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# taz.de -- Queerfeindlichkeit in Brandenburg: Angriff auf queeres Leben
> In Cottbus wurde ein mutmaßlicher Brandanschlag auf ein queeres Zentrum
> verübt. Samstag soll dort ein CSD stattfinden, gegen den Nazis mobil
> machen.
Bild: So noch nicht erlebt: Kurz vor dem CSD brennt die Papiertonne des Regenbo…
taz | An rechtsradikale Schmierereien und kleinere Sachbeschädigungen war
man im queeren Zentrum [1][Regenbogenkombinat Cottbus] bereits gewöhnt.
Doch am Montagnachmittag stand plötzlich die Papiertonne im Hinterhof in
Flammen und brannte ein beachtliches Loch in die hellblaue Fassade des
Gebäudes. Jetzt hat der Polizeiliche Staatsschutz Ermittlungen zu dem
Vorfall aufgenommen. Die Behörden halten eine rechtsextrem motivierte
Brandstiftung für möglich.
Der Brand ereignete sich nur wenige Tage vor dem [2][Christopher Street Day
(CSD), der am Samstag in Cottbus] stattfinden soll – rechte und
neonazistische Gruppierungen machen bereits zu Gegendemonstrationen mobil.
„Das ist kein Zufall“, ist sich Christian Müller sicher. Der Sozialarbeiter
ist Geschäftsführer des Regenbogenkombinats und Mitorganisator des
kommenden CSD. Eine vorbeigehende Frau habe das Feuer entdeckt und
daraufhin Ehrenamtliche, die sich im Gebäude aufgehalten haben, alarmiert,
berichtet er. Diese versuchten dann, das Feuer zu löschen, bevor Feuerwehr
und Polizei anrückten. Jetzt komme es auf eine „schnelle Aufklärung durch
die Polizei“ an.
„Vor allem seit letztem Jahr erleben wir immer wieder Sachbeschädigungen
bei uns am Gebäude“, sagt Müller. Es seien schon oft Regenboggenflaggen
abgerissen oder auch das Gebäude mit einem Hakenkreuz beschmiert worden.
## Wirksamer Schutz gefordert
Gerade wegen solcher Vorfälle habe das Regenbogenkombinat in der
Vergangenheit bereits Videokameras an den Außenwänden des Gebäudes
installiert, musste sie jedoch aufgrund der unsicheren Rechtsgrundlage
wieder abnehmen. Inzwischen sei die Stadt Cottbus um die Bereitstellung
einer Videoüberwachung gebeten worden, sagt Müller.
Der Sozialarbeiter erzählt der taz außerdem von den aktuell laufenden
queeren Aktionswochen des Regenbogenkombinats, über die die lokalen Medien
schon oft berichtet hätten. Beim Lesen der Kommentarspalten der Lokalpresse
werde ihm immer wieder klar, dass die queere Community Südbrandenburgs
„nicht nur von Freunden“ umgeben sei. Vor dem Hintergrund dieser Stimmung
scheint es für Müller klar zu sein, dass es sich tatsächlich um einen
Brandanschlag gehandelt hat.
Pfarrer Lukas Pellio, Sprecher der Initiative Sichere Orte, geht in einer
Pressemitteilung auch von einem queerfeindlichen Brandanschlag aus. Das
Ziel dieses Angriffes sei es, „queeres Leben in Cottbus in die Schranken zu
weisen“. Die Initiative Sichere Orte ist ein Zusammenschluss von
subkulturellen, queeren und sozialpolitischen Einrichtungen in
Südbrandenburg, zu dem auch das betroffene Regenbogenkombinat gehört.
Von der Politik und den Behörden erwartet sich Pellio „einen wirksamen
Schutz und eine nachhaltige Finanzierung“ zivilgesellschaftlicher und
queerer Einrichtungen. Es sei schließlich nicht das erste Mal, dass queere,
linke oder alternative Räume angegriffen worden seien. Der Angriff reihe
sich ein in „eine lange Reihe von rechten Angriffen auf alternative Orte in
der Region“.
## Anstieg an Neonazi-Angriffen
In letzter Zeit kam es vermehrt zu rechten Angriffen auf links-alternative
Orte und queere Veranstaltungen in Brandenburg. Nachdem bereits 2024 eine
neue Generation junger, militanter Neonazis besonders bei CSDs in
Ostdeutschland beobachtet werden konnte, [3][spitzen sich die rechten
Anfeindungen dieses Jahr weiter zu.]
Im Frühjahr waren erst Jugendklubs in Senftenberg und Spremberg betroffen,
bevor im Mai das Cottbuser [4][Hausprojekt Zelle79 nachts von Neonazis
angegriffen wurde.] Die jungen Rechtsextremen warfen Steine, brüllten
Parolen, warfen Brandsätze und versuchten, die Türen zum Haus aufzubrechen.
In Bad Freienwalde stürmten im Juni etwa ein Dutzend [5][junge, vermummte
und mit Schlagstöcken bewaffnete Rechtsextreme ein queeres Straßenfest] und
verletzten sechs Personen.
Laut der für Cottbus verantwortlichen Polizeidirektion sei Südbrandenburg
ein „Hotspot des Rechtsextremismus“. Die Pressestelle bestätigt der taz
außerdem einen Anstieg von Gewalttaten gegen Queers in den letzten Jahren.
Im Jahr 2024 seien 75 Straftaten gegenüber Personen wegen ihrer sexuellen
Orientierung und 43 Straftaten wegen geschlechtlicher Identität
festgestellt worden. Dazu, ob es sich beim Brand beim Regenbogenkombinat
auch um einen rechten Angriff gehandelt hat, gebe es bislang keine neuen
Erkenntnisse, so der Polizeisprecher.
## Große Gegendemonstrationen erwartet
Um rechte Gewalt gegen die Teilnehmer*innen des am Samstag
stattfindenden CSD zu vermeiden, habe man in Cottbus die
„Sicherheitsvorkehrungen hochgeschraubt“, sagt Christian Müller zur taz. Es
würden Shuttle-Busse bereitstehen, um den Demonstrant*innen eine
sichere Abreise zu ermöglichen und Konfrontationen mit den Neonazis zu
vermeiden.
Die rechtsextreme Szene hat bereits zwei Gegendemonstrationen angemeldet,
eine von der Neonazi-Partei Die Heimat, die andere von der rechtsextremen
Jugendgruppe Deutsche Jugend Voran (DJV). Man rechnet mit einem
Personenpotential von insgesamt 1.100 Rechtsradikalen. Für den CSD seien
bisher etwa 400 Menschen angemeldet worden – aufgrund der
Solidaritätsbekundungen, die die queere Szene in Cottbus zuletzt erfahren
habe, rechnet Müller jedoch mit „deutlich mehr Teilnehmer*innen“.
21 Oct 2025
## LINKS
[1] https://www.regenbogenkombinat-cottbus.de/
[2] https://www.csd-cottbus.info/index.php/de/
[3] /Festnahme-in-Berlin/!6117945
[4] /Neonazis-attackieren-Hausprojekt/!6090883
[5] /Neonazi-Angriff-in-Bad-Freienwalde/!6094115
## AUTOREN
Anselm Mathieu
## TAGS
Queer
Christopher Street Day
Brandenburg
Rechtsextremismus
Social-Auswahl
Cottbus
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Stadtland
Christopher Street Day
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