| # taz.de -- Haftstrafe für Julian M.: Neonazi will jetzt friedlich sein | |
| > Für mehr als 3 Jahre muss der Kopf der „Deutschen Jugend Voran“ ins | |
| > Gefängnis. Die Taten bereut er, seine Gesinnung aber bleibt. | |
| Bild: Anwalt Mirko Röder mit seinem Mandanten Julian M | |
| Berlin taz | Seit Anfang 2024 war [1][Julian M. die zentrale Figur der | |
| damals neu gegründeten gewaltbereiten Neonazi-Gruppierung „Deutschen Jugend | |
| Voran“ (DJV) Berlin-Brandenburg]. Nun muss er, der bereits sechs Monate in | |
| Untersuchungshaft saß, für drei Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Das | |
| Berliner Landgericht verurteilte M. am Mittwoch für vier einzelne Taten, | |
| darunter drei gefährliche Körperverletzungen in Tateinheit mit räuberischer | |
| Erpressung und versuchtem schweren Raub sowie einer Bedrohung. Antreten | |
| muss er die Haftstrafe aber erst in einigen Wochen. | |
| Die Vorsitzende Richterin benannte zwei der Taten als „rechtsextrem | |
| motivierte Gewalttaten“. Im Herbst 2024 hatte M. zunächst aus einer | |
| siebenköpfigen Gruppe heraus einen Mann überfallen und mit Gewaltanwendung | |
| zur Herausgabe seines Antifa-T-Shirts gezwungen. Später posierten die | |
| Neonazis mit der Beute in der Marzahner Kneipe „Zum Zapfhahn“. Der | |
| Betroffene, die Richterin bezeichnete ihn als „auf den ersten Blick | |
| vulnerables Opfer“, leidet bis heute unter Angstzuständen, seine Aussage | |
| vor Gericht musste er unter Tränen unterbrechen. | |
| Eine zweite Attacke traf einen Mann in der S-Bahn nach einem | |
| [2][neonazistischen Aufmarsch in Marzahn], den M. angeführt hatte. Auch | |
| dieser hatte ein Antifa-Emblem auf seiner Jacke und wurde von M. und | |
| weiteren Neonazis mehrfach geschlagen und getreten, auch als er bereits am | |
| Boden lag. Die Staatsanwaltschaft sprach in ihrem Plädoyer von | |
| „potenzieller Lebensgefahr“ und forderte allein für diese Tat knapp drei | |
| Jahre Freiheitsstrafe. | |
| Zwei weitere Straftaten kamen hinzu. Zum einen ein geplanter Übergriff auf | |
| einen Bekannten, der mit M.s Ex-Freundin in Streit lag, bei der M. auch mit | |
| einer ungeladenen Schreckschusspistole drohte. Bestraft wurde zum anderen | |
| auch die Bedrohung einer Frau, die zuvor ebenfalls eine Beziehung mit M. | |
| führte, nachdem diese angekündigt hatte, aus der DJV aufzusteigen. Bei | |
| dieser Tat war M. erheblich alkoholisiert, aber auch bei den anderen | |
| spielte Alkohol-, womöglich auch Kokain-Einfluss eine Rolle. | |
| ## Nazi ja, aber ohne Straftaten | |
| Nach insgesamt vier Verhandlungstagen bestand kein Zweifel, dass M. die ihm | |
| zur Last gelegten Taten begangen hatte. Schon zum Prozessauftakt hatte er | |
| diese gestanden und sich im weiteren Verlauf dann auch bei seinen Opfern | |
| entschuldigt. Am Mittwoch beteuerte er, solche Straftaten „auf keinen Fall“ | |
| wieder zu begehen. Gleichzeitig wollte er sich nicht von seinen Kameraden | |
| der DJV distanzieren – etwa ein Dutzend waren zur Unterstützung erschienen. | |
| Diese seien schließlich sein soziales Umfeld. Auch sagte M.: „Meine | |
| politische Einstellung ist relativ eindeutig klar“, seine „Meinung wird | |
| weiter bestehen bleiben“. | |
| Der Neonazi M. kommt aus einem „gutbürgerlichen Elternhaus“, wie sein | |
| Anwalt Mirko Röder betonte, der Vater ist Polizist. M. hat einen mittleren | |
| Schulabschluss und arbeite nach einer abgebrochenen Ausbildung in einem | |
| Sportfachgeschäft. Insgesamt acht Eintragungen ins Bundeszentralregister | |
| zeigen indes, dass M. bereits seit seiner Jugend immer wieder in Konflikt | |
| mit dem Gesetz kam. Nun möchte er „wieder festen Boden unter den Füßen“ | |
| haben, wie er sagte, einen Job und eine Wohnung. | |
| Die Richterin gab ihm in ihrer Urteilsbegründung mit auf dem Weg, seine | |
| „rechtsextreme Einstellung“ zu überdenken, andernfalls werde man sich wohl | |
| „wiedersehen“. Dass zumindest die Kameraden nichts von einem künftigen | |
| konfliktfreien rechtsextremen Dasein halten, zeigten sie im Anschluss. Ein | |
| junger Neonazi griff vor dem Moabiter Gericht einem Kameramann von Spiegel | |
| TV in die Kamera und musste von den Umstehenden von weiterer | |
| Gewaltanwendung zurückgehalten werden. | |
| 9 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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