# taz.de -- Spielstätte mit eigenen Bedingungen: Manche Staatstheater sind gle… | |
> Kampnagel ist mit dem Schauspielhaus, der Staatsoper und dem Thalia | |
> Theater das vierte Staatstheater von Hamburg. Gleich behandelt wird es | |
> aber nicht. | |
Bild: Kulturfabrik Kampnagel: War Deutschlands größtes freies Zentrum für ex… | |
Staatstheater ist Staatstheater ist Staatstheater – ist Staatstheater. Das | |
vierte nämlich von Hamburg, das wurde Kampnagel vor einigen Jahren. Nach | |
dem [1][Schauspielhaus], der [2][Staatsoper] und dem [3][Thalia Theater] | |
nahm die Stadt im Mai 2020 auch die große Bühne für die Freien Künste unter | |
ihre Fittiche und kaufte die Gesellschafteranteile der „Hamburgischen | |
Kulturstiftung“. | |
Dass ein Staatstheater aber eben doch nicht automatisch wie das nächste | |
behandelt wird, das stößt aktuell der Gewerkschaft Verdi in den | |
festgefahrenen Tarifverhandlungen auf: Neun Verhandlungsrunden gab es | |
bislang, aber einigen konnte man sich nicht; zur Eröffnung des | |
Sommerfestivals auf Kampnagel in der vergangenen Woche sorgte ein | |
Warnstreik für einen verspäteten Beginn. | |
Die Hauptbeschwerde der Gewerkschaft laut ihrer Mitteilung auf Facebook: | |
Die Beschäftigten bei Kampnagel verdienen weniger als die Beschäftigten in | |
den anderen Hamburger Staatstheatern. Und, schlimmer noch: „Nach Auffassung | |
der Gesellschafterin, der Stadt Hamburg, soll sich dies auch perspektivisch | |
nicht ändern“. | |
Tatsächlich ist Kampnagel kein Mitglied im TV AVHH, im [4][Tarifvertrag der | |
Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg]; die Spielstätte hat seit 2018 | |
einen eigenen Haustarif. Den hatte Verdi damals noch als große | |
Errungenschaft für die 120 Arbeitnehmer*innen betrachtet: Drei Jahre | |
hatte man dafür gekämpft und endlich wurden Löhne, die Wochenarbeitszeit, | |
eine betriebliche Altersversorgung und eine Theaterzulage für das Arbeiten | |
zu unattraktiven Zeiten geregelt. | |
## Gleiche Arbeit, gleicher Lohn? | |
Endlich, so der Tenor damals, würden die Arbeitsbedingungen an die | |
Bedingungen an den städtischen Bühnen angepasst, auch die Tarifentwicklung | |
sollte sich künftig an den großen Häusern orientieren. | |
Aber das war ja auch noch vor dem neuen Etikett „Staatstheater“. Jetzt, so | |
kann man die Mitteilung der Gewerkschaft verstehen, müsste den Menschen | |
hier eigentlich das exakt Gleiche zustehen. | |
Die Übernahme von Kampnagel durch die Stadt sollte schließlich nicht nur | |
kulturpolitischen Symbolcharakter haben – seht her, auch die freie Szene | |
bekommt jetzt die Anerkennung der Freien Hansestadt –, sondern auch für | |
Sicherheit sorgen: Angesichts der kostenintensiven Umbauarbeiten bei | |
Kampnagel wollte die Stadt „ihrer Verantwortung gerecht“ werden und, so | |
Kultursenator Carsten Brosda (SPD), „heute und in Zukunft voll und ganz zu | |
Kampnagel“ stehen. Zu so einer Sicherheit, könnte man wohl argumentieren, | |
gehört auch Geld für die Beschäftigten. | |
Wer bei der Arbeitgeberseite nachfragt, hört dort allerdings, dass sich der | |
konkrete Streit für diese Tarifrunde um ganz andere Fragen drehe – eine | |
Aufnahme in städtische Tarifverträge ist demnach offenbar nur eine Art | |
Fernziel und – so der Geschäftsführer der „Arbeitsrechtlichen Vereinigung… | |
als Arbeitgebervertreter – wäre auch nicht in jedem einzelnen Fall positiv | |
für die Beschäftigten bei Kampnagel. | |
Gekämpft werde stattdessen um eine rückwirkende Erhöhung der Tarifzulagen – | |
gibt es die schon zum April oder erst zum Juni hin – und darum, wie die | |
Arbeitszeiterfassung für die unattraktiven Randzeiten abgerechnet wird. | |
„Faire Löhne jetzt“, stand laut Hamburger Abendblatt auf den Transparenten | |
der Protestierenden beim Warnstreik, und: „Applaus zahlt keine Miete“. | |
Damit zeigen sie noch auf ein anderes großes Problem: Diejenigen, die am | |
meisten Schutz bräuchten, sind für gewerkschaftliche Vertretung eh nur | |
schwer zu erreichen. | |
Kampnagel ist ein Haus der Freien Szene, und frei, das macht schon klar: | |
Die meisten der Künstler*innen, die hier auftreten, Performances machen und | |
tanzen und Debatten anstoßen, müssen daneben noch für sich selbst kämpfen | |
und verhandeln; sie sind meist nicht einmal Mitglied im schwachen | |
Tarifvertrag Bühne. | |
17 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Deutsches-Schauspielhaus/!t5031835 | |
[2] /Staatsoper-Hamburg/!t5235949 | |
[3] /Thalia-Theater/!t5010524 | |
[4] https://www.av-hamburg.de/tarifvertraege/ | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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