# taz.de -- Konjunkturzahlen: Deutsche Wirtschaft geht geschwächt ins neue Zol… | |
> Die deutsche Wirtschaft schrumpft im zweiten Quartal etwas. Das liegt vor | |
> allem an den Zoll-Attacken aus den USA. | |
Bild: Die deutsche Wirtschaftsleistung war bereits in den vergangenen beiden Ja… | |
Wiesbaden dpa | Die deutsche Wirtschaft geht geschwächt in das neue | |
Zoll-Zeitalter mit den USA. Im zweiten Quartal dieses Jahres ist das | |
Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorquartal 0,1 Prozent | |
niedriger ausgefallen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. | |
Zuvor hatte es zum Jahresauftakt noch ein unerwartetes Mini-Wachstum | |
gegeben, das vom Amt auf 0,3 Prozent (zuvor: 0,4 Prozent) revidiert wurde. | |
Das hatten Experten vor allem auf Vorzieheffekte auf die damals nur | |
angekündigten US-Zollschranken zurückgeführt. | |
Seit dem Wochenende ist zumindest in groben Zügen geklärt, unter welchen | |
deutlich schwierigeren Bedingungen die exportorientierte deutsche | |
Wirtschaft noch Waren in den USA absetzen kann. | |
In den Verhandlungen mit der EU-Kommission hat US-Präsident Donald Trump | |
[1][„asymmetrische“, also einseitige Zölle von 15 Prozent auf Importe aus | |
der EU durchgesetzt]. Zuvor hatte die US-Regierung mit 30 Prozent Zoll | |
gedroht und auf bestimmte Waren wie Stahl, Aluminium oder Autos schon vorab | |
höhere Sätze verlangt, die teils fortbestehen. | |
Vor allem Investitionen in Ausrüstungen und Bauten sind von April bis Juni | |
niedriger ausgefallen als im Vorquartal, berichtet das Statistikamt. Die | |
privaten und staatlichen Konsumausgaben stiegen dagegen preis-, saison- und | |
kalenderbereinigt an. | |
## Konzentration auf Europa? | |
Nach Einschätzung von Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater wurde im zweiten | |
Quartal zumeist abgewartet, wie sich die außenwirtschaftlichen Bedingungen | |
entwickeln. „Für Deutschland gilt ganz klar: In dem Maß, in dem sich die | |
Weltmärkte verschließen, muss sich die wirtschaftliche Dynamik [2][auf den | |
eigenen Wirtschaftsraum in Deutschland und Europa konzentrieren].“ | |
Die für die deutsche Wirtschaft wichtigen Autoexporte in die USA wurden | |
bereits seit April mit 27,5 Prozent Zoll belastet und sollen nun zum 1. | |
August auf 15 Prozent sinken. In den USA hergestellte Autos sollen | |
perspektivisch ganz ohne Zoll nach Europa exportiert werden können. Rund | |
zwei Drittel dieser Ausfuhren kommen allerdings deutschen Herstellern | |
zugute, die in den USA Werke betreiben und die dort gebauten Autos | |
exportieren. | |
## Milliardenschwerer Schaden erwartet | |
Wie andere Handelspartner der USA müssen die Deutschen mit Einbußen in | |
Milliardenhöhe rechnen. „Die deutsche Wirtschaft wird erheblichen Schaden | |
nehmen durch diese Zölle“, hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) | |
eingeräumt. Nach Berechnungen des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel | |
können allein die Auto-Zölle das deutsche Inlandsprodukt um 0,15 Prozent | |
schmälern. | |
Grundsätzlich verteuern Zölle europäischen Waren in den USA, was zu einer | |
verringerten Nachfrage führen dürfte. Sie werden daher als Gefahr für die | |
wirtschaftliche Entwicklung gesehen. Das arbeitgebernahe Institut der | |
deutschen Wirtschaft (IW) erwartet negative Folgen für Unternehmen, die | |
stark auf die USA angewiesen seien, etwa in der Pharmaindustrie, der | |
Autoindustrie und im Maschinenbau. | |
„Ein Deal mag die Unsicherheit für Unternehmen leicht senken – doch | |
US-Zölle von 15 Prozent schaden der deutschen Wirtschaft“, sagt auch die | |
Leiterin des Ifo Zentrums für Außenwirtschaft in München, Lisandra Flach. | |
Sie rechnet mit einem negativen Effekt von minus 0,2 Prozent auf das | |
deutsche Bruttoinlandsprodukt. | |
Der Internationale Währungsfonds (IWF) blickt nach dem Zollabkommen | |
[3][hingegen optimistischer auf die wirtschaftliche Entwicklung in | |
Deutschland als zuvor]. Weil die Zollsätze geringer ausfielen als erwartet, | |
könne die Bundesrepublik im laufenden Jahr ein Mini-Wachstum von 0,1 | |
Prozent schaffen. Zuvor hatte die Organisation mit Sitz in Washington noch | |
eine Stagnation prognostiziert. | |
## Warten auf öffentliche Aufträge im Inland | |
Die konjunkturelle Grundtendenz in Deutschland hat die Bundesbank schon vor | |
dem Zollabkommen als schwach eingeschätzt, weil auch die Binnennachfrage | |
nicht anspringt. Zwar habe sich die Stimmung in der Wirtschaft aufgehellt | |
mit der Aussicht auf milliardenschwere Investitionen der Bundesregierung. | |
Ein Schub für die Wirtschaft werde aber erst verzögert kommen. | |
Konkrete Aufträge etwa an die Bauindustrie lassen auf sich warten. Zugleich | |
blieben die Industriebetriebe schwach ausgelastet, und Verbraucher halten | |
ihr Geld zusammen. | |
Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ist für das kommende Jahr verhalten | |
optimistisch: „Für 2026 erwarten wir weiter ein recht starkes Wachstum von | |
1,4 Prozent, weil die Bundesregierung in großem Umfang Ausgaben aus dem | |
Kernhaushalt in das Sondervermögen verschiebt und die freigewordenen Mittel | |
rasch ausgibt und die Konjunktur so anfacht.“ | |
Die deutsche Wirtschaftsleistung war bereits in den vergangenen beiden | |
Jahren leicht geschrumpft, im ersten Vierteljahr 2025 legte das | |
Bruttoinlandsprodukt hingegen überraschend zu. Mit dem Zollabkommen droht | |
nun der deutschen Volkswirtschaft erstmals ein drittes Rezessionsjahr in | |
Folge. | |
30 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Umstrittene-Zoll-Einigung-von-USA-und-EU/!6099486 | |
[2] /Deutsche-sollen-mehr-und-laenger-arbeiten/!6099229 | |
[3] /Internationaler-Waehrungsfonds/!6104061 | |
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