# taz.de -- Abgeordnetenhaus: Das Schwierige kommt erst noch | |
> Rot-Rot-Grün setzt im Parlament das erste Mobilitätsgesetz durch. Die | |
> Opposition sieht Klientelpolitik. Jetzt muss aus Papier bloß noch | |
> Wirklichkeit werden. | |
Bild: Die Grünen-Fraktion feierte vor dem Abgeordnetenhaus das neue Mobilität… | |
Es ist 11.27 Uhr, als Parlamentspräsident Ralf Wieland am Donnerstag | |
verkündet, was zumindest für die Grünen historischen Charakter hat: „Damit | |
ist das Mobilitätsgesetz so beschlossen.“ Deutschlandweit bislang | |
einzigartig, verspricht es vor allem mehr und sicherere Radwege, 100.000 | |
Fahrradstellplätze, 100 Kilometer Radschnellwege und bessere Verknüpfung | |
der Verkehrsmittel. Monatelange teils heftige Diskussionen in der | |
Öffentlichkeit und innerhalb der rot-rot-grünen Koalition sind | |
vorausgegangen, doch laut Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, | |
Grünen-nah) kommt das Schwierigere noch: Das nun fest Geschriebene zu | |
verwirklichen. | |
Aus Oppositionssicht hätte Wieland um 11.27 Uhr in der | |
Abgeordnetenhaussitzung etwas anderes vermelden müssen. „Es ist ein reines | |
Fahrradgesetz, besser ein Fahrradlobbygesetz, erarbeitet von Ideologen | |
linker Verkehrspolitik für die eigene fahrradfahrende Klientel“, ereifert | |
sich der CDU-Abgeordnete Oliver Friederici. Tatsächlich ist Radverkehr der | |
eindeutige Schwerpunkt des Gesetzes. Fußgänger und Wirtschaftsverkehr – vor | |
allem Anlieferungen, Zustelldienste und Handwerker – sollen erst in einem | |
künftigen zweiten Teil bedacht werden. Friederici und weitere | |
Oppositionsredner mögen den integrativen Ansatz nicht erkennen, über den | |
die Koalition alle Verkehrsmittel zusammen führen will. | |
## SPD: „Einschränkungen für Autofahrer“ | |
Tino Schopf von der SPD wehrt sich nach Kräften gegen den Vorwurf, man | |
mache eine autofeindliche Politik. Und erinnert daran, wie seine Fraktion | |
von Radaktivisten angegiftet wurde, als sie Änderungen zum Gesetzentwurf | |
der Verkehrssenatorin vorlegte. „Wir wollen keinen zwingen, ein bestimmtes | |
Verkehrsmittel zu benutzen“, beteuert Schopf, macht aber gleich im nächsten | |
Satz klar: „Fakt ist auch: Es wird Einschränkungen für Autofahrer geben.“ | |
Auch die nun auszubauenden Tram-Linien, für die Harald Wolf (Linkspartei) | |
die Koalition lobt – „das ist gelebte Elektromobilität“ – sind für di… | |
ein Reizbegriff: Rot-Rot-Grün missbrauche die Trams zur Blockade des | |
Autoverkehrs, „Kampf- und Stau-Instrument in der Innenstadt“, nennt sie ihr | |
Verkehrspolitiker Friederici. Was Wolf so nicht stehen lassen kann: „Die | |
Straßenbahn löst den Stau auf, der Autoverkehr organisiert den Stau.“ | |
Die grüne Fraktionschefin Antje Kapek greift den seit Monaten und an diesem | |
Vormittag erneut geäußerten Vorwurf der Klientelpolitik auf, die | |
Rot-Rot-Grün aus Oppositionssicht betreibt: Das Gesetz sei für die | |
Schwächsten auf den Straßen, für Kinder und Ältere, sagt sie – „wenn das | |
Klientelpolitik bedeutet, dann mache ich gern aus voller Überzeugung | |
Klientelpolitik für die Kinder in dieser Stadt.“ | |
28 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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