# taz.de -- Folgen auf Drohnenangriff über Polen: Angst vor einer Eskalation n… | |
> Europa darf sich keine Illusionen machen: Putins Feind ist die EU. Sie | |
> muss Russland stärker sanktionieren und sich von den USA unabhängig | |
> machen. | |
Bild: Uniformierte bewachen eine abgestürzte russische Drohen in Zentralpolen … | |
Die gute Nachricht zuerst. Die Luftabwehr an der Nato-Ostflanke | |
funktioniert. Binnen kürzester Zeit, nachdem in der Nacht zu Mittwoch | |
russische Drohnen aus Belarus den polnischen Luftraum verletzt hatten, | |
stiegen polnische und niederländische Kampfjets auf, | |
Patriot-Flugabwehrbatterien wurden aktiviert. Und verhinderten Schlimmeres. | |
Die Anzahl der abgeschossenen Drohnen macht klar: Der russische Präsident | |
Wladimir Putin will provozieren. Denn aus Versehen ist in dieser Nacht | |
nichts passiert. Das stellt die Nato-Partner und ihren Verbündeten, die | |
Ukraine, vor Probleme. [1][Im schlimmsten Fall könnte Putin schneller sein | |
eigenes Kriegsziel umsetzen:] so viel wie möglich des ukrainischen | |
Staatsgebiets einzunehmen. | |
Acht Monate nachdem der [2][US-Vizepräsident J. D. Vance auf der Münchner | |
Sicherheitskonferenz] klarmachte, dass die USA die Ukraine und ihre | |
europäischen Partner in Stich lassen werden, testet Putin erstmals, was es | |
bedeutet, den Luftraum eines Nato-Mitglieds massiv zu verletzen. Auch der | |
Zeitpunkt ist kein Zufall. Die russischen Drohnen stammten aus Polens | |
Nachbarland Belarus, Schauplatz der am Freitag begonnenen | |
russisch-belarussischen Militäroffensive „Zapad 2025“. Die 30.000 Soldaten | |
starke Übung soll die Stärke des Aggressors präsentieren. Das letzte | |
Manöver 2021 sorgte dafür, russische Truppen an die ukrainische Grenze zu | |
versetzen. Dass Putin kurz vor dem Manöver russische Drohnen nach Polen | |
schickt, soll Panik auslösen – und die europäischen Bündnispartner weiter | |
auseinandertreiben. | |
Die „Koalition der Willigen“ ist mittlerweile nicht mehr als ein PR-Stunt. | |
Ein Mitinitiator, der französische Präsident Emmanuel Macron, muss sich | |
zwangsweise mit der Krise im eigenen Land beschäftigen. Erst am vergangenen | |
Montag ist die Regierung von Premierminister François Bayrou in der | |
Nationalversammlung bei einer Vertrauensabstimmung durchgefallen. | |
Frankreich befindet sich nun, nur neun Monate nach der Ernennung Bayrous, | |
erneut in einem Schwebezustand, während die Bevölkerung mit Protesten, | |
Streiks und Blockaden Druck macht. | |
Auch [3][in Polen selbst trifft Putins Aggression auf innenpolitische | |
Konflikte]. Während Regierungschef Donald Tusk eine proeuropäische Linie | |
fahren will, setzt der rechtspopulistische Präsident Karol Nawrocki vor | |
allem auf US-Präsident Donald Trump. Kurz nach dem Drohnenabschuss | |
telefonierte er mit dem US-Präsidenten, dieser hat jedoch bislang nur | |
verhalten reagiert. | |
Trumps Zögern und die fehlende Entschlossenheit nach dem Vorfall lassen in | |
Polen Zweifel an der Verlässlichkeit der US-Sicherheitsgarantien aufkommen. | |
Angesichts der erheblichen politischen, finanziellen und militärischen | |
Investitionen, die Polen in den vergangenen Jahren in den Ausbau der | |
US-Präsenz auf polnischem Staatsgebiet getätigt hat, würde ein solches | |
Signal Warschau in eine strategisch schwierige Lage bringen. | |
Wie könnte es weitergehen? Die Sorge vor Artikel 5 des Nato-Vertrags, dem | |
Bündnisfall, ist groß. Das zeigen allein die zwar zügigen, aber | |
verhaltenen Reaktionen auf die Drohnenabschüsse. Nato-Generalsekretär | |
Mark Rutte vermied es, von einem gezielten russischen Angriff zu sprechen. | |
Die Nato berief sich bisher nur einmal in ihrer Geschichte auf Artikel 5: | |
nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gegen die USA. | |
Zudem wird ein weiteres Problem sichtbar: Die Bedrohung durch Russland ist | |
längst nicht mehr nur militärisch, hybride Angriffe wie Desinformation und | |
[4][Cyberattacken nehmen zu]. Unklar ist, was davon unter Artikel 5 fallen | |
könnte. Die verbleibenden bestehenden europäischen Kapazitäten müssen | |
entlang der langen Nato-Ostflanke zu Russland ausgebaut werden. Doch das | |
ist eine Herausforderung für Europa. Es ist nicht so einfach, mehr | |
Luftabwehrsysteme nach Polen zu verlegen, da Drohnensichtungen auch in | |
Ländern wie Rumänien oder den baltischen Staaten häufig vorkommen. Außerdem | |
befinden sich bereits viele Luftabwehrsysteme der Europäer und der USA in | |
der Ukraine – das bedeutet Lücken in der eigenen Sicherheitsarchitektur. | |
Ein Dilemma, denn die Ukraine finanziell und militärisch zu unterstützen, | |
sollte weiterhin priorisiert werden. | |
Die Europäer müssen entschlossener bei Sanktionsbeschlüssen auftreten, | |
dafür muss sich die EU im Zweifel vom Einstimmigkeitsprinzip lösen und ein | |
wacheres Auge darauf haben, wo russisches Öl, Uran und Gas landen. Denn | |
wenn am Ende die Angst vor der Eskalation siegt, wird der Krieg bestenfalls | |
zugunsten Putins eingefroren. Wenn man den Rest Europas schützen will, wen | |
kümmert dann noch die Ukraine? | |
12 Sep 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anastasia Zejneli | |
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