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# taz.de -- Nach tödlichen Schüssen auf Lorenz A.: Ermittlungsbedarf gedeckt
> Die Staatsanwaltschaft will die Ermittlungen im Fall des von einem
> Polizisten erschossenen Lorenz A. abschließen. Dabei fehlt noch ein
> Gutachten.
Bild: Blumen und Kerzen für Lorenz A. in der Oldenburger Achternstraße: Angeh…
Oldenburg taz | Die [1][Ermittlungen im Fall Lorenz A]. nähern sich dem
Ende. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg befasst sich mit der abschließenden
Bewertung des Sachverhalts, wie sie vergangenen Freitag in einer
Pressemitteilung bekanntgab. Die Behörde ermittelt wegen Totschlags gegen
den Polizisten, der [2][den 21-jährigen Schwarzen Lorenz A.] in der Nacht
auf Ostersonntag mit mehreren Schüssen von hinten tötete.
Vorangegangen war eine Auseinandersetzung vor einer Bar in der Oldenburger
Innenstadt, an deren Ende A. Pfefferspray eingesetzt haben soll.
Anschließend sollen mehrere Personen ihn verfolgt haben. Laut
Staatsanwaltschaft soll er ihnen ein Messer gezeigt und wieder eingesteckt
haben, um sie abschütteln. Bei seiner weiteren Flucht lief er an einer
Polizeistreife vorbei, wobei er Pfefferspray in ihre Richtung gesprüht
haben soll. Dann schoss der 27-jährige Beamte.
„Der Beschuldigte und die Nebenklage erhalten nun Einsicht in die Akten und
können dazu Stellung beziehen“, erklärt die Behörde. Ein in Auftrag
gegebenes Sachverständigengutachten sowie die 3D-Rekonstruktion des
Tatortes durch das Landeskriminalamt stünden aber noch aus.
Die Ermittlungen haben ergeben, dass der Polizist aus weniger als vier
Metern geschossen haben soll, wie zunächst das Nachrichtenmagazin Der
Spiegel unter Berufung auf Ermittlungskreise berichtete. Der Kriminologe
Thomas Feltes bestätigt die Information. Er vertritt die Mutter von Lorenz
A. und war auch im Fall des vor drei Jahren in Dortmund von der Polizei
erschossenen 16-jährigen Mouhamed Dramé Vertreter der Nebenklage.
„Diese vier Meter sind irrelevant für die rechtliche Bewertung“, erklärt
Feltes. Die weit verbreitete Annahme, dass die Polizei bei Messerangriffen
aus weniger als sieben Metern aus Eigenschutz schießen müsse, habe keine
Grundlage und finde ohnehin keine Anwendung, da [3][Lorenz A. die
Polizisten nicht mit einem Messer angegriffen hat]. „Es kommt darauf an,
wie sich die Dynamik in der konkreten Situation abgespielt hat“, betont
Feltes. Nur so könne entschieden werden, ob der Polizist in Notwehr
gehandelt habe oder nicht.
## Nebenklage sieht eine Parallele zum Fall Dramé
Die Nebenklage hat laut Feltes seit einer Woche Akteneinsicht, diese sei
jedoch nicht vollständig: „Wir konnten die Auswertung des Handys des
Schützen noch nicht einsehen.“ Das folge in den nächsten Tagen. „Das Handy
wurde erst fast drei Tage nach der Tat sichergestellt“, kritisiert Feltes
und sieht in der Verzögerung eine Parallele zum Fall Dramé.
Daneben steht das 3D-Gutachten zur genauen Rekonstruktion des Tatorts zum
Zeitpunkt der Schussabgabe weiter aus. „Das halten wir für relativ
wichtig.“ Im [4][Fall Dramé] sei ebenfalls ein solches Gutachten erstellt
worden, das im Hauptverfahren jedoch nicht berücksichtigt worden sei.
„Meine Befürchtung ist, dass die Staatsanwaltschaft das 3D-Gutachten
umgehen will“, so Feltes.
Nach Einschätzung der Nebenklage könne eine abschließende Bewertung des
Falls deshalb noch nicht erfolgen: „Wir halten eine Entscheidung der
Staatsanwaltschaft für verfrüht, solange das Gutachten nicht vorliegt.“
Die Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“ fordert unterdessen weiter die
lückenlose Aufklärung des Falls und Maßnahmen gegen Rassismus in der
Polizei. Sie kritisiert, dass die Polizisten vor der Schussabgabe ihre
Bodycams nicht eingeschaltet haben und dass die benachbarte Polizei
Delmenhorst die Ermittlungen führt. Die Initiative setzt sich für eine
externe Kontrolle der Polizei ein.
## Innenministerin spricht von „befremdlicher Debatte“
Gegenüber der NWZ bezeichnete die niedersächsische Innenministerin Daniela
Behrens (SPD) diese Debatte als „befremdlich“. Sie sprach sich gegen eine
unabhängige Ermittlungsstelle aus. „Bei aller Tragik des Falles und bei
aller Betroffenheit“ werbe sie dafür, „dass man die Polizei und den
Rechtsstaat nicht diskreditiert.“
Dass es keinen strukturellen Rassismus in der Polizei gebe, zeige laut
Behrens unter anderem, dass die Polizei Niedersachsen eine im vergangenen
Jahr veröffentlichte Studie zu Diskriminierung in der Polizeiarbeit in
Auftrag gegeben hatte. Die Autorin der Studie, die Professorin an der
Niedersächsischen Polizeiakademie [5][Astrid Jacobsen, erklärte im
Interview mit der taz] allerdings, dass es sehr wohl Rassismus in der
Polizei gebe. Und sie hat eine konkrete Forderung: eine unabhängige
Beschwerdestelle mit Ermittlungskompetenz.
11 Aug 2025
## LINKS
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[3] /Todesschuesse-auf-Lorenz-A-in-Oldenburg/!6080733
[4] /Todestag-von-Mouhamed-Drame/!6105662
[5] /Polizeiforscherin-ueber-Diskriminierung/!6083406
## AUTOREN
Aljoscha Hoepfner
## TAGS
Oldenburg
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Polizei Niedersachsen
Tödliche Polizeischüsse
Bodycams
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Lesestück Recherche und Reportage
Rassistische Polizeikontrollen
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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