| # taz.de -- Der Bergbau rückte zu nah: 600 Tonnen auf Rädern | |
| > Die schwedische Stadt Kiruna muss umziehen. Die Kirche wird zwar | |
| > gerettet, viel Vertrautes verschwindet dennoch. Und das glänzend Neue | |
| > gefällt nicht allen. | |
| Bild: Das bedeutendste Gebäude der Stadt: Die Kirche von Kiruna, gebaut im Jah… | |
| Kiruna taz | Das hat Kiruna noch nicht erlebt: Das Parkhaus ist voll. „Ein | |
| historischer Tag!“ Rickard Olsson ist zu Scherzen aufgelegt. Er soll die | |
| Menschen hier auf das eigentliche historische Ereignis des Tages | |
| einstimmen. Im Auftrag des [1][Grubenkonzerns LKAB] plaudert er auf einer | |
| Großbildleinwand, die über Kaffeestand und Dixieklos hängt und zwischen | |
| Häusern, die bald abgerissen werden. | |
| Volles Parkhaus, volle Wohnmobilstellplätze, volle Hotels – alles Zeichen, | |
| dass die Botschaft des Konzerns in der Welt gehört wurde: Kommt und staunt, | |
| wie wir unser Wahrzeichen ins Rollen bringen. 600 Tonnen auf Rädern! | |
| Kiruna konnte die Kirche nicht im Dorf lassen. [2][Der Bergbau rückte zu | |
| nah an diese Stadt], die vor 125 Jahren seinetwegen hier entstanden war. | |
| Sie holen das Eisenerz inzwischen von 1.365 Meter unter der Erde. Das, was | |
| bis dahin das Zentrum der Stadt war, hätte bald keinen sicheren Boden mehr | |
| unter den Fundamenten. 2004 teilte der staatliche Grubenkonzern der Kommune | |
| Kiruna mit, dass es Zeit sei, an Umzug zu denken. | |
| Und das galt nicht nur für 6.000 Menschen in ihren teils berühmten | |
| Mietshäusern, sondern für alles, was eine städtische Gesellschaft ausmacht. | |
| Schulen, Geschäfte, Restaurants, Cafés, das Schwimmbad, die | |
| Stadtverwaltung: Alles muss weg. Die Hälfte davon ist mittlerweile | |
| umgezogen. | |
| ## Es kam nicht infrage, sie abzureißen | |
| Aber nicht alles ist ersetzbar. Nicht über jeden Verlust einer vertrauten | |
| Umgebung helfen gut durchdachte und ansehnliche Neubauten hinweg. Und mit | |
| wem man in diesen Tagen auch spricht, wie unterschiedlich ihre Rollen sind: | |
| Über die große Bedeutung ihrer Kirche sind sie sich einig. | |
| Ihre Schönheit, ihre identitätsstiftende Rolle, ihre Architektur mit | |
| bewusstem Bezug auf samische Hausbauweise: All das wird immer wieder | |
| hervorgehoben. Es kam nicht infrage, sie abzureißen. Abbauen und wieder | |
| aufbauen? Zu riskant. Sie im Ganzen durch die Stadt transportieren? Wie man | |
| nun weiß, erschien das tatsächlich realistischer. | |
| Zwei Jahre Vorbereitung münden in diese beiden Augusttage, LKAB gibt zur | |
| Feier des Tages Kaffee aus, „ungefähr 2.000 Becher“, sagt die Frau am sehr | |
| effektiven Kaffeezelt. Es sind aber sicher mehr als 2.000 Menschen | |
| versammelt, hier am Startpunkt, Dienstagmorgen um acht. | |
| ## Zwischendurch braucht die Kirche eine Pause | |
| Fünf Kilometer sind es bis zum Ziel zwischen dem Friedhof und dem neuen | |
| Zentrum. Die Nähe zum Friedhof sei ja gut, aber die Lage ansonsten nicht | |
| vergleichbar mit dem alten Sitz, weithin sichtbar über der Stadt: Das hört | |
| man hier oft. | |
| Fünf Kilometer Weg sind zu überwinden. Für diese Kirche, die nicht | |
| schneller als 0,5 bis 1 km/h fahren soll und zwischendurch eine Pause | |
| braucht, bedeutet das zwei Tagesreisen. | |
| Ihren Umzug hat das norwegische Unternehmen Veidekke geplant und | |
| verantwortet. Dafür wurde die 40 Meter breite Kirche auf sechs eigens | |
| konstruierte Stahlträger gestellt, ihr Gewicht auf 18 Punkte verteilt. Die | |
| Megabalken sind 36 Meter lang und wiegen zusammen schon 274 Tonnen. Um sie | |
| unter das Gebäude schieben zu können, musste es zuerst freigegraben werden. | |
| 1.500 Kubikmeter Erdreich verschwanden unter dem Gebäude. | |
| Schließlich rollte man zwei Trailer mit insgesamt 224 Reifen unter die | |
| Stahlträger, hob die hydraulisch an, bis die Kirche auf dem ganzen | |
| Konstrukt ruhte: bereit zur Abfahrt. Gesteuert wird das monumentale Gefährt | |
| von einem Experten aus den Niederlanden, per Fernbedienung. | |
| ## Plötzlich scheint sie zu schweben | |
| Die 224 Räder drehen sich langsam. So langsam, dass der fröhliche Moderator | |
| fast den großen Moment verpasst. Ein Riesenspektakel wird veranstaltet, | |
| aber dann legen sie einfach los, die Meister der Ingenieurskunst, ohne | |
| jegliche Fanfare. „Moment, bewegt sie sich?“, sagt Olsson. | |
| Ja, es geht los. Plötzlich scheint sie zu schweben, die berühmte Kirche von | |
| Kiruna. | |
| Malin Englund guckt zu, ruhig wie die meisten hier. Ihre Augen verraten | |
| Rührung. Unglaublich sei das, sagt sie. „Wozu Menschen in der Lage sind.“ | |
| Die 43-Jährige lebt schon lange in Kiruna. Dass die Kirche ihren | |
| angestammten Ort verlässt, sei bewegend, sagt sie. „Aber es ist nun mal | |
| eine Grubenstadt, sie verändert sich ständig. Dies ist einfach nur | |
| besonders viel Veränderung auf einmal.“ | |
| Bengt Eliasson ist mit dem Fahrrad da. Ein Sohn der Stadt, früher | |
| Grubenarbeiter, jetzt Rentner. Ihn stimmt der Umzug der Kirche traurig. | |
| Aber auch er sagt: Was soll man machen, das Erz muss aus der Grube. „Es | |
| gilt, die Situation gut zu finden“, sagt er, ein schwedischer Ausdruck der | |
| Schicksalsergebenheit. Nützt ja nichts. Als Bengt noch in der Grube | |
| gearbeitet hat, waren sie bei 300 Metern unter der Erde. | |
| Er kann nichts an Kirunas Umbau ändern, aber er kann sagen, was ihm nicht | |
| gefällt. Das neue Zentrum ist ihm zu eng. Früher war mehr Platz, meint er, | |
| man habe beim Einkaufen spazieren gehen können. Und von seiner Wohnung habe | |
| er dorthin zu Fuß gehen können, sagt er, jetzt müsse er den Bus nehmen. | |
| Die Kommunalverwaltung von Kiruna machte 2018 den Anfang in der neuen | |
| Innenstadt, als sie das neue Stadthaus bezog. „Da stand es noch ganz allein | |
| hier“, erzählte Kirunas Bürgermeister Mats Taaveniku am Tag vor dem großen | |
| Kirchenumzug. Ein schmaler Typ, aber mit festem Händedruck. | |
| ## Der Staat profitiert von den Bodenschätzen | |
| Er spricht ruhig und mit Bedacht, da ist er nicht der Einzige nördlich des | |
| Polarkreises. Aber er spricht auch sehr deutlich, wenn es um Kiruna geht. | |
| Zum Beispiel meint er, dass die Regierung die Stadt wie eine Kolonie | |
| behandele. Der Staat profitiere von den Bodenschätzen seiner nördlichsten | |
| und flächenmäßig größten Kommune, aber er gebe nichts zurück, sagt der | |
| Sozialdemokrat. | |
| LKAB ist ein staatlicher Konzern, nicht nur der Gewinn geht nach Stockholm, | |
| auch die Unternehmenssteuer. Und ja, der Konzern finanziere die sogenannte | |
| Stadtumwandlung, ersetze das abgerissene Zentrum. Aber der Erhalt der | |
| vielen neuen Gebäude, ihre Abschreibung in der Bilanzrechnung: Dafür wird | |
| Kiruna selbst zuständig sein. | |
| Aus seinem Büro ist der Bürgermeister runtergekommen in die großzügige | |
| Halle des schicken Stadthauses. „Kristall“ heißt es, rund, außen | |
| kontrastiert die weiße Fassade mit ihren dunklen Fensterreihen, dazu ein | |
| goldfarbener Eingang. | |
| Drinnen wollte der Bürgermeister eigentlich den großen Wandel der Stadt | |
| anhand eines kleinen Modells und eines Laserpointers erklären, aber das | |
| Modell ist schon wieder belagert von Kirchenumzugstouristen – er schlägt | |
| doch das Café vor. Es ist öffentlich zugänglich wie die ganze Halle – | |
| Bedingung für den Neubau. Das alte Stadthaus sei so etwas wie das | |
| Wohnzimmer der Menschen von Kiruna gewesen, sagt Mats Taaveniku. | |
| In diesem neuen Wohnzimmer stehen im Moment auch mehrere halbmeterhohe | |
| Kirchenmodelle auf je einem Sockel ausgestellt, von Schulkindern bemalt. | |
| Und am Fuße der großen Treppe werden Erinnerungen gesammelt: Eine Frau | |
| steht dort an einem Stand und lächelt alle an, deren Blick sie begegnet: | |
| Verbinden Sie etwas Besonderes mit der Kirche? Schreiben Sie es gerne auf | |
| und geben sie es hier ab. | |
| Ein bisschen wie bei einem Abschied, dabei wird seit Jahren alles dafür | |
| getan, dass es kein Abschied wird. Nicht nur wurde das Gebäude fahrtüchtig | |
| gemacht. Damit es ans neue Ziel kommt, mussten ein Viadukt abgerissen und | |
| Straßen vorübergehend auf 20 Meter verbreitert werden. | |
| Der Umzug wird zum Spektakel an sich. Zwei Tage vorher stand die Kirche | |
| bereit, von Bauzäunen geschützt, schon in Fahrtrichtung gedreht. Wer mit | |
| dem Auto vorbeifuhr, musste jetzt aufpassen: Einheimische, Medienleute, | |
| Fans ausgeklügelter Ingenieurskunst und andere Schaulustige konnten | |
| plötzlich die Straße kreuzen. | |
| ## 850 Kilometer Fahrtweg zum Spektakel | |
| Man kam schnell ins Gespräch beim gemeinsamen Staunen. Leon Berglund zum | |
| Beispiel, er war eigens 850 Kilometer gefahren. Der 67-Jährige hat selbst | |
| ein Transportunternehmen. Diese 600 Tonnen faszinierten ihn schon allein | |
| beruflich. Eine Unterkunft hatte er noch nicht – riskant in diesen Tagen –, | |
| aber auf die zu erwartende Kälte am Umzugstag hatte er sich vorbereitet: | |
| Der Schneemobilanzug lag im Auto. | |
| Berglund erfuhr von einem pensionierten Raumforscher, dass die Kirche zu | |
| Pfingsten das letzte Mal geöffnet gewesen sei. Die Männer zückten kleine | |
| Digitalkameras und machten Bilder wie alle in diesen Tagen – als könnte es | |
| einen Mangel an Bildern von diesem Ereignis geben. | |
| Der Raumforscher Herman Andersson, der seit 48 Jahren in Kiruna lebt, | |
| zeigte auch auf die weniger schmucken Gebäude in der Kirchenumgebung – | |
| Mietshäuser, ein [3][Schwimmbad]. Die stünden längst leer, warteten auf den | |
| Abriss. | |
| Für das Verschwinden des Alten hatte er nettere Worte übrig als für das | |
| neue Stadtzentrum. Das sei „sehr kompakt“. Aber wie der LKAB-Konzern | |
| aufräumt, das gefällt ihm. Sauberer Rückbau, einfach nur glatter Boden, | |
| oder Rasen, jedenfalls keine Abrisslandschaft: „Das haben sie schön | |
| gemacht.“ | |
| Wenn Mats Taaveniku das neue Zentrum „kompakt“ nennt, klingt es | |
| freundlicher. Früher hätten Gäste oft nicht verstanden, dass das, was er | |
| ihnen gerade zeigte, schon die Innenstadt von Kiruna war. Sie sei sehr | |
| langgezogen gewesen, erzählt der Bürgermeister im Stadthaus-Café. | |
| Von langgezogen kann tatsächlich nicht mehr die Rede sein. Wer jetzt von | |
| Süden nach Kiruna reinfährt, sieht eine Häuserzeile, die an Bekanntes | |
| erinnert – eine Variante nordischer Stadtansichten, schmale hohe Fassaden. | |
| Das Ganze geht aber nicht langsam in andere Gebäudearten über – da kommen | |
| ganz schnell offene Flächen. | |
| ## Miete ist höher als in den alten Häusern | |
| Dieses Zentrum kann man betreten wie ein festes Ensemble, ein | |
| Riesengebäude: Innen viel Einkaufszentrum, außen viel Fußgängerzone. Aber | |
| eben auch: Hotel, Bibliothek, Stadtverwaltung und Mietwohnungen, das ganze | |
| Programm einer Kommune. | |
| Die Miete sei höher als in den alten Häusern, erwähnt Mats Taaveniku. Das | |
| müssten die zum Umzug gezwungenen Einwohner in Kauf nehmen. Die | |
| unauflösliche Gemeinschaft, die LKAB und die Kommune Kiruna einst | |
| eingingen: Es ist komplex. | |
| Der Bürgermeister will deshalb das Spektakel des Kirchenumzugs getrennt von | |
| der großen Stadtumwandlung sehen. Für sich betrachtet sei es etwas Gutes, | |
| dass dieses ikonische Gebäude, erhalten bleibe. Aber von den | |
| Herausforderungen der Stadtumwandlung insgesamt könne das Volksfest nicht | |
| dauerhaft ablenken, auch nicht, wenn der König zum öffentlichen | |
| Kirchen-Kaffeetrinken kommt, was als Programmpunkt für Tag zwei geplant | |
| ist. | |
| Die Kirche hat ihr Etappenziel für die Nacht erreicht, als Mattias Timander | |
| im Foyer des Elite Hotels Frost sitzt und wieder einmal den Luxus bestaunt. | |
| Auf diesem Niveau habe es das früher nicht gegeben, erzählt der | |
| Schriftsteller, der aus Kiruna kommt. | |
| Er habe für seinen neuen Roman schon eine Szene über dieses Hotel | |
| geschrieben. „Ich finde, es liegt etwas Interessantes in diesem enormen | |
| Luxus“, sagt er, „dass, als die neue Stadt gebaut wurde, alles so extrem | |
| luxuriös wurde.“ | |
| ## Wandel oder Abriss? | |
| Timander wurde 1998 geboren. Als der Stadtumbau beschlossen wurde, war er | |
| gerade erst ein Schulkind. Der Wandel der Stadt, „oder der Stadtabriss“, | |
| wie er sagt, hat sein Leben geprägt, als 13-Jähriger schon habe er sich | |
| eingebracht in die Planung der zukünftigen Stadt – die Kommune hatte alle | |
| dazu aufgefordert, sich zu beteiligen. „Ich fand es damals bizarr, dass es | |
| keine schriftlichen Beschreibungen gab, wie das alles auszusehen hatte. Ja, | |
| die Gebäude würden ersetzt werden, aber das Leben in der Stadt, ihre | |
| Kultur, ihre Seele: Was passiert damit?“ | |
| Das habe ihn als Jugendlichen schon sehr beunruhigt. Man habe damals auch | |
| weder klimafreundlich noch langfristig gedacht. Wurden seine Eingaben | |
| gehört? „Es erschien mir damals so, als würde ich Gehör finden, ja, aber | |
| mit dem Ergebnis vor Augen find ich nicht, dass es so gut geworden ist“, | |
| sagt er und erzählt von Pannenprojekten und dem skandalumwitterten | |
| überdimensionierten Luxusschwimmbad. | |
| Und auch Timander erwähnt die hohen Mieten. „Hausbesitzer, die umziehen | |
| mussten, bekamen Geld oder ein neues Haus, aber für Mieter war es eine viel | |
| schwierigere Situation.“ Die Leute etwa, die im berühmten Viertel aus den | |
| frühen 1960ern des Architekten Ralph Erskine lebten, die hätten | |
| Jahrzehntelang eine sehr geringe Miete gezahlt. „Die mussten nun also in | |
| einen der Neubauten ziehen, natürlich viel, viel teurer, und luxuriös und | |
| modern, was viele aber gar nicht wollten.“ Das, was sie hatten und was | |
| ihnen reichte, es existiert nicht mehr, sauber aufgeräumt im Zuge der | |
| Umwandlung. | |
| So wie das Näh- und Stoffgeschäft, das seine Mutter und Tante aus alter | |
| Familientradition lange betrieben, in einem gemieteten Lokal, das jetzt | |
| nicht mehr steht. Für solche nicht gerade lohnenswerten Unternehmen seien | |
| die Mieten im neuen Zentrum nicht machbar. | |
| Das Schicksal seiner Stadt blieb Mattias Timander immer wichtig, als junger | |
| Erwachsener ging er für die Zentrumspartei in die Kommunalpolitik. Dann | |
| aber, die große Veränderung, zog er nach Stockholm. Seit einigen Jahren | |
| lebt er dort, weit weg von zu Hause, er ist zum Beobachter aus der Ferne | |
| geworden, der gelegentlich zurückkommt. | |
| ## Vielen Jüngeren würden die Pläne gefallen | |
| Für die, die nicht hier leben, sei die Veränderung wohl noch heftiger zu | |
| spüren, meint er. Er ist nicht nur wegen des Kirchenumzugs nach Hause | |
| gekommen, sondern auch, um die Familie zu sehen, weil er ein Kulturfestival | |
| mit organisiert und weil er für seinen neuen Roman recherchieren will. | |
| Volles Kiruna-Programm, das für ihn mit einem neuen Veränderungsschock | |
| begann: In der Umgebung der Kirche fehlten schon wieder viele Gebäude, die | |
| beim letzten Mal, als er hier war, noch standen. „Man läuft da rum und | |
| fragt sich: Wo war genau die Bibliothek? Ich habe da meine Liebe zur | |
| Literatur entdeckt, und jetzt ist da nur noch Brachfläche.“ | |
| Er weiß auch, dass es schwierig ist, wegzuziehen und dann zu kritisieren, | |
| was für die Menschen zu Hause nun Realität ist. Vielen der Jüngeren gefalle | |
| genau das, was die Absicht der Planer war, sagt er: Das Urbane des neuen | |
| Zentrums, wohnen, einkaufen und ausgehen so nah beieinander. | |
| Was eigentlich typisch sei für die Menschen von Kiruna, wenn sie gefragt | |
| würden, warum sie gerne hier leben, sei sowieso die Natur drumherum. Wenn | |
| sonst nichts sicher erscheint, nicht mal der Standort einer Kirche, ist es | |
| die Verknüpfung mit der Weite und Besonderheit der Natur drumherum. | |
| Und die Kirche selbst? Um die geht es hier doch heute vor allem. Stimmt er | |
| mit all denen überein, die ihre große Bedeutung betonen? Da überlegt der | |
| sonst abwägend sprechende Autor nicht, diese Antwort kommt wie allzeit | |
| bereit: Die Kirche sei unvergleichbar und eindeutig das wichtigste Gebäude | |
| für Kiruna. | |
| „Sie ist ein Symbol dafür, wie die Stadt entstand, sowohl architektonisch | |
| als auch, weil sie der erste große Versammlungsort für die Menschen hier | |
| war“, sagt er. „Die Kirche verkörpert das Ideal, das man mit der Stadt | |
| erreichen wollte – die ursprüngliche Bevölkerung der Gegend mit der neuen | |
| Bergwerksunternehmung zu versöhnen, alles sollte zusammengehen hier.“ | |
| Und dann sei sie auch noch persönlich besonders wichtig für ihn: Er habe | |
| hier auf der Orgel spielen dürfen. Sogar einen eigenen Schlüssel zur Kirche | |
| habe er dafür gehabt. | |
| So ist alles in Bewegung. Die Orgel, auf der er gespielt hat, mitsamt der | |
| Kirche. Und der Schriftsteller, den in der Hotel-Lobby immer wieder Leute | |
| begrüßt haben, er geht mit alten Freunden rüber auf den neuen Marktplatz. | |
| Hier bietet der Grubenkonzern die nächste Attraktion zur Feier des Umzugs, | |
| umsonst und draußen: Konzert mit KAJ, den finnischen Musikkomikern, hier | |
| nun wirklich allen bekannt als Eurovision-Beitrag Schwedens. Der Marktplatz | |
| ist plötzlich voll, viele sind zu Fuß gekommen. Die Wege sind kurz im neuen | |
| Kiruna. Bis auf, natürlich, für eine Kirche. | |
| 20 Aug 2025 | |
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| Anne Diekhoff | |
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