| # taz.de -- Theaterpädagogisches Projekt: Held*innen für einen Tag | |
| > Seit 2005 macht das multikulturelle Theater im Schanzenviertel „Mut!“: Am | |
| > Samstag kommt das aktuelle theaterpädagogische Projekt zur Aufführung. | |
| Bild: Mut!-Probe, 2023: Beim City-Life-Projekt war Tanzen wichtig | |
| Hamburg taz | Am Samstag wollen die Jugendlichen des Held*innen-Teams die | |
| Bühne rocken. Es wird ihr erster und einziger Auftritt und ist der | |
| Abschluss des Projekts „Held*innen-Team“, welches am Mut!-Theater Musik- | |
| und Theaterpädagogik zusammenbringt. | |
| Mahmut Canbay, Mut!-Gründer und -Intendant, sagt, es gehe darum, den | |
| Jugendlichen einen Raum zu geben, in dem sie sich selbst entfalten, ihr | |
| eigenes Verhalten reflektieren und Selbstbewusstsein entwickeln können. | |
| „Theater soll Mut machen“, so Canbay. | |
| Projekte wie das Held*innen-Team bietet das Mut! schon lange an. 2017 gab | |
| es sogar einen Austausch mit Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und | |
| Schauspieler*innen aus Chicago. Zehn Jugendliche durften diese dort | |
| besuchen und bekamen einen Einblick in deren Welt. Es gab auch Theaterkurse | |
| für Frauen oder das Projekt „Raum voller Musik“, in dem Jugendliche ein | |
| eigenes Musiktheaterstück entwarfen. | |
| Die Proben fürs Held*innen-Team hatten im September 2024 begonnen. Ziel | |
| war es ursprünglich, Szenen über die Auswirkungen der neuen Medien zu | |
| entwickeln – Tiktok und KI. Im Laufe der Zeit ist dabei das Thema „Liebe | |
| und toxische Beziehungen in der digitalen Welt“ in den Fokus gerückt. „Das | |
| interessierte die Jugendlichen viel stärker“, sagt Canbay. Die Proben | |
| würden sich aus den Wünschen und Ideen der Jugendlichen entwickeln, es | |
| werde nicht „belehrt“, sondern gemeinsam gearbeitet. | |
| ## Platz für sozialkritische Themen | |
| Zwölf Jugendliche im Alter von 16, 17 Jahren, waren fester Teil des | |
| Held*innen-Teams. Manchmal kamen auch mehr – die Teilnahme an den | |
| Mut!-Projekten ist freiwillig – und es ist jederzeit möglich, ein- oder | |
| auch auszusteigen. Oft seien die Projekte für mehrere Teilnehmer*innen | |
| der erste Kontakt mit Theaterkultur überhaupt. | |
| Und wohin genau die Reise geht, steht am Anfang nie fest. So hätten die | |
| Jugendlichen vom Held*innen-Projekt besonders am Entwickeln von Musik | |
| Spaß gehabt, sagt Canbay, sie hätten geübt, sich passende Songs ausgedacht. | |
| „Partizipation steht im Mittelpunkt“, sagt Canbay. | |
| Und interkulturelle Begegnung: Mut! ist eine Abkürzung für multikulturelles | |
| Theater, es besteht seit 20 Jahren. Jenseits der pädagogischen Projekte | |
| finden auf der Bühne im Schanzenviertel besonders politische und | |
| sozialkritische Themen ihren Platz. Mahmut Canbay beschreibt das Haus als | |
| „einen Raum des Austauschs“ – zwischen unterschiedlichen Kulturen, | |
| Biografien und Altersgruppen: „Das macht es lebendig.“ | |
| Canbay war 1991 als politisch verfolgter Kurde aus der Türkei nach | |
| Deutschland gekommen. Schon als Kind hatte er verschiedenste Instrumente, | |
| [1][etwa Bağlama, ein traditionelles Zupfinstrument] aus der Lautenfamilie | |
| gespielt. Mit seinen elf Geschwistern entwickelte er ein eigenes | |
| Familientheater. | |
| In Deutschland hat Canbay dann zusammen mit anderen Künstler:innen | |
| Stücke entwickelt und diversen Theaterhäusern angeboten. Doch sie stießen | |
| nur auf Ablehnung. „Wir haben gedacht, ja, okay, wir werden nicht ernst | |
| genommen“, sagt Canbay. Zusammen mit den anderen gründete er deshalb 2005 | |
| das Mut!-Theater. | |
| Ziel war es, für Künstler*innen eine Bühne zu schaffen, die sonst | |
| untergehen würden – etwa Migrant*innen. „Wir hatten bemerkt, dass unsere | |
| künstlerische Szene langsam verloren geht“, sagt Canbay. Die | |
| Künstler*innen hätten keine Auftrittsmöglichkeiten gehabt, sich in | |
| Gelegenheitsjobs als Kellner*innen aufgerieben. Dank der Bühne im Mut! | |
| hätten sie sich in der deutschen [2][Theaterszene behaupten] können. | |
| Zu den Aufführungen eigener Stücke und Gastspielen sind dann irgendwann die | |
| Projekte für junge Menschen dazugekommen. „Das Wichtigste ist dabei nicht, | |
| dass ein perfektes Stück auf die Beine gestellt wird“, erklärt Canbay. Es | |
| gehe vielmehr um die persönliche Entwicklung. Es werde immer viel | |
| diskutiert, manchmal auch gestritten. Wichtig sei Geduld. Und noch | |
| wichtiger: „Theater [3][lebt von Fantasie]“, sagt Canbay. Die Jugendlichen | |
| hätten davon am meisten. | |
| Canbay ist stolz, wie sich die Jugendlichen entwickelt haben. „Wir sind | |
| eine Gruppe Held*innen geworden“, sagt Canbay. Sie seien durch das | |
| gemeinsame Spielen zu einer richtigen Gruppe geworden und planen sogar, | |
| weiter gemeinsam Musik zu machen. Für die Jugendlichen sei das etwas | |
| Besonderes. | |
| Bei der Abschlussvorstellung werden zwei gemeinsam entwickelte Szenen mit | |
| begleitender Musik präsentiert. Anschließend spielen die Jugendlichen noch | |
| weitere eigene Musik. Als Nächstes plant Canbay, das Thema | |
| „[4][Antisemitismus]“ in einem Projekt zu thematisieren. Ihm sei im Umgang | |
| mit den Jugendlichen aufgefallen, dass das Thema durch die aktuelle | |
| politische Entwicklung sehr präsent ist. Aber „es wird selten reflektiert“, | |
| sagt er. | |
| 26 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Leo Schurbohm | |
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