| # taz.de -- Refugee-Karawane Tagebuch (1): Willkommenskultur fängt mit Solidar… | |
| > Ab Samstag sind Geflüchtete mit einer Protest-Karawane von Thüringen nach | |
| > Berlin unterwegs. Die Somalierin Muna Abdi berichtet davon in einem | |
| > Tagebuch. | |
| Bild: Die bisher letzte „Welcome United“-Parade in Berlin, 2019 | |
| Dieser Morgen ist für mich keiner wie alle anderen. Er beginnt mit | |
| Reisestimmung. Ich packe meine Tasche, nehme einen Zug von meinem Wohnort, | |
| kaufe einen Kaffee am Hauptbahnhof und treffe dort die Freund:innen, mit | |
| denen ich gemeinsam reisen werde. Wir machen uns auf den Weg von Darmstadt | |
| in Hessen nach Thüringen. Eine Woche wollen wir nun zusammen unterwegs sein | |
| bei der „Karawane für Bewegungsfreiheit“: Proteste, Camping, Ausschwärmen | |
| für kreative Aktionen, Empowerment, Demos und eine Abschlussparade in | |
| Berlin. | |
| Als junge Migrantin kam ich 2024 nach Deutschland und trug sowohl Träume | |
| als auch Ängste mit mir. Jede Straße kam mir fremd vor, jedes Wort in einer | |
| neuen Sprache war voller Unsicherheit. Die Einsamkeit ließ die Tage | |
| manchmal länger erscheinen, als sie waren. | |
| Schon bald wurde ich aus dem Erstaufnahmelager in ein Heim für Asylsuchende | |
| verlegt. Mitte 2024 sollte ich dann abgeschoben werden. Glücklicherweise | |
| fand ich Unterstützung bei Aktivist:innen und Gemeindegruppen, die mir | |
| in dieser schwierigen Zeit zur Seite standen. | |
| Sie brachten mich aus der Gefahrenzone an einen sicheren Ort, in ein | |
| Kirchenasyl, wo ich der Abschiebung entging. Sie schufen Räume, die nicht | |
| nur Schutz vor Abschiebung boten, sondern auch eine Gemeinschaft, die sich | |
| um mich kümmerte und mich ermutigte. | |
| Es war ein Umfeld, in dem ich Menschen aus verschiedenen Ländern mit | |
| unterschiedlichen Sprachen, unterschiedlichem Hintergrund und | |
| unterschiedlicher Kultur traf, die jedoch alle einen gemeinsamen Wert | |
| teilten: Solidarität und Einheit. Wir wurden wie eine Familie, wir kochten | |
| und aßen zusammen, spielten verschiedene Spiele und wurden zu einer | |
| Familie, in der wir lebten und uns sicher fühlten. Ich kann sagen, dass da | |
| für mich die echte Willkommenskultur begann. | |
| Es ist für mich nun das erste Mal, dass ich an solchen Aktivitäten wie der | |
| Karawane teilnehme. [1][Welcome United] ist ein Netzwerk lokaler Gruppen in | |
| verschiedenen Städten Deutschlands. Sie kämpfen für gleiche Rechte und | |
| Gemeinschaft für alle. Als jemand, der wegen einer drohenden Abschiebung in | |
| einem [2][Kirchenasyl] leben musste, ist es für mich etwas Besonderes, | |
| daran teilzunehmen. Ich glaube, dass es der richtige Zeitpunkt ist, meine | |
| Stimme für die Solidarität zu erheben, die auch mich vor der Abschiebung | |
| bewahrt hat. | |
| Während dieser Woche der Karawane wollen wir laut sagen: Stoppt alle | |
| [3][Abschiebungen], schafft die rassistische [4][Bezahlkarte] ab, Wohnraum | |
| ist ein Recht, stoppt die Todesfälle auf See und alle [5][Zurückweisungen]. | |
| Wir fordern Recht auf Arbeit, Familienzusammenführung jetzt, gleiche | |
| soziale und politische Rechte für alle und noch lauter: Keine Deals mit | |
| Faschisten und Rassisten. | |
| Das Tagebuch [6][wird fortgesetzt]. | |
| 20 Sep 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.welcome-united.org/de/ | |
| [2] /Kirchenasyl/!t5018568 | |
| [3] /Georgische-Queers-vor-der-Abschiebung/!6113670 | |
| [4] /Bezahlkarte-fuer-Gefluechtete/!6102374 | |
| [5] /Zivilorganisation-ueber-Push-Backs/!5932171 | |
| [6] /Refugee-Karawane/!t6114589 | |
| ## AUTOREN | |
| Muna Abdi | |
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