| # taz.de -- Jugendtheater in Berlin über Migration: Aus dem Blickwinkel des Ki… | |
| > Im Berliner Theater HAU buchstabieren sich Flucht und Vertreibung als | |
| > Jugendtheater aus. „Land aller Kinder“ basiert auf einem Roman von | |
| > Irmgard Keun. | |
| Bild: Was ist Asyl? Fragen sich die Kinderdarstellerinnen Rokia Karschnia und Z… | |
| Sanna, Gilgi, Kully: Es sind zeitlose Namen, die Irmgard Keun ihren | |
| Protagonistinnen verlieh und die auch örtlich kaum zuzuordnen sind. | |
| Letzterer, Kully, ist der Name eines Mädchens, das nirgendwo zu Hause ist. | |
| In Keuns Roman „Kind aller Länder“ flieht sie mit ihren Eltern vor den | |
| Nazis durch Europa. Stets fehlt Geld, Visa laufen ab. Grenzen, die niemand | |
| sieht, aber jeder fürchtet, werden unpassierbar. | |
| Das Theaterkollektiv andcompany&Co hat den Roman weitergedacht und auf | |
| die Bühne [1][des Berliner HAU-Theaters] gebracht. „Land aller Kinder“, ein | |
| „Erwachsenenstück für Kinder“, bringt Licht ins Dunkel der Bürokratiehö… | |
| die das Thema Flucht und Migration abgrundartig umgibt. Was ist Asyl? Was | |
| sind Menschenrechte? Zufriedenstellende Antworten, das sieht man den | |
| Kinderdarstellerinnen (Rokia Karschnia und Zümra Köseoglu) an, liefern die | |
| Erwachsenen selten. | |
| Zumindest die Bedeutsamkeit von Pässen kann der Zahnarzt und | |
| „Mini-Buchhändler“ Damon (Damon Taleghani) veranschaulichen. Denn was ist | |
| ein Pass anderes als ein Mini-Buch? Damon träumt von einer Welt, in der | |
| jeder seine Geschichte in ein Mini-Buch schreibt und so, legal und | |
| bestempelt, alle Grenzen übertreten darf. | |
| Der Nationalsozialismus liegt lange zurück. Kindern die Wirren der Zeit | |
| verständlich zu machen, ist eine Herausforderung, mit der sich Pädagogen | |
| heute, 80 Jahre später, konfrontiert sehen. Nun ist Universalismus ein | |
| Werkzeug, mit dem eher zu oft als zu selten historische Besonderheiten aus | |
| dem Weg geräumt werden. | |
| ## Verhöre mit der Ausländerbehörde | |
| Es gibt allerdings eine Ausnahme, die Pauschalisierung gestattet: Aus der | |
| Perspektive eines Kindes ist Flucht immer total, egal ob es vor den Nazis, | |
| den Mullahs oder Assad-Schergen zu fliehen gilt. So verknüpft | |
| [2][andcompany&Co] Kullys mit heutigen Fluchterfahrungen, wie der von Luna | |
| (Luna Ali), die als Kind aus Syrien nach Deutschland floh – mit dem | |
| Flugzeug, wie sie in endlosen Verhören [3][mit der Ausländerbehörde] immer | |
| wieder erklären muss. | |
| Fantasievoll spiegelt sich das Migrationschaos im Bühnenbild (Hila | |
| Flashkes) aus Büchern und Zähnen, die Damon mit einer übergroßen Zahnspange | |
| verkabelt. Irgendwann gerät alles durch- und ineinander: das belgische | |
| Ostende, Deutschland, Iran und überhaupt die Zeiten. | |
| Das dürfte jedoch durchaus im Sinne Irmgard Keuns gewesen sein, ließ die | |
| doch nicht nur in ihren Texten, sondern auch in Bezug auf Lebensdaten, auf | |
| Namen und Fakten immer wieder der Fantasie freien Lauf. | |
| 10 Dec 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Julia Hubernagel | |
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