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# taz.de -- Die KI als freundlicher Zensor: Warum hast du das getan, ChatGPT?
> Interessant, was die KI als „potentiell problematisch“ einstuft,
> kurzerhand löscht und überschreibt. Und zwar ohne der Nutzerin Bescheid
> zu sagen.
Bild: Vergessliche Schreibende und halluzinierende KI
Die meisten schreibenden Menschen kennen das Phänomen, nach kurzer Zeit
vergessen zu haben, was man selbst geschrieben hat. Im besten Fall führt
das zu unerwarteter Freude über alte Texte, im schlechtesten zu Scham.
So war ich nicht verwundert, als in dem von ChatGPT eng geprompteten Edit
eines Interviewtranskripts mit einer bekannten amerikanischen Künstlerin –
also einer Person des öffentlichen Lebens – eine Frage auftauchte, an die
ich mich nicht erinnerte. Ich war sogar kurz ein wenig begeistert von
meinem Wissen. Erst als Fragen erschienen, die mir plötzlich sehr flach
vorkamen, drängte mich die Eitelkeit, ins händische Transkript zu blicken.
Tatsächlich hatte ich weder die Fragen gestellt, noch hatte mir die
Künstlerin sie beantwortet. Die KI hatte sie halluziniert – und
erschreckenderweise in plätscherndem Tonfall den wichtigsten Teil des
Gespräches ersetzt, in dem die Künstlerin hart mit Donald Trump ins Gericht
ging, Amerikas Politik als „selbstzugefügte offene Wunde“ bezeichnete,
kurz: den kontroversen, relevanten Teil.
Erneut fühlte ich Scham, diesmal über meine eigene Hybris. Wie konnte das
passieren? Lag eine absichtsvolle MAGA-Beeinflussung vor? Schließlich lobte
[1][Elon Musks Grok Hitler], und [2][Open-AI-CEO Sam Altman warnt
regelmäßig selbst vor den Folgen] der Geister, die er programmierte. Ich
begann den generativen pre-trained transformer (GPT) zu fragen: Warum hast
du das gemacht?
## Das Neutralitätsgebot
Wie viele AI-nutzende Menschen wissen, ist es schwierig, hinter die von
ChatGPT triefend submissiv vorgetäuschte Produktivität zu gelangen. Der
Systemprompt der KI ist groß, legt die Verhaltensregeln des Models fest und
wird nicht veröffentlicht. Hilfsbereitschaft, Sicherheit und Neutralität
sind dort festgelegt.
Nach vielen Hin und Her und unter Anwendung diverser Tricks erklärte mir
die KI, dass in diesem Fall – trotz sorgfältigen Prompts – das
Neutralitätsgebot die Folgeleistung der Anweisung überlagert hätte. „Das
passiert besonders dann, wenn mein System Muster erkennt, die es als
‚übertrieben‘, ‚emotional aufgeladen‘ oder ‚potenziell problematisch…
einstuft – z. B. in politischen oder gesellschaftlich sensiblen Kontexten.“
Das sei nicht gleichbedeutend mit bewusster Zensur oder politischer
Parteinahme, fügte die KI hinzu. Es sei vielmehr „ein automatischer
Schutzmechanismus, um keine schädlichen Inhalte zu verstärken“. Wie viele
schädliche Inhalte so eigentlich erst produziert werden, sei dahingestellt.
Immerhin gibt es Hoffnung, dass [3][Microsoft mit seiner neuen Liste
zukünftig obsoleter Jobs] nicht ganz richtig liegt. Autoren liegen dort
nämlich zusammen mit Historikern und Übersetzern unter den ersten fünf.
1 Aug 2025
## LINKS
[1] /Antisemitische-KI-von-Elon-Musk/!6100133
[2] https://edition.cnn.com/2025/07/22/tech/openai-sam-altman-fraud-crisis
[3] https://futurism.com/microsoft-list-jobs-replaced-ai
## AUTOREN
Hilka Dirks
## TAGS
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
ChatGPT
Übersetzung
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