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# taz.de -- Papst Leo und die Exorzisten: Himbeergeist zum Frühstück​
> Papst Leo der XIV. dankt der Internationalen Vereinigung der Exorzisten
> für ihren Kampf gegen das Böse. Es ist ein Zeugnis von kirchlicher
> Vernunft.
Bild: Bedachte die in Rom tagende Internationale Vereinigung der Exorzisten mit…
Der [1][US-amerikanische Papst Leo XIV.] unterscheidet sich zum Glück
extrem von seinem Präsidenten Donald Trump. Denn im Gegensatz zum
irrlichternden Staatschef, bewies der Kirchenfürst nunmehr Realismus,
Besonnenheit und Verantwortung, indem er die in Rom tagende
[2][Internationale Vereinigung der Exorzisten (AIE)] mit einer
Grußbotschaft bedachte.
Als „heiklen und äußerst notwendigen Dienst der Befreiung vom Bösen“ ade…
der Papst die mühselige Arbeit der etwa 300 teilnehmenden Geistlichen bei
ihrem Treffen in der Nähe von Rom. Denn der Kampf gegen böse Geister und
Dämonen ist ja nicht nur nervenaufreibend, sondern überdies auch nicht ganz
ungefährlich: So mancher in die Enge getriebene Spukgeist soll seinem
wackeren Austreiber böse Fleischwunden durch Bisse oder Klauenhiebe
zugefügt haben. Es ist nicht überliefert, ob Leo XIV. auch dieser Märtyrer
speziell gedacht hat.
Die Exorzisteninnung mit ihren Mitgliedern in ungefähr dreißig Ländern
bildet wunderbarerweise auch [3][Exorzisten] aus. Denn in der bekannt
vernunftbetonten katholischen Kirche wird nichts dem Zufall überlassen.
Alles in ihr folgt ja seit jeher einer bewundernswerten Ratio: Ob Reliquien
oder Marienwunder, Selig- oder Heiligsprechungen, Anbetung aller Arten von
Schutzheiligen, die beim Löschen, Klauen, Brotbacken oder weiß der Fuchs
was helfen, symbolischer Kannibalismus („Leib Christi“) oder
[4][konsequente Verachtung von Frauen, Homosexuellen, Andersgläubigen] –
you name it.
## Signature Item ist Faktentreue
Das alles ist so wunderbar logisch und versteht jeder, umso mehr in unseren
Tagen eines gottlosen, linken Zeitgeistes, der immer mehr jungen Menschen
die rechte Orientierung raubt, und Dämonen aller Art als Einfallstor in die
bereits angeschlagenen Seelen der Gläubigen dient.
Oder nehmen wir bloß die [5][Kreuze in bayerischen Klassenzimmern], um die
Teufel draußen im Schulflur zu halten, wo sie mit unartigen Schülern um die
Wette heulen können, die man vor die Tür gesetzt hat, weil sie mit hohlen
Tintenkillerhülsen Papierkügelchen oder gar Stecknadeln auf die
Klassenkameraden verschossen haben. Wenn wir diese Kruzifixe nicht hätten,
würden die Kinder vor lauter Schwefelqualm die Tafel nicht erkennen.
Ein absolutes Signature Item der seit wenigen Jahren vom Vatikan offiziell
anerkannten Exorzistenvereinigung ist die Faktentreue. Die Herren
Geisterbekämpfer machen es sich nicht leicht. Man will ja nicht
versehentlich Tourette-Betroffene, Drogenkonsumenten oder Epileptiker einem
Exorzismus unterziehen. Dieser ist immerhin aufwändig, teuer und bindet
geistliches Fachpersonal.
## Es braucht starke Nerven und Expertise
So ist es [6][besonders in Berlin oft schwierig], von Dämonen Besessene und
weltliche Verhaltensgestörte gewissenhaft auseinanderzuhalten. Wenn jemand
auf dem Bahnsteig der U8 mit heiserer Stimme in Endlosschleife schreit,
„Fick die Fotze deiner Mutter, du versiffter Schwanzlutscher“, bedarf es
neben starker Nerven auch extremer Expertise, um diese so
grundverschiedenen Gemengelagen beweisfest zu bestimmen.
Und handelt es sich am Ende wirklich zweifelsfrei um das unselige Wirken
von Dämonen, muss ja auch der zugrunde liegende Dämonentypus identifiziert
werden – u. a. Walddämon, Himbeergeist, Bergdschinn, Springteufel oder
Internettroll –, um auf dieser Grundlage schließlich die entsprechenden
exorzistischen Maßnahmen zu ergreifen: Das bis auf die Stelle nach dem
Komma richtig temperierte Weihwasser aus der jeweils passenden Quelle,
sowie die Wahl des adäquaten Rosenkranzes: Den 8er Kranz aus Perlmutt oder
aus Silber? Oder besser ein 5er Kranz aus Edelholz? Das sind
Entscheidungsprozesse, von denen auch die Golfspielerin ein Lied singen
kann.
Bei diesen Mitteln (Weihwasser, Beten, Handauflegen) belassen es die
modernen Gespensterjäger heute zumeist. Doch immer noch müssen manche
Exorzisten übertreiben, und greifen zu anderen Mitteln wie Waterboarding,
Auspeitschen, Ersticken, Verbrennen, Verhungern, Vergiften – aber an
solcherlei Overkill ist natürlich weder das Grußwort des Papstes noch die
AIE schuld, oh nein, denn wenn Gemeinschaften, in denen Aberglauben und
Naturreligionen in Verbindung mit dem Christentum ganz neue Sumpfblüten
ausbilden, wäscht sich der vatikanisch geprägte Katholizismus die Hände in
Unschuld.
24 Sep 2025
## LINKS
[1] /Der-neue-Papst-Leo-XIV/!6086919
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Vereinigung_der_Exorzisten
[3] /Nachruf-auf-Regisseur-William-Friedkin/!5949269
[4] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/frauen-missbrauchsskandal…
[5] /Kruzifixe-in-Bayern/!6096282
[6] /Drogenkonsum-in-Berlin/!6107010
## AUTOREN
Uli Hannemann
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