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# taz.de -- Verfassungscheck für Staatsdiener: Berufsverbot heißt in Hamburg …
> Ein Berufsverbotsopfer hat das Bundesverdienstkreuz bekommen. Auf der
> Verleihung warnte er vor Hamburgs neuer Regelanfrage beim
> Verfassungsschutz.
Bild: Früher zu links für den Staatsdienst, heute Bundesverdienstkreuz: Hans-…
Es war eine ungewöhnliche Ehrung am Montag im Hamburger Rathaus. Hans-Peter
de Lorent, der in den 1970ern [1][Opfer eines Berufsverbotsverfahrens] war,
erhielt für seine Publikationen [2][„Täterprofile“ über Hamburger
Schulleiter] im Nationalsozialismus von Schulsenatorin Ksenija Bekeris
(SPD) den Bundesverdienstorden überreicht.
Der Geehrte nutzte die Gelegenheit, um Kritik daran zu üben, dass Hamburg
für Bewerbungen beim öffentlichen Dienst wieder eine [3][Regelanfrage beim
Verfassungsschutz] plant. „Ich bin darüber ein bisschen erschrocken“, sagte
de Lorent. „Dies ist etwas, was mir nicht gefällt.“
Der rot-grüne Senat, der im Oktober einen [4][entsprechenden Gesetzentwurf]
vorlegte, argumentiert mit der Sorge der Unterwanderung des Staatsdienstes
durch Islamisten. De Lorent, der selber als Lehrer Opfer der
Berufsverbotspraxis wurde, hatte seine Kritik bereits zuvor öffentlich
geäußert, [5][auch in der taz]. Er habe seither viele Gespräche geführt und
wisse, dass sich dieses Vorhaben nicht absichtlich gegen linke Lehrer
richte, sondern gegen die Gruppe, die „Das Kalifat ist die Lösung“
propagiere, sagte er.
Ihn besorge aber, dass im Zuge dieser Regelung auch junge Menschen, die
sich etwa bei Fridays für Future engagieren, erfasst werden. „Das bewegt
mich wirklich“, sagte de Lorent. Er verwies auf Bayern, wo der
Klimaaktivistin Lisa Poeltinger der Eintritt ins Lehramtsreferendariat
verwehrt wurde, weil sie Begriffe wie „Profitmaximierung“ benutzt hatte,
die als kommunistisch gewertet worden seien. „Ich hoffe, dass hier in
Hamburg anders verfahren wird.“ Er verwies darauf, dass Hamburgs
Bürgerschaft sich erst vor drei Jahren für die Berufsverbote der 1970er
entschuldigt hatte.
## Breite Kritik an der neuen Hamburger Regelabfrage
Schulsentorin Ksenija Bekeris würdigte de Lorents Arbeit, habe er doch
schon 1986 mit dem Buch „Schule unterm Hakenkreuz“ Pionierarbeit geleistet,
und ging auch auf seine Kritik ein. Dass jemand wie de Lorent, der selber
ein Berufsverbot erlebte, die ehrliche Sorge hat, dass Kinder und
Jugendliche abgeschreckt werden, „das kann ich annehmen“, sagte sie. Doch
man werde in Hamburg vor dem Hintergrund darauf achten, dass dies nicht
passiert und eine rechtsstaatliche Lösung schaffen, so Bekeris.
Ursprünglich hatte der Hamburger Senat es eilig mit der neuen Regelabfrage.
Eigentlich sollte sie schon im Januar 2026 in Kraft treten. Sie soll dann
für fünf Jahre gelten. Doch die [6][Kritik an dem Verfahren] wird breit
getragen. So lässt etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund Nord (DGB-Nord) in
einer [7][ausführlichen Stellungnahme] an dem Vorhaben kein gutes Haar.
Er wirft dem Senat vor, härter als alle anderen Bundesländer vorzugehen,
weil nicht nur Beamte, sondern auch Angestellte und sogar studentische
Hilfskräfte überprüft werden sollen. Dem neuen „[8][Bündnis gegen
Berufsverbote]“ gehört sogar die Grüne Jugend an.
Tatsächlich wird nun die Verabschiedung der Regelung etwas länger dauern
als geplant. Der Innenausschuss beschloss vergangene Woche, noch eine
Anhörung mit Sachverständigen und mit dem Senat durchzuführen. „Sorgfalt
und umfassender Dialog geht vor Schnelligkeit“, sagt die Fraktionschefin
der Grünen, Sina Imhoff.
## Was ist der Unterschied zu Berufsverboten der 1970er?
Angesprochen auf die Kritik sagt Imhoff: „Wir nehmen die Sorgen sehr ernst
und sagen klar: Wir wollen, dass sich gerade junge Menschen politisch
engagieren.“ Zugleich leben wir aber nicht mehr in den 1970ern und die
rechtlichen Beschränkungen, nach denen der Verfassungsschutz Informationen
erheben, speichern und verarbeiten dürfe, seien heute „deutlich strenger
als vor 50 Jahren“.
Den Unterschied zu den Berufsverboten der 1970er, so argumentieren die
Regierungsfraktionen von SPD und Grünen, mache, dass es diesmal ein
parlamentarisches Verfahren gibt. „Die damaligen Berufsverbote hatten ihre
Grundlage in einem Ministerialbeschluss ohne parlamentarische Beteiligung“,
sagt der innenpolitische Sprecher der SPD, Sören Schumacher. Und zur Kritik
sagt er: „Eine Regelanfrage führt nicht zu politischer Einschüchterung.
Denn wer sich politisch engagiert, wird nicht vom Verfassungsschutz
beobachtet.“ Das tue dieser nur, wenn ein „hinreichend gewichtiger Verdacht
verfassungsfeindlicher Bestrebungen“ vorliege.
Dem gegenüber schreibt der DGB-Nord in seiner Stellungnahme, dass der
Gesetzentwurf in der Tradition des Radikalenerlasses der 1970er-Jahre
stehe, als insgesamt 3,5 Millionen Menschen überprüft wurden, was zu rund
11.000 offiziellne Berufsverbotsverfahren führte. Dies habe, bis auf wenige
Ausnahmen, „überwiegend politisch Aktive des linken Spektrums“ getroffen.
Der Ex-Betroffene de Lorent befürchtet nun zudem ein Aufblähen des
staatlichen Apparats. Für die Regelabfrage müsste die Behörde sehr viele
zusätzliche Personen einstellen. „[9][Da werden Spitzeldienste
organisiert]“, hatte er in der taz gewarnt.
## Grüne Jugend ist nicht begeistert
Doch nach neuem Personalbedarf gefragt, sagt Sören Schumacher: „Quantitativ
wird sich die Zahl der Anfragen durch die Regelabfrage um schätzungsweise
zehn Prozent erhöhen“. Auch werde lediglich geprüft, ob der Bewerber in den
[10][Daten des Verfassungsschutzes] einen Treffer erlangt. Zudem habe die
Stadt den Verfassungsschutz bereits deutlich verstärkt. Die Zahl der
Mitarbeiter sei seit 2015 um rund ein Drittel auf 220 gestiegen. Die Grüne
Sina Imhoff sagt dazu, es könne sich „an einzelnen Stellen“ ein Mehrbedarf
ergeben.
Die Grüne Jugend ist indes nicht begeistert. Die Regelanfrage erzeuge ein
„Klima der Angst vor freier Meinungsäußerung“, warnt ihr Sprecher Leon
Meyer. Das könne auch zu Berufsverboten für Menschen führen, die mit
zivilem Ungehorsam auf die Klimakrise aufmerksam machen. Carro Göbel von
der Grünen Jugend ergänzt, die Regelanfrage sei ein teures und
grundrechtsverletzendes „Placebo“, das nicht funktioniere. Denn wo solche
Überprüfungen längst existieren, bei Polizei, Justiz und Bundeswehr, seien
rechtsextreme Netzwerke immer wieder ungestört gewachsen.
17 Nov 2025
## LINKS
[1] /Berufsverbot-wegen-falscher-Gesinnung/!5822539
[2] /Autor-ueber-Schule-im-Nationalsozialismus/!5600456
[3] /Verfassungsschutz-soll-Bewerber-checken/!6062156
[4] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/97876/23_01870_gesetz_zum_…
[5] /Neuer-Radikalenerlass-in-Hamburg/!6126791
[6] /Abgeordneter-zu-neuem-Radikalenerlass/!6123189
[7] https://nord.dgb.de/ueber-uns/oeffentlicher-dienst/++co++d21b8730-93a2-11f0…
[8] https://gegen-berufsverbote.hamburg/ueber_uns/
[9] /Neuer-Radikalenerlass-in-Hamburg/!6126791
[10] https://www.hamburg.de/resource/blob/1072528/0eedd8484904b29b7ac1021a18a55…
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
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