| # taz.de -- Starke Kürzungen bei Entwicklungsgeldern: Sparkurs beim Helfen | |
| > Bis 2026 will Berlin über zwei Milliarden Euro bei humanitärer Hilfe und | |
| > Entwicklungszusammenarbeit streichen: Das trifft vor allem die UN und | |
| > NGOs. | |
| Bild: Szene aus Gaza: Bundesent-wicklungsministerin Alabali Radovan drängt auf… | |
| Weil die Ampelregierung vorzeitig endete, werden dieses Jahr gleich zwei | |
| Haushalte verabschiedet – für 2025 wie für 2026. In beiden soll besonders | |
| stark bei der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit gekürzt | |
| werden. Rund 1,3 Milliarden Einsparungen sind es insgesamt für das | |
| Bundesentwicklungsministerium (BMZ). | |
| 2026 liegt der BMZ-Anteil damit nur bei knapp 2 Prozent des | |
| Gesamthaushalts, hat der Verband der Entwicklungs- und Hilfsorganisationen | |
| (Venro) ausgerechnet: der niedrigste Wert seit 2010. Die humanitäre Hilfe | |
| im Etat des Auswärtigen Amtes wird gegenüber 2024 um 53 Prozent auf rund 1 | |
| Milliarde Euro gekürzt: der niedrigste Etat in zehn Jahren. | |
| Deutschland ist damit nicht allein, [1][fast alle Geberländer kürzen]. Die | |
| USA haben sich komplett zurückgezogen und damit global ein massives Loch | |
| gerissen, 2024 gaben sie rund 55 Milliarden Euro für öffentliche | |
| Entwicklungsleistungen aus. Sie finanzierten bis dahin 45 Prozent der | |
| globalen humanitären Hilfe. Organisationen der Vereinten Nationen (UN) | |
| warnen, dass Millionen Menschen nicht mehr versorgt werden können. | |
| [2][Wissenschaftler*innen im Journal The Lancet] prognostizieren 14 | |
| Millionen Tote bis 2030, sollten die Kürzungen der USA nicht aufgefangen | |
| werden. | |
| Was bedeuten die deutschen Kürzungen? Auch das Auswärtige Amt schlägt | |
| Alarm: Mit den Einsparungen werde es nicht möglich sein, „der drastischen | |
| Verschlechterung der Lage vieler Menschen entgegenzuwirken“, [3][schrieb | |
| die Behörde Anfang Juli]. Laut Haushaltsplan soll beim Auswärtigen Amt vor | |
| allem bei UN-Beiträgen gekürzt werden, wie beim BMZ. Aber auch an der | |
| Zivilgesellschaft soll gespart werden. Im Vergleich zu 2024 beliefen sich | |
| die Kürzungen auf über 35 Millionen Euro. Betroffen sind laut Venro rund | |
| 280 Organisationen, die bis zu 1.000 vom Bund finanzierte Projekte in der | |
| Entwicklungszusammenarbeit umsetzen. | |
| ## Massive Kürzungen bei der Krisenprävention | |
| Problematisch findet Venro-Geschäftsführerin Åsa Månsson außerdem die | |
| massiven Kürzungen bei der Krisenprävention und -bewältigung, die besonders | |
| bestehende Krisen, etwa in Sudan, treffen. Im Gegenzug soll zukünftig Geld | |
| zusätzlich für „unvorhergesehene“ Krisen bereitgestellt werden. „Das hat | |
| gleich mehrere unschöne Konsequenzen: Hilfe kommt in der Regel zu spät und | |
| die Gelder können dann eigentlich nur über UN-Organisationen eingesetzt | |
| werden, obwohl zivilgesellschaftliche Strukturen deutlich direkter und | |
| unbürokratischer arbeiten könnten“, sagt Månsson der taz. Damit werde die | |
| Bundesregierung ihrem selbst gesteckten Anspruch, vorausschauend Hilfe zu | |
| leisten, nicht gerecht. | |
| Und auch in der langfristigen Planung ist das BMZ eingeschränkt. Über | |
| „Verpflichtungsermächtigungen“ können Ministerien Haushaltsmittel für | |
| Projekte in den Folgejahren einplanen. Beim BMZ sollen sie um ein Drittel | |
| gekürzt werden. Der Bundeshaushalt 2025 soll Ende September endgültig in | |
| Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden. | |
| Über den Haushalt 2026 berät das Parlament ab Ende September, hier kann | |
| noch was geändert werden. Venro fordert eine Korrektur von mindestens 2,5 | |
| Milliarden Euro für die humanitäre Hilfe beim Auswärtigen Amt und 11,2 | |
| Milliarden Euro für das BMZ. Zudem sollte mehr Geld für die | |
| Zivilgesellschaft im Haushalt verankert werden, mindestens 250 Millionen | |
| Euro empfiehlt der Verband. | |
| Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan will jetzt auf eine „stabile | |
| Finanzierung“ von Entwicklungszusammenarbeit drängen. „Wir brauchen die | |
| Möglichkeiten, besonders vulnerable Menschen schnellstmöglich in Krisen zu | |
| unterstützen. Wie die Kinder im Sudan – sowie die in der Ukraine, dem | |
| Sahel, in Gaza und anderswo.“ Gleichzeitig will sie zukünftig stärker | |
| priorisieren und mehr auf Zusammenarbeit mit Unternehmen für Privatkapital | |
| setzen. | |
| 28 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Entwicklungsgelder-der-G7/!6093621 | |
| [2] https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(25)01186-9/… | |
| [3] /Haushalt-2025/!6095894 | |
| ## AUTOREN | |
| Leila van Rinsum | |
| ## TAGS | |
| Entwicklungszusammenarbeit | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Gaza | |
| Jüdische Siedler | |
| BMZ | |
| Humanitäre Hilfe | |
| Entwicklungspolitik | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Longread | |
| Haushalt | |
| Bundesregierung | |
| Koalitionsverhandlungen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Kürzung der humanitären Hilfszahlungen: Mythos der Verschwendung | |
| Die humanitäre Hilfe fällt jetzt auch in Deutschland massiven Kürzungen zum | |
| Opfer. Der Aufschrei sollte größter sein, wenn es um Menschenleben geht. | |
| Deutsche Entwicklungspolitik: Der Preis des Sparhaushalts | |
| Laut Berechnungen der Entwicklungsorganisation One könnten Kürzungen bei | |
| der globalen Gesundheit über eine halbe Million Menschenleben kosten. | |
| Bundesministerin Radovan in Nahost: Warten auf den Wiederaufbau | |
| Israel verweigert Einfuhrgenehmigungen für Hilfen für Gaza. Im | |
| Westjordanland versuchte Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan | |
| Druck zu machen. | |
| Deutsche Entwicklungspolitik im Dilemma: Ratlos in Ruinen | |
| Entwicklungsministerin Alabali Radovan ist zu Besuch in Nahost. Sie sucht | |
| die Balance zwischen Mitgefühl für die Palästinenser:innen und | |
| deutscher Regierungslinie. | |
| Kritik am Bundeshaushalt 2026: Hilfe kürzen, Waffen kaufen | |
| Klingbeils Haushalt erntet Kritik von Umwelt- und Sozialverbänden: | |
| Klimaschutz und Sozialausgaben würden leiden, während Unternehmen | |
| profitieren. | |
| Neue Entwicklungsministerin fordert: „Mehr Fokussierung“ | |
| Reem Alabali-Radovan will die Entwicklungspolitik neu aufstellen. Sie | |
| betont Sicherheit und Migration. Feminismus und Klimawandel erwähnt sie | |
| nicht. | |
| Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit: „Deutschland ist auf Partnerschaften … | |
| Nachhaltigkeitsforscherin Anna-Katharina Hornidge warnt vor einer Kürzung | |
| von Entwicklungsmitteln. Den Erhalt des BMZ begrüßt sie. |