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# taz.de -- Digitale Rechte in Europa: Datenschützt euch doch selbst
> Die EU plant eine umfassende Deregulierung ihrer Internet-Gesetzgebung.
> Kritiker fürchten einen massiven Rückschritt für digitale Grundrechte.
Bild: Wohin geht es mit dem Datenschutz? Die EU will ihre Internet-Gesetzgebung…
Die EU will ihre Internet-Gesetzgebung zurechtstutzen und wichtige
Neuerungen wie den „AI Act“ zur sogenannten künstlichen Intelligenz
aufschieben. Ziel sei es, Bürokratie abzubauen und die Regelungen zu
vereinfachen, heißt es aus der EU-Kommission in Brüssel. Dort entsteht der
„Digital-Omnibus“, ein Gesetzespaket, das mehrere Änderungen in einem
Rechtsakt bündelt. Der Entwurf soll am kommenden Mittwoch vorliegen.
Kritiker warnen dagegen vor einem Anschlag auf den Datenschutz und die
digitalen Grundrechte. Brüssel knicke vor der US-Regierung in Washington
ein, fürchten sie. Es drohe der „größte Rückschritt bei digitalen
Grundrechten in der Geschichte der EU“, warnt der österreichische Jurist
und [1][Datenschutzaktivist Max Schrems].
US-Präsident Donald Trump versucht seit Monaten, die EU-Regeln zu knacken.
Dabei arbeitet er eng mit Elon Musk und anderen Internet-Milliardären
zusammen. Sie stören sich am „Brussels Effect“ – dem Umstand, dass die
Digitalgesetze aus Brüssel weltweit wirken und die kommerzielle Verwertung
der Daten aus Europa einschränken.
Nun soll dieser Schutz gelockert werden. Betroffen sind die
Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) von 2016, der erst ein Jahr alte „AI
Act“ sowie das Digitale-Dienste-Gesetz (DSA), das große Plattformen
reguliert. Auch andere Vorschriften sollen überprüft und aufgeweicht
werden.
Das geht aus Entwürfen für den „Digital-Omnibus“ hervor, die Grüne und
Sozialdemokraten im Europaparlament analysiert haben. [2][Die
Sozialdemokraten haben sogar einen Brandbrief an die zuständige
EU-Kommissarin Henna Virkkunen veröffentlicht.] Darin warnen sie vor einer
Deregulierung in fünf zentralen Bereichen.
– Datenschutzgrundverordnung: Die EU-Kommission plant offenbar, das
Schutzniveau für persönliche Daten zu senken und den Geltungsbereich der
DSGVO einzuschränken. „Wir sind tief besorgt über die Erosion der
Grundprinzipien“, schreiben die Sozialdemokraten. Die Definition
persönlicher Daten dürfe nicht verwässert werden.
– Data Act und Data Governance Act: Hier geht es um jene Daten, die von
Unternehmen genutzt werden dürfen. Die Grenze zwischen privaten und
kommerziellen Daten könnte verwischt werden, fürchten die
Europaabgeordneten, darunter auch Birgit Sippel (SPD).
– Cybersicherheit: Nach Angaben aus dem Parlament droht auch hier eine
Lockerung der Regeln für die Unternehmen.
– Digitaler Ausweis und elektronische Identifizierung: Weniger strikte
Regeln könnten die Sicherheit und das Vertrauen der Benutzer
beeinträchtigen, heißt es.
– Künstliche Intelligenz und AI Act: Die neuen Regeln für riskante
KI-Anwendungen sollen im Juni 2026 in Kraft treten. Ihre Umsetzung könnte
jedoch für ein Jahr ausgesetzt werden, berichtet die Financial Times. Die
Sozialdemokraten warnen vor Rechtsunsicherheit. Ein Anhalten der Uhr des
Gesetzgebers („stop the clock“) würde die Bürger ungeschützt neuen Gefah…
aussetzen.
Ob die Bedenken der Abgeordneten Gehör finden, bleibt unklar. Der
„Digital-Omnibus“ sei noch nicht fertig, und alle Vorschläge könnten sich
ändern, heißt es aus der EU-Kommission. Zuletzt hat die Behörde, die von
der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen geleitet wird, wenig Rücksicht auf
Kritik genommen.
So wurden die EU-Regeln zur Nachhaltigkeit, darunter das europäische
Lieferkettengesetz, massiv aufgeweicht. Auf die Sozialdemokraten nahm von
der Leyen ebenso wenig Rücksicht wie Manfred Weber (CSU), der Chef der
größten Parlamentsfraktion. Weber kündigte an, „mit der Brechstange“ geg…
Bürokratie vorzugehen.
Rückendeckung bekommt er aus der Bundesregierung – jedenfalls von
CDU-Kanzler Friedrich Merz. Ähnlich wie der französische Präsident Emmanuel
Macron will der Bundeskanzler die digitalen Regeln der EU „entschlacken“,
um der Industrie entgegenzukommen und Europa wettbewerbsfähiger zu machen.
„Digitale Souveränität“ heißt für sie auch Deregulierung. Europäische
KI-Firmen wie ASML, SAP und Mistral forderten bereits im Sommer eine
Lockerung des „AI Act“. Merz und von der Leyen wollen dem nun nachkommen.
Derweil warnt die Zivilgesellschaft in einem offenen Brief vor einem
Kahlschlag bei den digitalen Rechten. Was als „technische Straffung“
präsentiert werde, sei „in Wirklichkeit ein Versuch, heimlich Europas
stärkste Schutzmaßnahmen gegen digitale Bedrohungen abzubauen“.
Zu den Unterzeichner:innen gehören Organisationen aus ganz Europa,
darunter [3][European Digital Rights (EDRi]), Amnesty International und
Access Now. Aus Deutschland haben unter anderem der Chaos Computer Club,
Algorithm-Watch, die Digitale Gesellschaft und der Berufsverband der
Datenschutzbeauftragten unterzeichnet.
16 Nov 2025
## LINKS
[1] /Max-Schrems-ueber-das-Facebook-Urteil/!5480026
[2] https://www.socialistsanddemocrats.eu/sites/default/files/2025-11/safeguard…
[3] https://edri.org/wp-content/uploads/2025/11/The-EU-must-uphold-hard-won-pro…
## AUTOREN
Eric Bonse
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