegründete Gesellschaft ist heute die | |
einflussreichste juristische Vereinigung der USA. Sie fördert gezielt | |
konservative JuristInnen und versucht, ihnen den Weg in den Justizapparat | |
zu ebnen. | |
Seit der Präsidentschaft George W. Bushs (2001–2009) fällt ihr das noch | |
leichter. Der schaffte nämlich den jahrzehntealten Brauch ab, dass sich | |
republikanische wie demokratische Präsidenten bei Richternominierungen nach | |
dem Punktesystem der American Bar Association richteten. Die gab | |
Bewertungen über aktive JuristInnen unabhängig von deren politischer | |
Verortung ab. | |
Bush jedoch witterte in der Vereinigung eine Brutstätte des | |
Linksliberalismus und beendete die Praxis. Die beiden von ihm berufenen | |
Richter Samuel A. Alito und Chefrichter John G. Roberts standen genauso | |
auf der Shortlist der Federalist Society wie die von Trump berufenen Neil | |
M. Gorsuch – und Brett Kavanaugh. Und auch der 1991 von Bush senior | |
berufene Clarence Thomas gehörte dazu. | |
Damit kommen fünf der neun lebenslang berufenen RichterInnen aus dem | |
gleichen Denksystem – und dessen Charakter ist rechtsaktivistisch. Kein | |
Wunder, dass die Federalist Society unter ihren Großspendern auch die | |
Tea-Party-Sponsoren Charles und David Koch sowie die Mercer-Familie hat, | |
ohne deren Geld Trumps inzwischen geschasster Rechtsaußen-Chefstratege | |
Stephen Bannon nie hätte groß werden können. Sollten die beiden derzeit | |
ältesten Richter, die von Bill Clinton berufenen Liberalen [2][Ruth Bader | |
Ginsberg] (85) und Stephen Breyer (80), noch in Trumps Amtszeit | |
ausscheiden, hätte die Society eine 7:2-Mehrheit am Gerichtshof. | |
Konservativ urteilen heißt heute dreierlei: unter Berufung auf eine | |
angeblich textgetreue Auslegung der Verfassung so tun, als ob sich die | |
Gesellschaft nicht weiterentwickele. Zweitens: angesichts einer Mehrheit | |
republikanischer Gouverneure die Rechte der Bundesstaaten gegenüber | |
Washington stärken – etwa wenn es um mehr Umwelt- und Finanzregulierungen | |
geht. Drittens: christlich-konservative Werte vorantreiben. | |
In der Öffentlichkeit ist die Debatte über den letzten Punkt stets am | |
meisten präsent. Das ist auch kein Wunder: Schon der republikanische | |
Senatsschef Mitch McConnell hatte ein Jahr lang die Berufung eines weiteren | |
Richters durch Präsident Obama blockiert und evangelikalen Wähler*innen | |
versprochen, man werde versuchen, die Mehrheit im Gerichtshof zu Ungunsten | |
des Rechts auf Abtreibung zu verändern. Trump stieß im Wahlkampf ins | |
gleiche Horn – beide gewannen die Wahl. | |
Ob tatsächlich demnächst ein entsprechendes Grundsatzurteil gefällt wird, | |
mit dem das seit 1976 garantierte Recht auf Abtreibung abgeschafft wird, | |
ist unklar. Viele halten für wahrscheinlicher, dass der Gerichtshof es | |
schlicht den Bundesstaaten erlaubt, die Umsetzung dieses Rechts so zu | |
erschweren, dass es de facto abgeschafft ist. | |
## Unterdrückung von Minderheiten | |
Sicher scheint: So etwas wie 2015, als aufgrund eines Urteils des Obersten | |
Gerichtshofes die [3][gleichgeschlechtliche Ehe] von einem Tag auf den | |
anderen im ganzen Land legal wurde, würde es mit der neuen Mehrheit nicht | |
mehr geben. | |
Von letztlich noch viel größerer Bedeutung für die US-amerikanische | |
Demokratie sind aber andere Entscheidungen: Wenn es der Gerichtshof etwa | |
ablehnt, sich mit den klar auf die Unterdrückung von Minderheiten zielenden | |
Wählerregistrierungsrichtlinien in manchen Bundesstaaten zu beschäftigen | |
oder mit der Zurechtschneidung von Wahlbezirken nach Parteinteresse in | |
Wisconsin, oder wenn er gegen das Recht von Gewerkschaften entscheidet, | |
Beiträge für erfolgreiche Tarifabschlüsse auch von Nichtmitgliedern zu | |
kassieren – in all diesen Fällen unterstützt der Gerichtshof von der | |
Richterbank aus die konservativ-neoliberale Wende. Betroffenen bleibt | |
nichts mehr, wohin sie sich wenden können. | |
Einen Obersten Richter wieder abzusetzen ist nicht unmöglich, aber | |
schwierig und noch nie vorgekommen. Das Verfahren ist das gleiche wie die | |
Absetzung eines amtierenden Präsidenten: Wenn eine Mehrheit des | |
Repräsentantenhauses bei einem Richter ein schweres Vergehen feststellt – | |
das er auch außerhalb seiner Amtszeit begangen haben kann – wird im Senat | |
ein Verfahren abgehalten. Stimmen mindestens zwei Drittel der SenatorInnen | |
für die Amtsenthebung, ist er abgesetzt. | |
7 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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