| # taz.de -- Rückreise vom CSD Bautzen: Polizei will nicht vor Nazis schützen | |
| > Berliner Rechtsextreme bedrohten auf der Rückreise vom CSD eine Vielzahl | |
| > von Menschen. Der Polizei war das an vielen Stellen kein Eingreifen wert. | |
| Bild: Festgesetzt wurden die Neonazis erst am Ostkreuz | |
| Berlin taz | Die Rückreise von Berliner Neonazis am Sonntag von einem | |
| Aufmarsch gegen den [1][CSD in Bautzen], an deren Ende sie am Ostkreuz | |
| [2][zwei junge Fotograf:innen attackierten], verlief dramatischer als | |
| bislang bekannt. Über Stunden hinweg konnten sie in Zügen und auf Bahnhöfen | |
| CSD-Teilnehmer:innen und Antifaschist:innen bedrohen, während die | |
| Polizei die Gefahrenlage offenbar verkannte. | |
| Die größte Gruppe mit etwa 40 Berliner Neonazis, bestehend vor allem aus | |
| Mitgliedern der Gruppierungen „Deutsche Jugend Voran“ und „Deutsche | |
| Patrioten Voran“, reiste mit der Bahn von Bautzen über Görlitz und Cottbus | |
| nach Berlin. | |
| Am Bahnhof in Bautzen trafen sie auf etwa 60 CSD-Teilnehmer:innen aus | |
| Berlin, wie ein Augenzeuge der taz berichtet. Die Polizei habe beide | |
| Gruppen getrennt, dann auch unter Gewaltanwendung die Linken vom Bahnsteig | |
| geräumt und schließlich nur die Neonazis abfahren lassen. Die | |
| CSD-Besucher:innen nahmen einen Zug zehn Minuten später. | |
| Doch beim Umstieg in Görlitz trafen die Gruppen wieder aufeinander. Die | |
| Nazis seien merklich angetrunken gewesen und provozierend zum Bahnsteig | |
| gekommen. Allen voran der vor vier Monaten wegen schwerer Gewalttaten zu | |
| einer [3][mehr als dreijährigen Haftstrafe verurteilte DJV-Kader Julian | |
| M.], der noch immer nicht zum Haftantritt geladen worden ist, wohl weil | |
| sich der Verfassungsschutz so neue Erkenntnisse erhofft. „Die Nazis haben | |
| sich aufgebaut, gebrüllt und rumgefuchtelt“, schildert der Augenzeuge. | |
| Beide Gruppen standen sich demnach teilweise vermummt gegenüber, beobachtet | |
| von nur zwei Polizisten. | |
| ## Polizei wollte Gruppen einfach fahren lassen | |
| Obwohl dann mehr Polizei hinzugekommen sei, sollte der Zug mit beiden | |
| Gruppen ohne Begleitung abfahren, was nur durch eine Zugbegleiterin | |
| verhindert worden sei. Ein Polizist habe sie gefragt, welche der Gruppen | |
| sie aus dem Zug werfen sollten, schließlich traf es die Rechten. Doch | |
| wieder hielt die Trennung nur bis zum Umstieg in Cottbus, wo die letzte | |
| Regionalbahn nach Berlin mit ihrer Abfahrt auf den nächsten Zug aus Görlitz | |
| und damit auf die Rechtsextremen wartete. | |
| In Cottbus sei trotz der vorherigen Ereignisse kein einziger Polizist am | |
| Bahnhof gewesen, stattdessen aber örtliche Neonazis. Im wartenden Zug habe | |
| man zunächst alle anderen Fahrgäste vor den Nazis gewarnt und sich dann im | |
| letzten Waggon verschanzt, so der Augenzeuge: „Wir haben darauf gehofft, | |
| dass die Bundespolizei mit einsteigt und uns irgendwie hilft. Aber die | |
| haben uns allein gelassen.“ | |
| Bedrohliche Situationen habe er bei dem Ausflug nach Bautzen erwartet, so | |
| der Augenzeuge, der sich der Fahrt zum CSD zum Schutz der | |
| Teilnehmer:innen angeschlossen hatte. Doch er habe nicht damit | |
| gerechnet, dass die Polizei vor allem in den Zügen für keinerlei Trennung | |
| sorgte, wie es etwa bei Gefahrenbegegnungen im Fußball üblich ist. | |
| ## Zugbegleiterin sorgt für Sicherheit | |
| Die einzige Helferin im Zug aus Cottbus war erneut eine Zugbegleiterin, die | |
| die Türen zwischen den Waggons verschloss. Bis nach Berlin versuchten | |
| Neonazis immer wieder den Durchgang gewaltsam zu öffnen, kamen aber nicht | |
| durch. Ihre Angriffslust entlud sich dann beim Ausstieg am Ostkreuz gegen | |
| die beiden Journalist:innen, die getreten und geschlagen wurden. Beide | |
| hatten auf den Zug gewartet, weil die mitfahrenden Queers und Linken einen | |
| Hilferuf abgesendet hatten. | |
| Doch auch hier war die Polizei zunächst wenig aktiv, wie die | |
| Fotograf:innen der taz berichteten. Ihre Bitte, sie zum Zug mit den | |
| Neonazis zu begleiten, sei mit dem Hinweis abgeschmettert worden, man sei | |
| nicht ihr Personenschutz. Bei der Abfahrt des Zuges, in dem die Queers | |
| verblieben waren, erfolgte dann der Angriff. Erst danach setzte die Polizei | |
| zwölf Neonazis fest. | |
| Tätig wurde die Polizei dann noch am Alexanderplatz, wo sich spontan bis zu | |
| 200 Antifaschist:innen versammelt hatten, um den CSD-Teilnehmer:innen | |
| ein sicheres Ankommen in Berlin zu ermöglichen. Vor allem Menschen in | |
| schwarzen Jacken seien hier Polizeikontrollen unterzogen worden, teilweise | |
| sei es auch zu Verfolgungsjagden gekommen, bei denen Antifas von der | |
| Polizei zu Boden gerissen wurden, so der Augenzeuge. | |
| ## Queeres Paar flieht aus Zug | |
| Wie gefährlich die unbegleitete Abreise der Neonazis aus Bautzen war, zeigt | |
| auch ein weiterer Vorfall. Belinda Möller (Name geändert) berichtet der | |
| taz, dass sie an dem Nachmittag in Görlitz eine Regionalbahn nach | |
| Hoyerswerda bestieg, in der sich eine Gruppe von etwa einem Dutzend | |
| Neonazis befand. Laut Möller sei auch diese aus Bautzen kommend auf dem Weg | |
| nach Berlin gewesen. Mit dem Zug sei zudem ein queeres Paar mit einer | |
| Trans-Flagge gefahren, das von den Nazis beschimpft worden sei. | |
| Eine Station nach der Abfahrt habe das Paar fluchtartig den Zug verlassen, | |
| unter Gebrüll der Neonazis. „Sie hoben die Fäuste und brüllten mehrfach 'Es | |
| gibt kein Recht auf Schwulen-Propaganda“, so Möller. Die beiden seien | |
| weinend auf dem Bahnsteig zurückgeblieben, wollten da erkennbar nicht | |
| aussteigen. Möller schildert den Vorfall als „zutiefst bedrohlich“. | |
| Beim Umstieg in Hoyerswerda hätten die Neonazis weitere Menschen als | |
| „Zecken“ und „Fotzen“ angepöbelt. Möller rief den Polizei-Notruf, | |
| schilderte den Vorfall aus dem Zug und das Abspielen rassistischer Lieder. | |
| Tatsächlich holten daraufhin Polizisten die Neonazis auf dem abfahrbereiten | |
| Zug, kontrollierten ihre Personalien – und ließen sie wieder einsteigen und | |
| unbegleitet abfahren. | |
| Möller hingegen blieb zurück, voller Angst, für ihre Zivilcourage erkannt | |
| zu werden. Sie ließ sich von einem Freund abholen. | |
| 13 Aug 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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