| # taz.de -- Der größte Cottbuser CSD aller Zeiten: „Sexy, schwul, sorbisch�… | |
| > Trotz zweier angemeldeter rechter Gegendemonstrationen war der 17. | |
| > Christopher Street Day in Cottbus ein Erfolg. Mit einem neuen | |
| > Besucherrekord. | |
| Bild: Für die Liebe: Viele Menschen auf dem 17. Christopher Street Day in Cott… | |
| taz | Mit dem Christopher Street Day (CSD) in Cottbus – und dem | |
| gleichzeitig stattfindendem CSD in Weimar – ist am Samstag die Pride-Saison | |
| in Ostdeutschland zu Ende gegangen. Der bereits zum 17. Mal in | |
| Südbrandenburg stattfindende Pride-Umzug stand dieses Jahr unter dem Motto | |
| „Vereint in Frieden und Vielfalt“. Laut Schätzungen beteiligten sich etwa | |
| 1.000 Menschen, weit mehr als die angekündigten 500 – was den CSD 2025 zum | |
| größten [1][Cottbusser CSD] aller Zeiten macht. Die Forderungen der | |
| Teilnehmenden reichten von gesellschaftlicher Akzeptanz bis zu konkreter | |
| Politik: Gefordert wurde unter anderem, den Brandenburger Etat für den | |
| Aktionsplan Queer von derzeit 224.000 auf 500.000 Euro zu erhöhen. | |
| Dem Marsch vorangingen die sehr royale Draqueen Miss Cherry Moonlight und | |
| Storch Viktor, Maskottchen der [2][Aidshilfe Lausitz], in rot glitzernden | |
| Hosen und einem Korb mit Kondomen im Arm, gefolgt von einer von | |
| Demonstrierenden flach über die Straße gespannten etwa 20 Meter langen | |
| Pride-Flagge. | |
| Über den Nachmittag verteilt gab es an verschiedenen Stationen Reden, auch | |
| auf Ukrainisch, Russisch, Arabisch und Polnisch, um auf die Situation | |
| queerer Menschen in den jeweiligen Ländern aufmerksam zu machen und | |
| internationale Solidarität auszudrücken. Zwischen Regenbogenflaggen und | |
| Transparenten waren zahlreiche kreative Parolen zu lesen: „Queer, sexy, | |
| sorbisch“ oder „Als wir mehr Rechte forderten, meinten wir nicht mehr | |
| scheiß Nazis“ Immer wieder hallten antifaschistische Rufe durch die | |
| Innenstadt: „Alerta, alerta, antifascista!“ | |
| Antifaschistische Parolen waren auch nötig: Eigentlich waren zwei rechte | |
| Gegendemonstrationen angemeldet, eine von „Deutsche Jugend Voran“ und eine | |
| von „Die Heimat“. Angemeldet waren über 1.000 Teilnehmer:innen – | |
| gekommen sind dann etwa 90. Die Veranstaltungen wurden zusammengelegt. Die | |
| Versammelten trugen Fahnen und ein Transparent, auf dem stand: „Unsere | |
| Stadt bleibt hetero!“ | |
| Zwei Teilnehmer des rechtsextremen Protestes, der am Morgen mehrere Stunden | |
| vor Beginn des CSD um 14 Uhr stattfand, wurden von der Polizei abgeführt, | |
| sie hatten über Megaphone dazu aufgefordert, Regenbogenflaggen zu | |
| verbrennen, was dem Aufruf zu einer Straftat gleichkommt. | |
| ## Brandanschlag im Vorfeld | |
| Auf dem Gelände des Trägervereins des CSD seien am Freitagabend schon | |
| Regenbogenfahnen beschädigt worden, so die Polizei. Im Vorfeld gab es | |
| vergangene Woche vermutlich [3][einen Brandanschlag auf das queere Zentrum | |
| Regenbogenkombinat], eine Papiertonne stand in Flammen. | |
| Der Vorfall hat bundesweit für Aufsehen gesorgt – und viel Solidarität | |
| ausgelöst. Aus Berlin, Dresden, Görlitz und Zwickau kamen gemeinsam | |
| organisierte Gruppen, auch aus anderen Städten waren Menschen extra | |
| angereist, um ihre Solidarität mit dem CSD in Cottbus auszudrücken. | |
| Laut Schätzungen des Solidarischen Bündnisses gegen Rechts, das die | |
| gemeinsame Anreise aus Berlin organisierte, sollen 200 Menschen aus Berlin | |
| nach Cottbus gekommen sein. Sie liefen unter Polizeischutz vom Bahnhof zum | |
| Startpunkt des CSD an der Stadthalle. Der CSD hatte auch einen Shuttlebus | |
| von und zum Bahnhof eingerichtet, um Teilnehmer:innen bei der An- und | |
| Abreise vor Übergriffen der Nazis zu schützen. | |
| Bei der Abreise kam es am Bahnhof dann vereinzelt zu Wortgefechten mit Fans | |
| des FC Energie Cottbus, der am selben Tag ein Spiel hatte. Fußballfans | |
| sangen homophobe Lieder (obwohl der FC Energie selbst während des Spiels | |
| eine Queerflagge gehisst hatte), manche versuchten | |
| Demoteilnehmer:innen zu filmen, die dann mit Taschenlampen in die | |
| Kameras leuchteten, um das zu verhindern, und mit Schirmen einen Wall | |
| bildeten. Ein Jugendlicher versuchte Demoteilnehmer:innen zu treten, | |
| wurde dann aber abgedrängt. | |
| Eine Vertreterin der [4][Opferperspekive Brandenburg e. V.] erinnert in | |
| einer Rede an die sechs (gemeldeten) queerphoben Attacken, die es in | |
| Brandenburg dieses Jahr bereits gegeben hat. Viele queere Menschen | |
| überlegten sich, Cottbus zu verlassen. Gerade erst habe sie zwei schwule | |
| Männer beraten, die wieder aus Cottbus wegziehen, weil sie innerhalb | |
| weniger Monate zweimal angegriffen wurden. | |
| Miss Cherry Moonlight erinnert auch daran, dass es dieses Jahr noch | |
| schwerer war als sonst, Leute zu finden, die Reden halten oder als | |
| Ordner:innen die Demo unterstützen. Viele hätten Angst, dass ihr Gesicht | |
| in den Medien landen könnte und sie dann Probleme bekommen würden. | |
| ## „Die Stimmung kippt gerade total“ | |
| Eigentlich wollte der CSD Cottbus die Zahl der Ordner:innen sogar | |
| erhöhen, berichtete Organisator Christian Müller wenige Tage zuvor in einem | |
| Interview im RBB. Doch es war schwer genug, Leute zu finden, „weil viele | |
| auch gesagt haben, ‚in den letzten Jahren war es für mich kein Problem, | |
| Ordner:in zu sein, aber in diesem Jahr habe ich echt Schiss in Cottbus | |
| und ich weiß nicht, ob ich da gut durch den Tag komme‘“. | |
| „Die Stimmung kippt gerade total“, berichtet eine Demonstrantin, die im | |
| sozialen Bereich in der Gegend arbeitet. Nur schon vor 10 Jahren sei die | |
| Stimmung nicht so schlecht gewesen. Früher habe es noch Jugendclubs und | |
| Anlaufstellen gegeben, wo queere und linke Menschen sich treffen konnten | |
| und Jugendlichen auch was anderes geboten wurde als nur rechtes | |
| Gedankengut. Doch so viele zögen aus der Gegend weg, dass von solchen | |
| Strukturen wenig bleibe. | |
| Die Redner:innen des CSD erwähnen auch einen Fall aus dem benachbarten | |
| Guben. Dort hatte die Sozialarbeiterin des Gymnasiums im Hinblick auf den | |
| anstehenden Christopher Street Day mehr machen wollen, als nur eine Flagge | |
| aufzuhängen. Sie organisierte eine kleine Aktion mit Jugendlichen, | |
| gemeinsam einen Kuchen in den Pride-Farben zu backen und dabei über queere | |
| Themen zu diskutieren. Der Kuchen war danach auf einem Tisch in der Schule | |
| ausgestellt – Schüler spuckten darauf. Auch die kleine Regenbogenfahne an | |
| ihrer Bürotür wurde mehrfach abgerissen. | |
| Trotz allem setzte der CSD Cottbus 2025 ein deutliches Zeichen gegen Hass | |
| und Einschüchterung. Mit der höchsten Beteiligung seit seiner Gründung | |
| zeigte die queere Community, dass sie sich nicht verdrängen lässt. Zwar | |
| machte das Wetter zum Schluss nicht ganz mit, doch wo kein Regen ist, gibt | |
| es auch keine Regenbogen. | |
| 26 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://csd-cottbus.info/index.php/de/ | |
| [2] https://www.aids-hilfe-lausitz.de/ | |
| [3] /Queerfeindlichkeit-in-Brandenburg/!6122114 | |
| [4] https://www.opferperspektive.de/verein/ | |
| ## AUTOREN | |
| Caspar Shaller | |
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