# taz.de -- Novelle des Polizeigesetzes geplant: Niedersachsens Polizei soll ba… | |
> Innenministerin Daniela Behrens (SPD) will das Landespolizeigesetz | |
> modernisieren – vor allem in puncto Fußfesseln, Bodycams, | |
> Videoüberwachung und KI. | |
Bild: Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens: Hier beim Besuch einer Ü… | |
Hannover taz | Niedersachsen Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hat | |
ihren Entwurf für eine Novelle des Niedersächsischen Polizeigesetzes | |
(NPOG)vorgelegt. Der war erwartet worden, die Opposition spekulierte schon | |
munter über Streitigkeiten in der rot-grünen Regierungskoalition. | |
„Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ proklamiert dagegen die Ministerin, | |
immerhin wolle man eine umfassende Modernisierung des Gesetzes, um es den | |
aktuellen Herausforderungen anzupassen. Die sind in erster Linie | |
technischer Natur: Für die vielen neuen Möglichkeiten der Datenanalyse, zum | |
Beispiel mithilfe von KI, benötigt man überhaupt erst einmal eine | |
Rechtsgrundlage. Für die vielen neuen Bedrohungen, zum Beispiel durch | |
Drohnen, erweiterte Befugnisse. | |
Gleichzeitig reagiert der Entwurf auch auf die Situationen, bei denen die | |
niedersächsische Polizei in letzter Zeit nicht gut ausgesehen hat. Eine | |
[1][Blamage wie im Fall der ehemaligen RAF-Terroristin Daniela Klette] soll | |
sich nicht wiederholen. Die hatten Podcaster schneller gefunden als das | |
LKA, das seit 30 Jahren nach ihr fahndet – weil sie eine | |
Gesichtserkennungssoftware nutzten, die für die Zielfahnder bisher tabu | |
war. | |
## Bodycams sollen künftig automatisch starten | |
Auch der Fall des [2][durch Polizeischüsse gestorbenen Lorenz A.] ist | |
offenbar eingeflossen: Künftig soll die Bodycam automatisch aufzeichnen, | |
wenn die Waffe gezogen wird. Das, betont Behrens, sorge für Klarheit und | |
Transparenz, die ja auch die Polizisten im Einsatz schütze. | |
Voraussetzung ist allerdings, dass der betreffende [3][Beamte eine Bodycam | |
trägt]. Das bleibt in Niedersachsen freiwillig. Gegen eine Pflicht sprächen | |
das Gebot der Datensparsamkeit und der informationellen Selbstbestimmung, | |
sagt die Ministerin. Bodycams seien eben auch nicht in jeder Einsatzlage | |
sinnvoll. | |
Insgesamt gäbe es in der Polizei aber eine steigende Akzeptanz dieses | |
Instrumentes, insbesondere aus der Erfahrung heraus, dass es manchmal eben | |
auch deeskalierend wirke und man sich mit einer sauberen Dokumentation der | |
Vorgänge auch selbst besser absichern könne. | |
Deshalb soll im neuen NPOG der Einsatz grundsätzlich empfohlen werden, wenn | |
Zwang angedroht oder ausgeübt werde. Außerdem soll der Einsatz auch in | |
Wohnungen erlaubt werden. Das war aufgrund des besonderen Schutzes dieses | |
Lebensbereiches bisher ausgeschlossen. Gerade in Fällen von häuslicher | |
Gewalt wäre es aber wichtig, argumentiert die Ministerin. | |
Das Thema häusliche Gewalt ist vor allem dem grünen Koalitionspartner ein | |
Herzensanliegen. Der drängt schon länger auf die Einführung einer Fußfessel | |
nach dem sogenannten [4][Spanischen Modell]. Auch die SPD-Innenministerin | |
verspricht sich davon einiges: „Das ist kein Allheilmittel, das wird nicht | |
alle Taten verhindern“, sagt sie. Aber: Wenn es gelingt, das Opfer mit | |
einem Tracker auszustatten, der vor einer Annäherung des Täters warnt, sei | |
das doch ein deutlicher Gewinn an Bewegungsfreiheit und Lebensqualität. | |
## Polizei soll Fußfessel beantragen können | |
Die Änderung des Polizeigesetzes soll es künftig ermöglichen, dass die | |
Polizei in bestimmten Fällen eine solche Fußfessel beantragen kann. Bisher | |
ging das nur bei terroristischen Gefährdern und im Rahmen einer | |
Führungsaufsicht bei aus der Haft entlassenen Gewalttätern. Wie in diesen | |
Fällen auch, muss der Einsatz der Fußfessel von einem Richter genehmigt | |
werden. | |
Der Gesetzesentwurf soll außerdem eine Rechtsgrundlage für erweiterte | |
Videoüberwachung schaffen. Unterschieden werden dabei verschiedene Systeme, | |
die zum Teil noch in der Entwicklungsphase sind und die alle | |
unterschiedlich hohe rechtliche Voraussetzungen haben. [5][„Intelligente | |
Videoüberwachung“] meint etwa eine Software, die in Videoaufzeichnungen | |
Verhaltens- und Bewegungsmuster erkennt und Alarm auslöst, wenn diese auf | |
die Begehung von Straftaten hindeuten. | |
„Biometrische Echtzeit-Fernidentifizierungssysteme“ ist das, was der Laie | |
meist unter [6][Gesichtserkennung] veersteht. Systeme, die Menschenmassen, | |
zum Beispiel bei Versammlungen, nach gesuchten Personen scannen können. Der | |
Einsatz solcher Systeme ist schon durch die KI-Verordnung der EU auf ganz | |
enge Voraussetzungen begrenzt, versichert die Ministerin. Gedacht sei dabei | |
etwa an die Abwehr von Terrorgefahren oder die Suche nach Opfern von | |
Entführungen und Menschenhandel. | |
Noch einmal etwas anderes sind Suchmaschinen, die vorhandene biometrische | |
Daten mit öffentlich zugänglichen Daten im Netz abgleichen können, wie im | |
Fall Klette. Über die Details dieser rechtlichen Voraussetzungen – in | |
welchen Fällen darf die Polizei welche Anwendung nutzen – werden sich nun | |
erst einmal die einschlägigen Verbände beugen: die kommunalen | |
Spitzenverbände, die Polizeigewerkschaften, der Richterbund, der Anwalts- | |
und Notarverband. Erst dann – voraussichtlich im Herbst – wird der Entwurf | |
in den Landtag eingebracht und dort beraten. | |
13 Aug 2025 | |
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## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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