| # taz.de -- Theaterstücke in Hamburg und Hannover: Eine Frau, die nicht nur Mu… | |
| > Mable Preachs Familie war Anfang der 1980er-Jahre aus Ghana geflohen. Mit | |
| > ihren Inszenierungen öffnet sie Türen für ein neues Publikum. | |
| Bild: Mable Preach lässt sich nicht aufs Empowerment-Motiv festlegen | |
| Da ist mehr Aufregung als Angst, mehr Neugier als Ungewissheit. Und da | |
| blitzt auch immer wieder kindliche Abenteuerlust auf bei der gemeinsamen | |
| Wanderung durch den Wald. Die ist keine harmlose, sonntägliche | |
| Familienwanderung, sondern Teil einer langen Flucht ins Ungewisse. | |
| Aus der Perspektive des kleinen Mädchens, das sie damals war, erzählt die | |
| Regisseurin Mable Preach von ihrer Flucht aus Ghana und vom Ankommen in | |
| Deutschland. „Opera of Hope“ hat sie ihren Musiktheaterabend genannt, der | |
| im Januar auf Kampnagel in Hamburg Premiere feierte. Es ist der zweite Teil | |
| der gleichnamigen Trilogie, entstanden im Rahmen einer dreijährigen | |
| Konzeptionsförderung der Behörde für Kultur und Medien. „Ja, in ‚Opera of | |
| Hope‘ geht es auch um meine eigene Geschichte“, sagt die Theatermacherin | |
| der taz, aber nicht nur: Es gehe im Stück um „Geschichten, die auf viele | |
| Menschen zutreffen, die in diesem Land leben“. | |
| Mable Preach stammt aus Ghana. Das erlebte [1][die repressivsten Jahre] | |
| nachdem Jerry Rawlings sich Ende 1981 an die Macht geputscht hatte. Auch | |
| Preachs Vater wurde politisch verfolgt. Die Familie floh. Preach war damals | |
| sieben Jahre alt. In „Opera of Hope“ erzählt sie nicht nur von diesem | |
| lebensgefährlichen Weg nach Europa, sondern auch von der Lebensrealität in | |
| Deutschland als junge Schwarze Frau. | |
| In einem Flüchtlingsheim in Hamburg Nord. Von den schier endlosen | |
| Warteschlangen in der Behörde, vom Leben auf engem Raum und vom | |
| Ausgegrenztwerden auf dem Schulhof, wo sie unter anderem erfährt: „Mädchen | |
| sind schön, zart und vor allem nicht Schwarz.“ | |
| ## Vom Tanz zum Hip-Hop | |
| Erst sehr viel später sei ihr bewusst geworden, was sie in dieser Zeit | |
| durchgemacht habe. Und dass ein Flüchtlingsheim wirklich kein geeigneter | |
| Ort für eine Kindheit sei. Als Kind habe sie oft Diskriminierung erlebt – | |
| und die erfahre sie auch noch heute. „Ich kann da mittlerweile auch | |
| drüberstehen.“ | |
| Über die Beschäftigung mit afrikanischem Tanz kam sie zum Hip-Hop, mit 20 | |
| zum „theater: playstation“ von David Chotjewitz. Das waren, zusammen mit | |
| den Jugendclubs auf Kampnagel die ersten Schritte ins Theaterleben, das | |
| schon vorher ihr Ziel gewesen sei: „Für mich war das ganze Leben ein Spiel, | |
| Schauspielerei und Show.“ | |
| Ein Medienmanagement-Studium führte sie trotzdem erst zu einer Plattenfirma | |
| und zur Einsicht: „Das ist nichts für mich.“ Sie nahm an einer | |
| Schreibwerkstatt im Schauspielhaus teil und schuf 2007 mit „Ich träumte, | |
| ich träume“ ihre erste eigene Inszenierung im Bunker. Anschließend | |
| arbeitete Sie mit Yves Tuvis, Showcase beat le mot, Hajusom und dem Verein | |
| Lukulule. Mit Lukulele gründete sie 2017 das Projekt und gleichnamige | |
| Festival „Formation**Now“, das sich für eine spartenübergreifende | |
| Vernetzung junger Künstler*innen einsetzt. | |
| Für das „Krass Kultur Crash Festival“ auf Kampnagel entwarf sie gemeinsam | |
| mit Branko Šimić und Sophia Hussain 2021 das Format eines | |
| Antirassismus-Parcours. Der verband Rassismuserfahrung mit der Spielidee | |
| von Exit-Games. | |
| ## „Unser Land ist nicht schwarz oder weiß“ | |
| „Klar möchte ich Menschen empowern, die so aussehen wie ich und die | |
| Ähnliches erlebt haben wie ich“, erklärt Preach. Ein Publikum wünsche sie | |
| sich, das so vielfältig ist wie das Land, „und unser Land ist nicht weiß | |
| oder Schwarz“. Aber sich aufs Empowerment-Motiv festlegen lassen, das will | |
| sie nicht: „Ich habe viele Themen, für die ich brenne.“ Der Fokus liegt | |
| dabei klar auf Geschichten und Biografien von Menschen, die eher selten | |
| gehört und gesehen werden. | |
| Als sie anfing, Theater zu machen, habe sie „einfach schöne Bilder auf der | |
| Bühne schaffen und den Menschen eine Freude machen“ wollen, so erzählt | |
| Mable Preach. „So, dass sie sich entertained fühlen.“ Wichtig sei ihr | |
| mittlerweile aber eben auch, „dass sie vielleicht Narrative mitnehmen, die | |
| sie sonst nicht hören“. | |
| So auch in Hannover. Dort hat Preach am Staatstheater gearbeitet. Dessen | |
| damalige Intendantin Sonja Anders, die nun [2][das Thalia] leitet, setzt | |
| auch in Hamburg weiterhin auf Preach: Im Mai soll ihr neues Werk „No Body“ | |
| in der Gaußstraße Premiere feiern. Dort wird auch ab Oktober „K(no)w Black | |
| Heroes“ gezeigt. Diese Recherche zu Schwarzen Erfinder*innen, die von der | |
| weißen Geschichtsschreibung ausgeblendet wurden, war in Hannover im Februar | |
| 2023 uraufgeführt worden, in der Spielzeit drauf war der Empowerment-Abend | |
| „I Am. We Are“ zu sehen. | |
| Bei dem machten sich junge Bipoc-Darsteller*innen auf die Suche nach einem | |
| rätselhaften See, der sich nur bei Vollmond füllt. An seinem Ufer nämlich | |
| gibt es einen Flaschenpostbriefkasten, über den Nachrichten an Schwarze | |
| Vorbilder versandt werden können. | |
| Diese Produktionen zielten auf ein neues, zunächst theaterferneres | |
| Publikum – und erreichten es auch. Für Preach ein Herzensanliegen: „Das | |
| Tollste ist, wenn eine nicht weiße Person zu mir kommt und sagt:,Das war | |
| mein schönstes Erlebnis' oder:,Ich geh’ jetzt öfter ins Theater“. | |
| 18 Aug 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katrin Ullmann | |
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