# taz.de -- Neonazi-Angriff in Berlin: Junge Journalist*innen geschlagen und ge… | |
> Neonazis haben am Berliner Bahnhof Ostkreuz zwei Journalist*innen | |
> angegriffen, die zuvor beim CSD in Bautzen fotografierten. Bereits im Zug | |
> gab es Bedrohungen. | |
Bild: Teilnehmer des Neonazi-Aufmarschs gegen den CSD in Bautzen | |
Berlin taz | Die Berliner Polizei ermittelt gegen zwölf Neonazis im Alter | |
zwischen 17 und 46 Jahren, die am späten Sonntagabend am Bahnhof Ostkreuz | |
in Friedrichshain zwei junge Journalist*innen mit Schlägen und Tritten | |
attackiert haben, wie die beiden Angegriffenen der taz bestätigten. Die | |
Täter waren zuvor mit der Regionalbahn aus dem sächsischen Bautzen | |
gekommen, wo sie an einem [1][rechtsextremen Aufmarsch gegen den | |
Christopher Street Day] (CSD) teilgenommen hatten. | |
Fotos von der Situation, die der taz vorliegen, zeigen, wie sich eine | |
Gruppe von Neonazis gegen 23.20 Uhr auf einem Bahnsteig den beiden | |
Journalist*innen nähert. Auch eine Ausholbewegung und ein Schlag sind | |
darauf zu sehen. Ein Video einer anderen Quelle zeigt wenige Augenblicke | |
später hektische Szenen auf dem darüberliegenden Ringbahnsteig. | |
Polizist*innen verfolgen schwarz gekleidete Personen, die in Richtung | |
eines Ausgangs rennen. | |
Laut einem Sprecher der Polizei wurden noch vor Ort die Personalien der | |
zwölf aufgenommen, einer sei erkennungsdienstlich behandelt worden. | |
Vorgeworfen wird ihnen Landfriedensbruch. Die beiden Angegriffenen, die | |
zuvor ebenfalls in Bautzen zum Fotografieren waren, aber bereits auf | |
anderem Weg nach Berlin zurückgekommen waren, mussten nicht ärztlich | |
behandelt werden. Der Angriff auf sie sei nicht zufällig erfolgt, so eine | |
der Geschädigten: „Die Neonazis kennen uns.“ | |
Eine mögliche Attacke durch Neonazis hatte sich schon zuvor angedeutet. | |
Gegen 21.30 Uhr machte in linken Chatgruppen ein Hilferuf von | |
Teilnehmer*innen des CSD die Runde. Demnach befänden sich mit ihnen | |
etwa 30 bis 40 „gewaltbereite, alkoholisierte“ Neonazis im RE2 von Cottbus | |
Richtung Hennigsdorf. Aufgrund dieses Hilferufs hatten sich auch die freien | |
Journalist*innen zum Ostkreuz bewegt. | |
## Vermummte Neonazis an Zugtür | |
Mehrere Fotos aus dem Zug, die die taz einsehen konnte, zeigen Neonazis an | |
einer Verbindungstür zwischen zwei Abteilen. Einem Augenzeugen zufolge | |
hatte die Zugbegleiterin die Tür bei der Abfahrt in Cottbus verschlossen. | |
Auf einem Bild formen die Männer mit ihren Händen die „White Power“-Geste. | |
Einige der abgebildeten Personen können den [2][Neonazi-Gruppierungen | |
„Deutsche Jugend Voran“] (DJV), „Berliner Jugend“ sowie „Deutsche Pat… | |
Voran“ zugerechnet werden. Sie sind in der Vergangenheit immer wieder bei | |
Aktionen der Gruppen in Berlin und Brandenburg in Erscheinung getreten. | |
## Polizei glänzt mit Abwesenheit | |
„Die Situation war sehr bedrohlich“, erzählt ein Augenzeuge am Montag der | |
taz. „Die Neonazis standen an der verschlossenen Tür, haben posiert, sich | |
vermummt und dann minutenlang versucht, die Tür aufzubrechen.“ | |
Laut dem Antifaschisten haben die Schikanen bereits am Bahnhof in Bautzen | |
angefangen. Dort seien die Neonazis noch in einen anderen Zug gesteckt | |
worden. Darunter befand sich nach taz-Informationen auch der bereits im | |
April [3][zu einer mehr als dreijährigen Gefängnisstrafe verurteilte | |
Anführer der „Deutschen Jugend Voran“ Julian M.] | |
Beim Umstieg in Görlitz seien die abreisenden CSD-Teilnehmer*innen aber | |
wieder auf sie getroffen. Die Stimmung sei aggressiv gewesen, es habe eine | |
Konfrontation am Bahnsteig gegeben – und zunächst seien nur zwei Beamte der | |
Bundespolizei vor Ort gewesen. | |
Die Gruppen seien erneut getrennt worden, aber wegen der Verzögerungen in | |
Görlitz habe man in Cottbus den Zug nach Berlin verpasst. Am Cottbuser | |
Hauptbahnhof hätten zudem schon weitere Neonazis auf die | |
Antifaschist*innen gewartet, sich am Ausgang postiert. | |
Schließlich landeten beide Gruppen in der gleichen Regionalbahn. Polizei | |
sei zu keinem Zeitpunkt mit im Zug gewesen. | |
## Ausstieg am Ostkreuz statt am Alexanderplatz | |
Die CSD-Teilnehmer*innen aus dem Zug baten angesichts der Bedrohungen um | |
eine Abholung am Bahnhof Alexanderplatz in Mitte. Dort fanden sich dann zur | |
Zugankunft gegen 23.30 Uhr nach Schätzung von Beteiligten bis zu 200 | |
Antifaschist*innen ein, die sich am Bahnsteig und an den Ausgängen | |
postierten. | |
„Am Alex war es richtig toll, es wurde gejubelt, die Leute hatten Kekse | |
dabei und Wasser“, sagt der Augenzeuge. „Es ist eine schöne Erfahrung von | |
Gemeinschaft, wenn Sonntag am späten Abend spontan so viele Leute | |
mobilisiert werden.“ | |
Doch die Neonazis waren bereits zehn Minuten zuvor am Ostkreuz | |
ausgestiegen. Dort kam es noch zu Pöbeleien mit den im Zug verbliebenen | |
ehemaligen CSD-Teilnehmer*innen. Als diese dann weiterfuhren, erfolgte der | |
Angriff auf die Journalist*innen. | |
Die mutmaßliche Attacke vom Sonntagabend ähnelt einem [4][Vorfall vom | |
vergangenen Sommer]. Damals hatten vermummte Neonazis eine Gruppe | |
Antifaschist*innen überfallen, die sich zur gemeinsamen Anreise zu | |
einer Demonstration verabredet hatten. | |
Hinweis: In einer früheren Fassung hieß es, bei den Angegriffenen habe es | |
sich um CSD-Teilnehmende auf der Rückreise gehandelt. Inzwischen ist klar: | |
Die Betroffenen waren als Journalist*innen in Bautzen und haben dort | |
die rechtsextreme Gegendemo fotografiert. | |
11 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /CSD-in-Bautzen/!6102780 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
Hanno Fleckenstein | |
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