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# taz.de -- Kinder- und Jugendtheater FELD in Not: Komplett fallen gelassen
> Im Oktober hat das Kinder- und Jugendtheater FELD den Theaterpreis des
> Bundes bekommen. Jetzt bedrohen die Kürzungen im Kulturetat seine
> Existenz.
Bild: Am 28. November hatte „EIGENTLICH ABER“ Premiere. Mit harten Dissonan…
Berlin, schau auf dieses Theater: Gerade mal sechs Jahre ist es geöffnet,
und schon erhält das Schöneberger Kinder- und Jugendtheater FELD den
Theaterpreis des Bundes in der Kategorie Freie Produktionshäuser. Das FELD
habe sich „zu einem herausragenden Spielort für junges Publikum entwickelt,
heißt es in der Jurybegründung. Also: Nichts wie hin, liebes großes und
kleines Berliner Theaterpublikum.
Wer allerdings in der hektischen Weihnachtszeit keine Zeit hat, das
preisgekrönte Theater zu besuchen, hat Pech gehabt: Im Januar und Februar
spielt das FELD keine einzige Vorstellung. Ob es danach weitergeht:
ungewiss. Sie hätten es „sehr gerne ganz anders gehabt“, schreibt das
Theater auf seiner Internetseite, doch am Ende hatten sie keine andere
Wahl.
Die kleine Spielstätte FELD hat eigentlich alles richtig gemacht. Mit
minimalsten Mitteln leistet sie herausragende künstlerische Arbeit für alle
Generationen, arbeitet inklusiv und niedrigschwellig und ist in nur sechs
Jahren zu einem lebendigen Ort für den nachbarschaftlichen und
künstlerischen Austausch geworden.
Das FELD beweise, „dass auch ein kleines Haus mit einem kleinen Team Großes
schaffen kann“, heißt es in der Jury-Begründung für den Theaterpreis des
Bundes. Doch genau das, könnte dem Theater nun zum Verhängnis werden.
Unerbittlicher Sparhammer
[1][Der Sparhammer, der ab dem kommenden Jahr unerbittlich die gesamte
Berliner Kulturszene treffen wird], hat auch das FELD nicht verschont. Seit
Oktober steht fest: [2][130 Millionen Euro muss im gesamten Berliner
Kulturbereich eingespart werden]. Das sind rund 12 Prozent des bisherigen
Kulturetats. Für ein Haus wie das FELD sind schon geringe Kürzungen
existenzbedrohend.
Gerade mal 170.000 Euro Basisförderung im Jahr steht dem Theater für die
Strukturfinanzierung zur Verfügung. Davon werden Honorare, Betriebskosten,
Öffentlichkeitsarbeit und andere Fixkosten bezahlt. Nur drei
festangestellte Mitarbeiter leistet sich das Haus. Alle anderen arbeiten
auf Honorarbasis oder ehrenamtlich.
Alle zwei Jahre können sich freie Theater in Berlin um die Basisförderung
bewerben. Für die Jahre 2024/25 war sie dem FELD bereits vom Berliner Senat
zugesichert worden. Die nächste Bewerbung wäre dann für 2026/27 fällig
gewesen. Doch nun kommt wohl alles ganz anders. Das weiß das FELD-Team
allerdings erst seit wenigen Wochen. Oder besser gesagt: eben nicht.
„Das Problem ist: Wir wissen gar nichts“, sagt Gabi dan Droste, die
künstlerische Leiterin des Hauses. Den im Oktober verliehenen Preis habe
sie und ihr Team noch als „extreme Würdigung empfunden“ – und dann, fast
gleichzeitig, lässt Berlin „uns komplett fallen“.
Der Rat: vorsorglich arbeitssuchend melden
Sie wissen nicht, ob die Struktur des Hauses weiter gefördert wird, ob die
Mietkosten weiter übernommen werden, ob die Projekte, für die die Künstler
die finanziellen Mittel beantragen, gefördert werden. Nur eine konkrete
Aussage konnten sie bisher von der Senatsverwaltung bekommen. Das war der
Rat an die FELD-Mitarbeiter, sich schon mal vorsorglich bei der Agentur für
Arbeit als arbeitsuchend zu melden.
„Wir haben hier jede Stelle nur einfach besetzt“, sagt Gabi dan Droste. Es
gibt zum Beispiel einen Techniker, eine Person für die
Öffentlichkeitsarbeit und eine, die sich um die Zusammenarbeit mit den
Schulen kümmert. „Fällt eine dieser Stellen weg, bricht die gesamte
Struktur zusammen.“
Eine Besonderheit des FELD hebt die Theaterpreis-Jury in ihrer Begründung
hervor: „den Fokus des Theaters auf Inklusion und die Tauben Community“. Es
habe Jahre gedauert, das Vertrauen der Tauben Community („taub“ schließt
verschiedene Lebensrealitäten wie gehörlos, schwerhörig, CI-tragend sowie
spätertaubt ein) zu gewinnen, sagt dan Droste.
Aber es hat sich gelohnt. Ein neues Publikum wurde erschlossen, das
„Nicht-hören-Können“ wurde in den künstlerischen Prozess miteinbezogen u…
neue Ausdrucksformen wurden entwickelt. Diese Projekte wurden hauptsächlich
über den [3][Diversitätsfonds des Senats finanziert. Auch der soll jetzt
komplett gestrichen werden].
Unmöglicher Zeitplan
Natürlich sehen sie die Lage in Berlin, und natürlich haben sie Verständnis
dafür, dass gespart werden muss, sagt dan Droste. Aber wie? Und vor allen
Dingen: Wie so kurzfristig?
Eine verstärkte Vermietung der Räume? Das ist problematisch, weil das FELD
als Verein organisiert ist. Kommerzielles Wirtschaften und die Bildung von
Rücklagen sind laut Vereinssatzung nicht erlaubt. Höhere Eintrittspreise
verlangen? Das heißt mindestens 30 bis 40 Euro pro Ticket. Wer kann sich
das in der Nachbarschaft dann noch leisten? Private Sponsoren und
Stiftungen finden? Gerne. Aber so schnell?
Gabi dan Droste versucht, optimistisch zu bleiben. Das FELD-Team habe
schließlich schon andere Widrigkeiten überstanden. Eine Pandemie zum
Beispiel. Aber damals habe der Kultursenat spürbar hinter ihnen gestanden.
Jetzt gerade fühle sich das leider ganz anders an. Und das sei jetzt kein
Bashing, versichert sie, sondern nur eine realistische Beschreibung.
5 Dec 2024
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## AUTOREN
Verena Harzer
## TAGS
Kürzungen
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