| # taz.de -- Theatermacher über ihr Stück: „Der oppositionelle Geist ist nac… | |
| > Das Kollektiv „Dritte Degeneration Ost“ fragt, wie man das System | |
| > aufbricht und inszeniert in „Oper Otze Axt“ den Machtkampf zwischen Punk | |
| > und Oper. | |
| Bild: Bei „Oper Otze Axt“ kämpft Oper gegen Punk oder andersrum: Hier im M… | |
| taz: Frau Dins, Herr Gawenda, ist das Stück „Oper Otze Axt“ eine Oper, ja | |
| oder nein? | |
| Romy Dins: Eine sehr gute Frage, die wir an dem Abend auch auf den | |
| Prüfstein stellen. | |
| taz: Inwiefern? | |
| Dins: Wir arbeiten ganz klar mit klassischen Elementen der Oper: Wir haben | |
| ein Orchester, wir haben Opernstimmen, wir haben auch so etwas wie Arien. | |
| Aber es ist eher ein performativer Zugang. Wenn wir ein Orchester haben, | |
| heißt das nicht nur, dass es, wie das Opernpublikum gewohnt ist, eben ein | |
| Orchester ist, sondern es hat etwas mit Macht zu tun. Aber es gibt eben | |
| auch das Punkige, das versucht, daraus auszubrechen. Im Mittelteil | |
| verbeißen sie sich ineinander und führen einen Kampf. | |
| taz: In „Oper Otze Axt“, das jetzt in Bremen auf die Bühne kommt, geht es | |
| um das Leben von [1][Dieter „Otze“ Ehrlich, dem Sänger und Schlagzeuger | |
| von Schleimkeim], einer wichtigen Punkband der DDR. Welche Rolle spielt | |
| die deutsche Teilung eigentlich für ihr Stück? | |
| Frithjof Gawenda: Wir denken, in diesem Sujet stecken die unbeantwortbaren | |
| Fragen oder die Antworten zu den unbeantwortbaren Fragen, die sich auch in | |
| der aktuellen politischen Situation mit den Wahlerfolgen der AfD | |
| widerspiegeln. | |
| taz: Was hat eine Figur wie „Otze“ Ehrlich damit zu tun? | |
| Gawenda: Ich glaube, ganz viel. Zumindest was die Transformationsdebatte | |
| angeht. Weil er zu DDR-Zeiten sehr oppositionell war und weil dieser | |
| oppositionelle Geist nach der Wende geblieben ist. [2][Er hat seinen Vater | |
| umgebracht]. Andere wählen jetzt die AfD. | |
| taz: Wo ist da der Zusammenhang? | |
| Gawenda: Ich glaube, der Rechtsruck im Osten hat auch damit zu tun, dass | |
| die Leute, die jetzt 60 sind, zu Wendezeiten Anfang 20 waren und in ihrer | |
| Jugend gelernt haben, oppositionell zu denken. Und dann haben sie gemerkt: | |
| Das Versprechen hat sich nicht eingelöst. Letztlich ist die BRD ein | |
| Verwaltungsapparat, man ist vom Staat abhängig und muss sich entsprechend | |
| verhalten. | |
| taz: Den eigenen Vater, wie Ehrlich, mit der Axt zu erschlagen und die AfD | |
| zu wählen sind aber schon zwei sehr verschiedene Reaktionen… | |
| Gawenda: Aber beides hat mit Wut zu tun. | |
| taz: Die [3][Wut im Punk] ist heute auch eine etablierte Form, aber doch | |
| anders als Oper. Wie geht das zusammen? | |
| Gawenda: Wer ein Punkkonzert sehen will, wird enttäuscht. Genau wie die, | |
| die eine durchkomponierte klassische Oper möchten. Es geht um die Elemente | |
| zueinander in diesem Machtkampf. | |
| Dins: Wir haben eine Knastszene, wo es um staatliche Macht geht, und da | |
| gibt es diese Perlen der Oper, die aber auch für staatliche Unterdrückung | |
| stehen. Und es gibt kurze Punksongs. Das sind Momente, in denen „Otze“ | |
| selber entscheidet. Das ist wie eine kurze Erleichterung oder ein kurzes | |
| Anspannen, dann wird wieder ausgehandelt. | |
| taz: Sie haben „Oper Otze Axt“ schon in Gelsenkirchen und Darmstadt | |
| aufgeführt. Kommen auch Punks in die Vorstellungen? | |
| Dins: Ja, denen hat es auch gefallen. Auch die Punksongs kamen sehr gut an, | |
| die Leute dachten sogar teilweise, es seien echte Schleimkeim-Songs, was | |
| nicht der Fall ist. | |
| taz: Sie haben gar keine Schleimkeim-Songs? | |
| Dins: Nein, wir haben manchmal kleine Versatzstücke aus den Texten von | |
| Schleimkeim reingeschrieben. Unser Anspruch war, dass die Punksongs aus den | |
| Momenten heraus geschrieben werden. Die Songs sind von Mathias Baresel aus | |
| unserem Kollektiv, der bei uns der „Haupt-Otze“ ist. Und das Ensemble lernt | |
| immer wieder neu an den Instrumenten. Das ist ein kleiner Zauber, der dem | |
| Unterfangen innewohnt, dass es immer wieder gelingt, das Opernensemble | |
| kurzzeitig in Punks zu verwandeln. | |
| 3 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Schnell | |
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