| # taz.de -- Vor der Klimakonferenz in Belém: Waldschutz oder Greenwashing? | |
| > Als Auftakt der Weltklimakonferenz COP30 fand in Belém ein Gipfel der | |
| > Staats- und Regierungschefs statt. Die von Brasilien lancierte Tropical | |
| > Forest Forever Facility stieß dabei auf ein geteiltes Echo. | |
| Bild: Brasiliens Präsident Lula da Silva (r.) hat Kanzler Merz mit ins TFFF-Bo… | |
| Es lief nicht alles rund. Mehrfach fiel das Wasser in den Toiletten aus, | |
| die Übertragung hakte, die Gänge der Blue Zone glichen einer Baustelle. Es | |
| roch nach frisch gesägtem Holz, überall wurde gehämmert und geschraubt. | |
| Zumindest die Klimaanlage funktionierte und blies mit voller Kraft. | |
| Am Donnerstag und Freitag fand im brasilianischen Belém der Gipfel der | |
| Staats- und Regierungschefs statt. Es war die Generalprobe [1][für die | |
| Weltklimakonferenz COP30, die am Montag in der Amazonasmetropole beginnt]. | |
| Das Treffen markierte zugleich das zehnjährige Jubiläum des Pariser | |
| Klimaabkommens. Nicht nur deshalb waren die Erwartungen groß. | |
| Brasilien hat sich viel vorgenommen und präsentierte auf dem Gipfel eines | |
| seiner zentralen Projekte: [2][die Tropical Forest Forever Facility | |
| (TFFF)]. Die Idee: Länder, die ihre Wälder erhalten, sollen dafür bezahlt | |
| werden. Der Fonds soll dafür Milliarden von Staaten und privaten Investoren | |
| mobilisieren. Das Kapital soll an den Finanzmärkten angelegt werden, um | |
| stabile Renditen zu erzielen. | |
| Diese Erträge verfolgen einen doppelten Zweck – sie sichern den | |
| langfristigen Gewinn privater Investoren und dienen zugleich als | |
| Anreizmechanismus für Staaten, die [3][die Abholzung tropischer Wälder] | |
| eindämmen. In den kommenden Jahren sollen Förderländer umgerechnet rund | |
| 21,7 Milliarden Euro beisteuern, weitere 100 Milliarden US-Dollar sollen | |
| von privaten Kapitalgebern kommen. Insgesamt wurden 74 waldreiche Staaten | |
| als potenzielle Empfänger identifiziert. | |
| [4][Norwegen kündigte auf dem Gipfel an, in den kommenden zehn Jahren 2,5 | |
| Milliarden Euro bereitzustellen], Frankreich 500 Millionen Euro, | |
| Niederlande und Portugal versprachen kleinere Beträge. Brasilien hatte | |
| bereits im September erklärt, rund 871 Millionen Euro für den TFFF | |
| aufzubringen. Großbritannien ist hingegen vorerst nicht dabei. Am Freitag | |
| schloss sich auch Deutschland an. Kanzler Friedrich Merz versprach in | |
| Belém, einen „namhaften Beitrag“ zu leisten. | |
| „Gut ausgestaltet kann der TFFF einen wirksamen Beitrag zum Waldschutz | |
| leisten, weil er jene belohnt, die erfolgreich Regenwälder schützen“, sagte | |
| Anika Schroeder, Klimaexpertin von Misereor. „Deutschlands Rückwärtsrolle | |
| beim Klimaschutz, die Blockaden beim EU-Lieferkettengesetz und bei | |
| entwaldungsfreien Lieferketten drohen jedoch, mögliche Erfolge des neuen | |
| Fonds zu torpedieren.“ | |
| Fachleute äußern zudem Zweifel, ob die Aufsicht über den Fonds ausreichend | |
| transparent und wirksam sein wird. Unklar ist auch, ob der TFFF die nötigen | |
| Kreditbewertungen erhält, um am Kapitalmarkt attraktiv zu sein. Und ob sich | |
| die versprochenen Renditen tatsächlich einstellen, bleibt fraglich. | |
| ## Die Zivilgesellschaft ist präsenter als bei den letzten Konferenzen | |
| Auch Klimaaktivist*innen sind skeptisch. Vor dem Konferenzgebäude, wo | |
| übergroße Buchstaben den Schriftzug #COP30 bilden, legten sich am | |
| Donnerstag eine Gruppe Demonstrierender auf den Boden. Über ihnen lagen | |
| weiße Tücher, die wie Leichensäcke aussahen. Eine Frau schrieb mit roter | |
| Farbe darauf: „Defender la vida cuesta la vida“ – „Das Leben zu schütz… | |
| kostet das Leben.“ Die Mitglieder der Gruppe stammen aus Mexiko und | |
| Kolumbien. Eine Rednerin bezeichnete den TFFF als „neue Maske des | |
| Kolonialismus“. Der Fonds gehe an den wahren Problemen vorbei, sagte sie. | |
| Ihr Vorwurf: Greenwashing statt echter Veränderung. | |
| Die Szene zeigt: Die Zivilgesellschaft ist in Belém präsenter als bei den | |
| letzten Klimakonferenzen in autoritär regierten Ländern. In den kommenden | |
| Tagen sind Proteste geplant, Aktivist*innen wollen eine Bootsdemo auf | |
| dem Amazonas organisieren. Viele Appelle werden sich auch an Brasiliens | |
| Präsident Lula richten, [5][der sich für Ölbohrungen an der Amazonas-Küste | |
| ausgesprochen hatte]. Während der COP wird außerdem die Cúpula dos Povos – | |
| der „Gipfel der Völker“ – als Plattform für NGOs und indigene Gruppen | |
| stattfinden. | |
| „In Belém angekommen, bin ich optimistischer als zuvor“, sagt André Castro | |
| Santos der taz. Er ist technischer Direktor von LACLIMA, einer Initiative | |
| von Jurist*innen, die sich für Klimagerechtigkeit einsetzt. Die breite | |
| Zustimmung vieler Länder zum TFFF sei ein gutes Zeichen für den Start der | |
| Konferenz am Montag. Und was er beobachtet habe: Es werde wirklich | |
| diskutiert. „Die Delegierten sind nicht nur hier, um Gruppenfotos zu | |
| machen.“ | |
| 8 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Niklas Franzen | |
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