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# taz.de -- Windkraft im Wendland: Wo sich der Widerstand dreht
> Windkraft finden die Menschen auch im Wendland prinzipiell gut. Windräder
> aber möchten viele in der Heimat des Atomprotestes trotzdem nicht haben.
> Und nun?
Bild: Noch dreht sich hier nichts: Ausblick vom Hohen Mechtin, dem höchsten Pu…
Leo Aghte kann sehr schön schwärmen vom Wendland. Vor etwas mehr als sieben
Jahren ist er mit seiner Frau und dem gemeinsamen Kind hierher gezogen.
Seither werkeln die beiden an ihrem Fachwerkhaus herum, das eigentlich
schon zum Abriss vorgesehen war. Aghte macht Musik für Filme, Serien und
Werbeclips, seine Frau Nanni ist Landschaftsgärtnerin und Grafikerin. Sie
betreibt einen Onlineshop aus ihrem Wendland-Idyll mit Hühnern, Katzen und
Hund.
Fast nirgendwo in Deutschland ist man so weit von der nächsten Autobahn
entfernt. Die sandigen Böden sind landwirtschaftlich schwer zu
bewirtschaften, nicht besonders fruchtbar, chronisch zu trocken. Es habe
eben, glaubt der Musiker, schon diese eigensinnigen Wenden mit ihrer
kollektiven, kooperativen Arbeitsweise gebraucht, um dem etwas abzuringen.
Aber vielleicht ist das auch ein Mythos.
Wirklich viel weiß man ja in Wirklichkeit nicht über die Sozialstruktur
dieser slawischen Stämme, aber ihre berühmten Rundlingsdörfer finden sich
heute noch in der Struktur vieler Orte hier wieder. Geblieben sind die oft
slawisch klingenden Ortsnamen – und natürlich die Bezeichnung „Wendland“
für den Landkreis Lüchow-Dannenberg.
Der eigentliche Legendenlieferant ist natürlich auch viel jünger als die
Erinnerung an die Zeit der Slawen: die Anti-Atomkraft-Bewegung. Seit den
1980er Jahren prägt sie die Gegend nachhaltig. Damals hatte die Politik
hier die Rechnung schon einmal ohne den Wirt gemacht: Man glaubte, in
diesem dünn besiedelten, strukturschwachen Zonenrandgebiet voller
CDU-Wähler würde es keinen nennenswerten Widerstand geben, und siedelte
gleich mehrere [1][Atommüllanlagen in Gorleben] an.
Doch die Proteste entstanden prompt und hielten sich hartnäckig. Vielleicht
auch, weil hier eine Reihe von ganz eigenen Allianzen entstanden:
zugereiste Linke und Aussteiger aller Art im Verbund mit konservativen
Bauern und adeligen Waldbesitzern.
## Die kulturelle Landpartie
Bis heute lockt die [2][„Kulturelle Landpartie“] an den zwölf Tagen von
Himmelfahrt bis Pfingsten zehntausende von Besuchern an. Und dieses
Festival voller offener Ateliers und Höfe, mit Ausstellungen, Lesungen,
Konzerten (und zunehmend auch wieder politischen Debatten) hat dafür
gesorgt, dass die Dichte an Kunst- und Kulturschaffenden hier höher ist als
sonst irgendwo auf dem Land. Sie sind einfach hängen geblieben. Kaum jemand
kennt diese Geschichte so gut wie Wolfgang Ehmke. Er ist in der Gegend
geboren und nur zum Studieren weggewesen – vor allem aber ist er seit
Jahrzehnten [3][das Gesicht und die Stimme der „Bürgerinitiative
Umweltschutz Lüchow-Dannenberg“] und Chronist des Gorlebener Widerstandes.
An einem sonnigen Nachmittag im April stapft er mit entschiedenen Schritten
durch den Wald nahe seinem Haus. „Tadaa!“, macht er plötzlich, „der Bree…
Grund.“ Vor uns tut sich eine entzückende Heidelandschaft auf, mitten in
der Göhrde, dem größten zusammenhängenden Mischwaldgebiet Norddeutschlands.
Verwunschen aussehende knorrige uralte Traubeneichen und Birken stehen in
der offenen Landschaft herum, manchmal trifft man hier auch auf eine
Schafherde, die den ehemaligen Hutewald durch Beweidung erhalten soll.
Früher sollen hier Könige und der Kaiser gejagt haben. „Und da“, sagt Ehm…
und zeigt auf die Anhöhe links von uns, „da sollen sich dann Windräder
drehen.“
Für Wolfgang Ehmke ist das ein Dilemma. Denn natürlich war man in der
Bürgerinitiative immer für Windkraft. Er kramt sogar noch einmal das
Gründungsmanifest „Gorleben soll leben“ von 1977 raus. Da steht sie doch
schon drin, die Forderung nach regenerativen Energien – inklusive
Windrädern. Auch in der legendären „[4][Republik Freies Wendland]“, dem
Protestdorf mitten im Wald, drehte sich eines.
„Ich habe nichts gegen Windkraft, ganz bestimmt nicht“, sagt Ehmke. Nicht
mal gegen die Windräder, die sich bald in Sichtweite seines Hauses drehen
sollen. „Aber es gibt eben Stellen, an denen man sich schon fragt, ob das
jetzt wirklich sein muss.“ In dieser einmaligen Landschaft etwa, mitten im
Naturpark. Das, betont er, sagt er jetzt nicht im Namen der BI, sondern als
Privatperson. „Die BI würde es zerreißen, wenn wir uns in dieser Frage
positionieren müssten.“
Neben Ehmke stehen Leo Aghte und Matthias Kritz und nicken. Sie haben bei
Ehmke Rat gesucht, weil sie selbst eine Bürgerinitiative gegründet haben:
die BI Windkraft Zernien. Und auch die beiden sagen: Wir sind nicht gegen
Windkraft. Aber … nicht hier und nicht so.
Aber: Sagen das nicht alle Nimbys? Das Problem, das mit diesem englischen
Begriff beschrieben wird, „Not in my backyard“, Nimby, taucht gerade an
vielen Orten in Deutschland auf – gerade im Zusammenhang mit dem Ausbau der
Windenergie.
Theoretisch möchten fast alle günstige, klimafreundliche Energie ohne
geopolitische Fallstricke. Praktisch soll die aber bitte woanders
produziert werden. An fast jedem Standort finden sich mehr oder weniger
gute Gründe für ein „Hier lieber nicht“. Das war einer der Gründe, warum
der Gesetzgeber auf Bundesebene verbindliche Flächenziele vorgegeben hat –
damit sich die Last im Land halbwegs gleichmäßig verteilt.
Andererseits: Könnte es nicht tatsächlich sein, dass manche Standorte nicht
klug gewählt sind? Dass man im großen Ausbaueifer übers Ziel hinausschießt?
Überkapazitäten schafft, die man irgendwann bereuen wird?
Die Gemeinde Zernien, aus der Leo Aghte und Matthias Kritz kommen, hat ein
spezielles Problem. Zwei Flächen kommen infrage, eine im Nordosten und eine
im Südwesten. Ursprünglich waren sogar drei im Gespräch, auf der dritten
und kleinsten Fläche soll nun aber eine Freiflächen-Photovoltaikanlage
entstehen.
Bei manchen Bewohnern entsteht so das Gefühl, sie würden quasi umzingelt
von Windkraftanlagen. Auch die Größe macht ihnen Sorgen. Neue und moderne
Anlagen sind mehr als 250 Meter hoch: Höher als der Hamburger Fernsehturm,
höher als der Sendemast, der zurzeit am höchsten aus dem Ortskern ragt. Auf
den Fotomontagen, die sie für die Webseite, ihre Flugblätter und Plakate
erstellt haben, ragen die Windräder gigantisch, bedrohlich und erdrückend
über dem Ort auf.
„Kleiner geht es nicht“, erläutert Dagmar Krüger von der Juwi. Die Juwi
GmbH ist einer der Projektierer, die die Windparkplanung in dieser Gegend
maßgeblich vorantreiben. „Um die Windparks wirtschaftlich erfolgreich
betreiben zu können, müssen wir mit den modernsten und effizientesten
Anlagen planen – und die sind nun einmal so hoch.“ Mit 261 Metern plant die
Juwi derzeit.
## In der Nachbarschaft drehen sich schon die Räder
Sie verstehe durchaus, dass die Menschen hier sich ein wenig überrollt
fühlten, sagt Krüger. In den benachbarten Landkreisen hat man früher
angefangen, Anlagen zu errichten. Da hätten die Menschen mehr Gelegenheit
gehabt, Erfahrungen zu sammeln, manche Ängste hätten sich als unbegründet
herausgestellt. Hier ist lange nichts passiert und jetzt gibt es plötzlich
diesen Nachholbedarf – weil ja die vorgeschriebenen Flächenziele erfüllt
werden müssen.
Vom „Hohen Mechtin“, einem Aussichtsturm auf dem Höhenzug des Drawehn, kann
man das ziemlich genau erkennen: Da wo die Nachbarlandkreise Lüneburg und
Uelzen liegen, drehen sich am Horizont in der Ferne die Windräder – in der
unmittelbaren Umgebung nicht. Gleichzeitig gibt es in der Nähe eben große
Flächen, die von vorneherein ausgeschlossen sind: das streng geschützte
Biosphärenreservat Elbtalaue, beispielsweise. Auch das lässt die Spielräume
noch einmal schrumpfen, verringert die Zahl der Flächen, die überhaupt in
Frage kommen.
Das ist einer der Punkte, an denen die Argumentation der Bürgerinitiative
widersprüchlich wird: Zu nah an den Siedlungen sollen die Windräder nicht
stehen, im Wald aber auch nicht. In einer Gegend, die von winzigen
Kleckerdörfern geprägt ist, bleibt dann nicht mehr viel übrig.
Aber der Wald, der heilige Wald, ist natürlich ohnehin so ein Schmerzpunkt.
Einerseits gibt es auch hier Waldflächen, wo selbst der Laie schnell ahnt,
dass sich die ökologische Vielfalt wohl in ziemlich engen Grenzen halten
wird – Nadelgehölze, in die Stürme und Rodungen schon breite Schneisen
geschlagen haben.
Andererseits kritisieren auch viele Umweltschützer, dass die Waldflächen,
in denen Windkraft erlaubt werden soll, im neuen Landesraumordnungsprogramm
des Landes Niedersachsen noch einmal erheblich ausgedehnt werden sollen –
obwohl Niedersachsen ja zu den eher waldarmen Bundesländern zählt. Nun
sollen auch historische Waldstandorte nicht mehr zwangsläufig geschützt
sein – damit würden aber ihre zahlreichen Schutzfunktionen, vor allem als
natürlicher CO2-Speicher, sträflich ignoriert.
„Unserer Meinung nach gibt es hier eine Fehlsteuerung“, sagt die
BUND-Landesvorsitzende Susanne Gerstner. Weil man die Anlagen von den
Siedlungsflächen weghalten will, rückten sie immer weiter in den Wald.
Häufig sei hier auch leichter an ausreichend große, zusammenhängende
Flächen zu kommen und es gebe scheinbar weniger Nutzungskonflikte.
Eigentlich stünden die Waldbesitzer vor der Aufgabe, ihre Wälder
resilienter gegen den Klimawandel zu entwickeln. „Das steht finanziell aber
außer jeglicher Konkurrenz zu den Einnahmen durch die Errichtung von
Windrädern.“
## Das Beste für die Gemeinde
Na ja, sagt der Bürgermeister von Zernien, Carsten Schulz (CDU), so richtig
begeistert ist er davon ja auch nicht. Aber er betrachtet es eben als
seinen Job, das Beste für seine Gemeinde herauszuholen. Und da sehe das nun
einmal so aus: Wenn der Gemeinderat jetzt proaktiv eine entsprechende
Änderung des Flächennutzungsplanes vorantreibe, dann hätte man auch noch
halbwegs in der Hand, wo diese Windräder stünden. Sonst wären bald andere
am Zug.
Und finanziell hängt daran für die Gemeinde so einiges. Seit 2023 empfiehlt
das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine finanzielle Beteiligung der
betroffenen Gemeinden, Niedersachsen hat die Akzeptanzabgabe 2024 zur
Pflicht gemacht. Es ist wahrscheinlich einer der effektivsten Hebel zum
Windenergieausbau. Denn für die chronisch klammen Kommunen ist das sehr
verlockend, auf bis zu 20.000 Euro pro Windrad werden die zusätzlichen
jährlichen Einnahmen geschätzt.
„Wir müssen immer höhere Abgaben an die Samtgemeinde und den Landkreis
zahlen – da bleibt bald gerade noch genug übrig, um ein paar Schlaglöcher
zu flicken, mehr aber auch nicht“, sagt Schulz. Wenn sich die Gemeinde
überhaupt noch etwas leisten will, was über die absoluten Pflichtausgaben
hinausgeht – zum Beispiel die Zuschüsse fürs Waldbad, die Vereine oder auch
für ein Ärztehaus –, dann ginge das nur so.
Deshalb versucht er weiter für die Sache zu werben – unterbricht
bereitwillig die überfüllte Gemeinderatssitzung, um die protestierenden
Bürger und Bürgerinnen zu Wort kommen zu lassen, stiefelt zu den von der BI
veranstalteten Informationsveranstaltungen, um seinen Standpunkt zu
verteidigen. Aber ohne dem Mann mit dem kurz geschorenem Resthaar und
akkurat gebügeltem Hemd zu nahe treten zu wollen: Ein geborener
Menschenfänger ist der ehrenamtliche Bürgermeister eben auch nicht. Sein
Ton klingt oft eher knurrig, und überhaupt findet er, diese ganze Debatte
werde auch viel zu emotional geführt.
## Unterschiedliche Interessenlagen
Aus seiner Sicht zeigt sich hier deutlich eine unterschiedliche
Interessenlage: Auf der einen Seite diejenigen, die hier schon lange
ansässig seien und ein vitales Interesse daran hätten, dass eine gewisse
Infrastruktur erhalten bleibt. Und auf der anderen Seite diejenigen, die
sich hier eine Art Ruhesitz auf dem Land gegönnt hätten und vor allem
möglichst viel unberührte Natur genießen wollten. Aber gut, diesen Satz
„Wir sind hier eben nicht in Taka-Tuka-Land“, den hätte er vielleicht
lieber nicht sagen sollen, gibt Schulz im Gespräch mit der taz zu.
Es ist nicht der einzige Satz, den ihm die Windparkgegner übel genommen
haben. Viele von ihnen sind Freiberufler, haben sich ein Haus gekauft – und
natürlich auch ein Interesse daran, dass es hier noch einen Arzt, ein
Schwimmbad oder sonstige Infrastruktur gibt. Immerhin ziehen manche hier ja
auch ihre Kinder groß. Die beiden BI-Gründer organisieren zum Beispiel
schon seit Jahren die Band-AG an der Grundschule.
Aber auch sie unterstellen der Gegenseite gern das ein oder andere. Eine
„Goldgräberstimmung“ beispielsweise. Sie glauben, dass bei der Entscheidung
des Gemeinderates auch die finanziellen Interessen der Flächenverpächter
eine ziemlich große Rolle gespielt haben. Dagegen haben – unabhängig von
der BI – etliche Bürger protestiert, der Bürgermeister sah sich deshalb
genötigt, die Abstimmung zu wiederholen. Bei der zweiten Abstimmung gab es
drei Enthaltungen, die es bei der ersten nicht gab. Das waren die drei
Landwirte, die unmittelbar profitieren würden.
Von Hinterzimmerpolitik ist da schnell die Rede, immerhin besteht der
Gemeinderat ausschließlich aus Herren, überwiegend älteren Semesters, die
hier schon lange ansässig sind und sich sehr lange kennen.
Das, argumentieren diese nun wiederum, sei ja aber nicht ihre Schuld. Von
den Zugezogenen hätten sich eben bisher selten Leute in die Sitzungen
verirrt, geschweige denn bei der Kommunalwahl kandidiert. Und im
Hinterzimmer ausgekungelt werde hier gar nichts: Die Tagesordnungen seien
ja für jedermann einsehbar. „Ich bin es leid, mich hier ständig als dumm
und korrupt bezeichnen lassen zu müssen“, poltert einer der Ratsherren in
Zernien.
Da treffen Welten aufeinander: Auf der einen Seite diejenigen, die in der
Lokalzeitung auch zwischen den Zeilen lesen. Auf der anderen Seite
diejenigen, die erst vor ein paar Monaten zum ersten Mal überhaupt von den
Windparkplänen gehört haben, weil eine engagierte Nachbarin losgezogen ist
und selbstgemachte Flugblätter in jeden Briefkasten geworfen hat.
Mittlerweile sind sie in einer riesigen Whatsapp-Gruppe organisiert.
Auch in der sind sich aber längst nicht alle einig. Da tummeln sich
Menschen, die sich Sorgen um den Wert ihrer Immobilie machen, neben
solchen, die Windräder aus ästhetischen Gründen ablehnen. Die einen
fürchten um die Tierwelt, die anderen um ihre eigene Gesundheit. Man hat
Angst vor Infraschall und Lärm, vor Schattenschlag und nächtlicher
Beleuchtung, vor dem Abrieb der Rotorblätter, vor Eiszapfen, vor
Waldbränden.
Es sind die üblichen Argumente gegen die Windkraft. In den allermeisten
Fällen haben Gesetzgeber und Windparkbetreiber darauf längst reagiert, mit
umwelt- und immissionsrechtlichen Vorgaben, Abschaltautomatiken und
Ähnlichem.
Aber am Ende ist es eben vor allem eine Haltungsfrage. Was will man in Kauf
nehmen, um den Klimawandel aufzuhalten und sauberen Strom zu gewinnen?
Die einen versuchen, die finanziellen Vorteile kleinzurechnen und dafür die
Anzahl der Anlagen hoch. Manche zweifeln am Klimawandel, die nächsten
daran, dass der Strombedarf tatsächlich so hoch ist und weiter steigt.
Ständig schwankt die Debatte zwischen Polarisierung und Differenzierung,
zwischen Konfrontation und Kompromiss.
Am Anfang überlegte man noch, ob es möglicherweise Kompromissvorschläge
geben könnte: Weniger Anlagen, kleinere Anlagen, nur an bestimmten Stellen.
Manche Mitstreiter gingen deshalb von der Fahne. „Nullprozenter“ nennen Leo
Aghte und Matthias Kritz die.
## Verschiedene Planungsebenen
Was ebenfalls zum Misstrauen beiträgt, ist das Nebeneinander der
verschiedenen Planungsebenen. Da sind die Gemeinden und die Samtgemeinde,
die versuchen, über die sogenannte Gemeindeöffnungsklausel und über
einzelne Änderungen der Flächennutzungspläne Flächen für Windparks
auszuweisen – weil sie ihr Stück vom Kuchen wollen und nur so den Daumen
drauf haben.
Und dann ist da der Landkreis, der an seinem Regionalen Raumordnungsplan
(RROP) feilt, in dem auch die Vorrangflächen für Windkraft definiert
werden. Die stimmen nicht immer überein mit den Flächen, die von den
Gemeinden angepeilt werden. Das war vom Gesetzgeber so gewollt: Man wollte,
dass die Gemeinden endlich aktiv werden, sich nicht länger wegducken und
hoffen, dass sich irgendwer anders den Ärger einhandelt.
Gleichzeitig ist der Landkreis verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die
Flächenziele erreicht werden, und die sind mit Fristen versehen. Im Fall
Lüchow-Dannenberg sind das 2,24 Prozent der Landkreisfläche bis 2027 und
2,89 Prozent bis 2032. Wenn der Kreis diese Fristen reißt, greifen die
Bestimmungen zur Privilegierung der Windkraft im Außenbereich. Dann können
überall Windräder beantragt werden und müssen bevorzugt genehmigt werden –
vorausgesetzt, sie bestehen das sonstige immissionsschutzrechtliche
Genehmigungsverfahren und erhalten den Zuschlag von der
Bundesnetzagentur.
Die Leute aus der Bürgerinitiativ Windkraft Zernien tröstet das aber wenig.
Sie haben das Gefühl, wenn sich dieses Räderwerk einmal in Bewegung setzt,
dann kennt es nur noch eine Richtung. Also protestieren sie in den
Gemeinderatssitzungen, schreiben Leserbriefe, schalten die Kommunalaufsicht
ein, verfassen Stellungnahmen zum RROP und vernetzen sich mit anderen
Bürgerinitiativen, die in der Umgebung überall entstanden sind. Viele
Würfel sind mittlerweile gefallen: Gemeinderäte haben entschieden, die
Fristen im öffentlichen Beteiligungsverfahren zum RROP sind abgelaufen.
Und dann wird es eben doch grundsätzlicher: Auf der Webseite fordert die BI
Zernien jetzt die Abschaffung der Flächenziele. Das klingt dann allerdings
doch schon schwer nach: Lieber keine Windkraft im Wendland.
7 Jul 2025
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Nadine Conti
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