| # taz.de -- Theatermacherin über Jugendtheaterstück: „Den Rassismus erfahre… | |
| > Jugendliche bringen in Bremen auf die Bühne, was sie bewegt. Entstanden | |
| > ist das Stück „Zimmer frei!“, das von Rassismus und Diskriminierung | |
| > erzählt. | |
| Bild: Wer passt in die neue WG? Und wer wird ausgegrenzt? Szene aus „Zimmer f… | |
| taz: Wer oder was verbirgt sich hinter dem „Ensemble Z“, Mirjam Dirks? | |
| Mirjam Dirks: Das ist eine Jugendtheater-Gruppe. Die hat sich während | |
| Corona gebildet, aus Kontakten der Kindertheater-Gruppe, die wir an der | |
| Nordstraße in Bremen-Walle [1][schon sehr lange betreuen]. Das ist sehr | |
| familiär: Mittlerweile haben wir Kinder da, deren Eltern schon in der | |
| Gruppe gespielt hatten. | |
| taz: Während Corona gegründet …? | |
| Dirks: Ja, das passte einerseits gar nicht, aber andererseits sehr gut: Die | |
| Jugendlichen waren so ein bisschen lost, die hatten Leerlauf. Also haben | |
| wir gesagt: Umso mehr müssen wir etwas mit ihnen tun. Dann haben wir | |
| [2][mit allem, was damals erlaubt war,] gearbeitet, also Proben mit Abstand | |
| und mit Maske im Freien, viel Videoaufnahmen … Da ist unsere erste | |
| Produktion entstanden, die wir am Moks im Bremer Theater gespielt haben. | |
| taz: „Zimmer frei“ führen Sie bewusst nicht im Moks, [3][sondern im Theater | |
| im Volkshaus auf?] | |
| Dirks: Genau. Ein paar Termine stehen jetzt schon fest, wir hoffen, dass | |
| noch mehr möglich sind. Mit dem Stück hier im Westen aufzutreten, das ist | |
| uns wichtig: Die Kinder und Jugendlichen haben oft das Gefühl, sie müssten | |
| in die Innenstadt fahren, nur da ist es cool, und nur da ist es relevant, | |
| wenn sie Theater spielen. Dem wollen wir was entgegensetzen, zusammen mit | |
| anderen Akteuren der Kulturszene hier. | |
| taz: Der Bremer Westen: Das sind Stadtteile, wo die weniger finanzkräftigen | |
| Familien leben. | |
| Dirks: Genau, Walle und Gröpelingen. | |
| taz: Das Stück basiert auf den Erfahrungen der Jugendlichen von dort. Und | |
| es handelt von Rassismus. | |
| Dirks: Ja. Unsere Jugendlichen leben hier, und ein großer Teil von ihnen | |
| hat einen Migrationshintergrund, einige sind geflüchtet. Das Thema | |
| Rassismus und Diskriminierung hatten wir nicht ansteuern wollen. Das kam | |
| von ihnen. Wir fragen die Jugendlichen immer offen: Was sind eure Themen? | |
| Und da kamen immer wieder so Sachen raus, was sie in der Schule an | |
| Rassismus erleben. | |
| taz: Von den Mitschüler*innen? | |
| Dirks: Nein. Vor allem von Lehrkräften. Den meisten Rassismus erfahren sie | |
| von ihren Lehrern. Das hat uns ganz schön erschüttert. Und da haben wir | |
| gesagt: Gerade angesichts dieses starken Rechtsrucks – wir müssen dieses | |
| Thema jetzt anpacken. Das fanden die Jugendlichen auch. Das war ihnen | |
| wichtig. | |
| taz: Und Sie haben dann Interviews mit ihnen geführt, um das Stück zu | |
| entwickeln? | |
| Dirks: Wir erarbeiten unsere Stücke in einem langen, offenen Prozess: Wir | |
| reden, wir improvisieren und dann schreibe ich was, lasse es die | |
| Jugendlichen lesen, dann sprechen wir darüber, ob das so passt? Wenn nein, | |
| dann ändern wie es gemeinsam mit den Jugendlichen. | |
| taz: [4][Titel und Setting erinnern an eine TV-Spielshow]. | |
| Dirks: An die haben wir, ehrlich gesagt, gar nicht gedacht. | |
| taz: Es geht jedenfalls um die Bewerbung um ein WG-Zimmer. Warum so weit | |
| weg vom schulischen Kontext? | |
| Dirks: Das Thema ist eigentlich: Jemand sucht einen Platz in der | |
| Gesellschaft, in der unterschiedliche Menschen mit verschiedenen | |
| Lebensentwürfen zusammenkommen. Abgesehen davon, dass gerade eine Spielerin | |
| tatsächlich verzweifelt ein Zimmer, gern in einer WG, sucht, ist das für | |
| uns auch ein Symbol, das ermöglicht zu fragen: Wo werde ich angenommen? Wie | |
| muss ich mich dafür bewerben? Was führt dazu, dass ich da raussortiert | |
| werde? Dafür haben wir Charaktere entwickelt. | |
| taz: Sie? | |
| Dirks: Nein, die Jugendlichen selbst legen fest, welchen Charakter, welche | |
| Rolle sie spielen wollen. So ergibt sich, dass ein Junge, der aus Syrien | |
| geflüchtet ist, einen AfD-Sympathisanten spielen wollte, der wirklich hart | |
| rechte Sachen vertritt. Er war zuerst in Thüringen gewesen, bevor er nach | |
| Bremen kam, und er hat sich notgedrungen viel mit der AfD beschäftigt: Das | |
| hatte ihn sehr erschüttert. Und dann hat er gesagt: Das spiele ich. So | |
| einen Typen will ich mal spielen. | |
| 27 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Benno Schirrmeister | |
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