# taz.de -- Mehr Anträge für Windräder: Windkraft boomt in Baden-Württember… | |
> Die Rechtslage für Windräder in Baden-Württemberg hat sich geändert. Nun | |
> fluten Genehmigungsanträge für neue Windkraftanlagen das Ministerium. | |
Bild: Ein Risiko für Windkraftprojekte: fehlende Akzeptanz wie hier im Nordsch… | |
Freiburg taz | Steht Baden-Württemberg vor einem Boom der Windkraft? | |
Zwischen Ende Mai und Ende Juni haben Planer laut dem grün geführten | |
Stuttgarter Umweltministerium Genehmigungsanträge für gut 1.100 neue | |
Windkraftanlagen eingereicht. Gemessen an den 808 Anlagen, die aktuell im | |
deutschen Südwesten in Betrieb sind – [1][übrigens die geringste Zahl unter | |
allen Flächenstaaten in Deutschland] –, wäre das ein enormer Zuwachs. Die | |
eingereichten Anträge kommen zusammen auf eine Nennleistung von 8.500 | |
Megawatt, womit sich die im Ländle installierte Leistung mehr als | |
verfünffachen würde. | |
Grund für den Antragsboom war die Rechtslage: Zum 30. Juni lief die | |
EU-Notfallverordnung aus, die durch beschleunigte Genehmigungsverfahren bei | |
der Windenergie die Auswirkungen der Energiekrise mildern sollte. Das | |
Regelwerk reduzierte besonders beim Artenschutz die Anforderungen. Um sich | |
das einfachere Verfahren zu sichern, reichten zahlreiche Investoren | |
frühzeitig Anträge ein. Auch in anderen Bundesländern lagen die | |
Antragszahlen zuletzt sehr hoch. Doch aufgrund des niedrigen Bestandes in | |
Baden-Württemberg rücken die Zahlen aus dem Südwesten besonders in den | |
Fokus. | |
Im Nachhinein betrachtet wäre die Eile gar nicht nötig gewesen: Nachdem der | |
Deutsche Bundestag kurz vor der Sommerpause [2][die EU-Richtlinie RED III | |
(Renewable Energy Directive)] in nationales Recht umgesetzt hat, wird es | |
weiterhin Erleichterungen bei den Genehmigungen geben. | |
Während das Stuttgarter Umweltministerium die Zahlen sehr optimistisch | |
präsentiert, bleibt abzuwarten, was wirklich daraus wird – denn natürlich | |
sind Anträge noch keine Anlagen. Wie hoch die Umsetzungsquote tatsächlich | |
sein wird, vermag in der Branche niemand zu prophezeien. Dazu müsse man den | |
Status und die Qualität der Vorarbeiten an den einzelnen Standorten kennen, | |
heißt es bei der Fachagentur Wind und Solar. | |
## Projekten drohen diverse Risiken | |
Noch drohen den beantragten Projekten nämlich diverse Risiken – etwa durch | |
fehlende Akzeptanz vor Ort. Wie politisch umstritten die Windkraft im | |
Schwarzwald mancherorts ist, zeigte sich gerade in diesen Tagen: Am | |
vergangenen Sonntag stoppten gleich in zwei Gemeinden Bürgerentscheide | |
geplante Projekte. In Remchingen, zwischen Karlsruhe und Pforzheim gelegen, | |
votierten 66 Prozent der Bürger gegen die Bereitstellung gemeindeeigener | |
Flächen für ein Windprojekt. Ebenso lehnten in Oberkirch im Ortenaukreis 55 | |
Prozent der Bürger die Verpachtung kommunaler Flächen zur Errichtung von | |
Windkraftanlagen ab. Ein ähnliches Schicksal könnte auch manchen der | |
zuletzt eingereichten Bauanträge drohen. | |
Eine weitere Hürde folgt nach erfolgreicher Genehmigung: Das Projekt muss | |
in der Ausschreibung [3][nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz] einen | |
Zuschlag erhalten. Ohne die damit garantierte Vergütung investiert niemand | |
in Windkraftanlagen an Land. Dank der aktuellen Gesetzeslage können sogar | |
relativ windschwache Standorte bei den Ausschreibungen erfolgreich sein, | |
weil sie bei der Vergütungshöhe mit einem Korrekturfaktor von bis zu 1,55 | |
bedacht werden. So können Windkraftanlagen an schwachen Standorten derzeit | |
auf Vergütungen von gut 11 Cent je Kilowattstunde kommen. Eine Änderung des | |
Systems bei der nächsten Novellierung des EEG wäre ein weiteres Risiko für | |
den Südwesten. | |
## Zuschlag keine Formsache mehr | |
Lange Zeit war bei Ausschreibungen der Zuschlag für die Teilnehmer nur eine | |
Formsache, weil alle eingereichten Projekte zum Zuge kamen. Die jüngsten | |
vier Ausschreibungen jedoch waren jeweils überzeichnet. So bekamen bei der | |
Runde im Mai nur 69 Prozent der Anlagen einen Zuschlag. Folglich dürften | |
auch auf diesem Weg noch einige der zuletzt beantragten Projekte scheitern. | |
Selbst ein erfolgter Zuschlag bedeutet nicht unbedingt, dass die | |
betreffende Anlage tatsächlich realisiert wird. Wie Zahlen der Fachagentur | |
Wind und Solar zeigen, blieben 11 Prozent der Projekte auch nach | |
erfolgreicher Teilnahme an der EEG-Ausschreibung auf der Strecke. Die | |
Gründe dafür können vielfältig sein, zum Beispiel können gestiegene | |
Anlagenpreise ein Projekt auf den letzten Metern noch stoppen. | |
Aber selbst wenn von den gut 1.100 zuletzt neu beantragten Anlagen | |
Baden-Württembergs im Verfahren viele auf der Strecke bleiben sollten, | |
könnte der Zubau im Vergleich zu den jüngsten Zahlen deutlich anziehen. | |
Schließlich wurden im ersten Halbjahr im Ländle nur 13 neue Anlagen | |
errichtet, während zugleich 5 alte Anlagen nach durchschnittlich 21 | |
Betriebsjahren stillgelegt wurden. Allerdings stellt sich der | |
Leistungszubau günstiger dar, als es die schlichte Anlagenzahl erscheinen | |
lässt: Einem Rückbau von etwa 9 Megawatt stand immerhin ein Zubau von 53 | |
Megawatt gegenüber. | |
24 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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