# taz.de -- Wachstum nach unten korrigiert: Deutschland schrumpft stärker als … | |
> Die Wirtschaftsleistung kriselt mehr als berechnet, ein drittes | |
> Rezessionsjahr wird wahrscheinlicher. Ökonomen fordern ein neues | |
> Bruttoinlandsprodukt. | |
Bild: Export-Autos der Marken VW und Audi im Hafen Emden: Schrumpfende Exporte … | |
Berlin taz | Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal tiefer in die | |
Krise gerutscht als gedacht: Sinkende Investitionen, schrumpfende Exporte | |
und anhaltende Bauflaute ließen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von April | |
bis Juni um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorquartal sinken. | |
Das Statistische Bundesamt korrigierte damit am Freitag seine erste | |
Schätzung von [1][Ende Juli] nach unten, als von einem Mini-Minus von 0,1 | |
Prozent die Rede war. „Vor allem die Industrieproduktion entwickelte sich | |
schlechter als zunächst angenommen“, wurde die Korrektur begründet. In den | |
ersten drei Monaten des Jahres hatte es noch zu einem Wachstum von 0,3 | |
Prozent gereicht. | |
Damit wird ein drittes Rezessionsjahr in Folge wahrscheinlicher. [2][Erst | |
vor kurzem hatte das Statistische Bundesamt seine Angaben über das BIP der | |
Jahre seit 2008 korrigieren müssen.] Am größten fiel dabei die Korrektur | |
für das Jahr 2023 aus, als die deutsche Wirtschaft um 0,7 Prozent und nicht | |
wie bisher gedacht um 0,1 Prozent schrumpfte. 2024 waren es minus 0,5 | |
Prozent nach zuvor minus 0,2 Prozent. | |
Das Bruttoinlandsprodukt als alleinige Messgröße für gelungenes | |
Wirtschaften greife „zu kurz“, kommentierte Charlotte Bez, Ökonomin am | |
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. „Eine Diskussion über das BIP, | |
die nicht eingebettet ist in den drohenden Klimakollaps, Kriege und die | |
weitreichenden Auswirkungen von Trumps imperialer Politik, wirkt fast wie | |
eine Verdrängung der Realität“, betonte Bez. | |
Es gebe längst „Messalternativen aus der akademischen Welt“, die | |
„Lebensqualität, ökologische Stabilität und soziale Gerechtigkeit in den | |
Vordergrund“ rückten. | |
## Handelskonflikt als Hauptursache | |
Fachleute aus dem klassischen Spektrum machten den Handelskonflikt als | |
Hauptursache für die schlechten BIP-Zahlen aus. „Das fette Minus bei den | |
Exporten ist das Ergebnis des zollgehemmten Handels“, kommentierte der | |
Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. Die | |
deutschen Warenexporte waren im zweiten Quartal um 0,6 Prozent gesunken. | |
Der am Donnerstag zwischen der EU und den USA festgezurrte Zoll-Deal dürfte | |
weiter Wachstum in Europa und Deutschland kosten. [3][Er sieht für | |
Industrieprodukte Zölle von 15 Prozent auf Importe aus der Europäischen | |
Union vor – US-Waren werden in der EU hingegen weitgehend von Zöllen | |
verschont.] | |
„Der deutsche Mittelstand könnte zu einem Opfer der US-Zölle werden“, | |
warnte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Er werde es schwerer haben als | |
große Konzerne, die Produktion dorthin zu verlagern, wo wenig Zölle zu | |
zahlen sind. Hinzu komme der stärkere Euro, der deutsche Waren in anderen | |
Währungsräumen verteuere. „Es ist schwer vorstellbar, wie die | |
exportabhängige deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte aus der | |
scheinbar endlosen Stagnation herauskommen soll“, sagte Brzeski. | |
## Neues Geschäftsmodell nötig | |
„Deutschland muss sein Geschäftsmodell von Grund auf erneuern“, erklärte | |
Florian Schuster-Johnson, Ökonom vom progressiven Thinktank Dezernat | |
Zukunft. Die hiesige Wirtschaft sei „zu abhängig von Exportüberschüssen und | |
technologisch in wichtigen Branchen nicht auf der Höhe der Zeit. Er | |
forderte „mehr Investitionen in Schulen, Kitas, Forschung und Innovation“ | |
anstatt Milliardensubventionen für fossile Energien wie Gas. Das Problem | |
aus Schuster-Johnsons Sicht: „Dass in den Sektoren Auto und Maschinenbau so | |
viele Arbeitsplätze verschwinden, ohne dass bei produktiven, industrienahen | |
Dienstleistungen ausreichend neue entstehen.“ | |
Das CDU-geführte Bundeswirtschaftsministerium hingegen pochte auf weitere | |
Reformen. Die Bundesregierung will Hunderte Milliarden Euro in | |
Infrastruktur und Ausrüstung stecken. Sie hat zudem steuerliche | |
Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen verbessert und eine Absenkung | |
der Energiekosten eingeleitet. (mit Agenturen) | |
22 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Internationaler-Waehrungsfonds/!6104061 | |
[2] https://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/wachstum-deutschlands-stagn… | |
[3] /Handelsdeal-mit-USA/!6105324 | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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