# taz.de -- Widerstand gegen Kürzungspolitik: Wo der Frosch die Locken hat | |
> Neuköllns Stadträtin Sarah Nagel (Linke) droht damit, Kürzungen im | |
> Jugendbereich nicht umzusetzen. So will sie Druck auf den Senat aufbauen. | |
Bild: Die Jugendclubs – hier der Frosch vor dem Eingang zur „Manege“ – … | |
Berlin taz | Überall in Berlin herrscht das große Zittern, wo der | |
Sparhammer bald wieder zuschlagen wird. Die Verhandlungen über den nächsten | |
Doppelhaushalt 2026/27 [1][sind in vollem Gang] und schon jetzt ist klar, | |
dass es vor allem für den Sozial- und Bildungsbereich düster aussieht. | |
Die Neuköllner Jugendstadträtin Sarah Nagel (Linke) hat nun angekündigt, | |
Sparmaßnahmen in ihrem Bereich nicht mitzutragen. Mehr als 2 Millionen Euro | |
pro Jahr solle sie weniger ausgeben, real fehlten ihr rund 1,6 Millionen in | |
2026 und etwa 1,8 Millionen in 2027, erklärte sie am Mittwoch der taz. | |
„Ohne Schließung von Einrichtungen, etwa Jugendclubs, Familienzentren oder | |
Schulsozialstationen, ist das nicht möglich. Aber das mache ich nicht.“ | |
Vorige Woche hatte das Neuköllner Bezirksamt erklärt, dass dem Bezirk pro | |
Haushaltsjahr etwa 20 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen als zur | |
Aufrechterhaltung der derzeit erbrachten Leistungen benötigt wird. Alle | |
Ämter und Geschäftsbereiche seien daher aufgerufen, effizienter zu arbeiten | |
und alle „steuerbaren Ausgaben auf ihre unbedingte Erforderlichkeit hin zu | |
überprüfen“. | |
Dabei geht es vor allem um sogenannte freiwillige soziale Leistungen – bei | |
staatlichen Pflichtaufgaben kann nicht gekürzt werden. Infrage kommen daher | |
vor allem Angebote der Kinder- und Jugendarbeit – Nagels Bereich – sowie | |
Spiel- und Sportangebote im öffentlichen Raum oder auch die Pflege von | |
Grünanlagen. | |
## Nagel hat einfach den vollen Bedarf angemeldet | |
Das Bezirksamt hatte am 10. Juni die Eckwerte für den neuen Doppelhaushalt | |
beschlossen und damit die vom Senat zugewiesene Globalsumme für Neukölln | |
auf die einzelnen Geschäftsbereiche und Ämter verteilt. „Wir Stadträte | |
sollen nun vorschlagen, wo diese Minderausgaben stattfinden sollen“, | |
erklärt Nagel. Dem habe sie sich jedoch verweigert und im Plan „die vollen | |
Bedarfe angegeben“. | |
Was ihre Weigerung letztlich für Konsequenzen hat, ließ Nagel offen. | |
Hermann Nehls, Sprecher der Neuköllner Linken, stellte sich hinter die | |
Stadträtin. Der CDU-SPD-Senat spare die Bezirke kaputt, das treffe Neukölln | |
als Bezirk mit viel Armut besonders hart. „Wir fordern vom Senat eine | |
ausreichende Finanzierung der Bezirke und ihrer wichtigen sozialen | |
Angebote“, sagte er. | |
## Druck hatte schon einmal Erfolg | |
Vor zwei Jahren, als es um den Doppelhaushalt 2024/25 ging, hatte Neuköllns | |
Bürgermeister Martin Hikel (SPD) selber [2][mit einer Sparliste öffentlich | |
gemacht], welche Angebote gestrichen werden müssten, wenn der Senat nicht | |
deutlich mehr Geld gibt. Andere Bezirke hatten sich der Warnung vor einem | |
sozialen Kahlschlag angeschlossen. Am Ende [3][gab es 100 Millionen Euro | |
für alle Bezirke mehr], gefordert hatten sie 250 Millionen. | |
So wurde letztlich weniger gespart als geplant, auch weil viele | |
Senatsverwaltungen einen Nachschlag bekamen. Schon da kam die Befürchtung | |
auf, dass der nächste Doppelhaushalt wirklich ein Sparhaushalt wird. | |
Auch Nagel ahnt, „dass das Land heute noch weniger gewillt ist, den | |
Bezirken mehr Spielraum zu geben“. Dennoch wolle sie versuchen, Druck | |
aufzubauen und die Diskussion über Kürzungen anzukurbeln. | |
Der Eckwertebeschluss und seine Folgen für Neukölln waren am Mittwochabend | |
auch Thema in der Bezirksverordnetenversammlung. Vor der Tür hatte die | |
Linke eine Kundgebung gegen das „Spardiktat des Senats“ organisiert. | |
25 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Berlins-Haushaltsmisere/!6093141 | |
[2] /Berlins-Finanzplanung-fuer-2024-und-2025/!5940369 | |
[3] /Haushaltsentwurf-fuer-Berlin/!5943504 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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