| # taz.de -- Kürzungen im Berliner Haushalt: Bezirke bangen um die Jugend | |
| > Wenn Schwarz-Rot Einschnitte im nächsten Doppelhaushalt macht, trifft das | |
| > auch die Jüngsten. In Treptow-Köpenick und Neukölln regt sich Protest. | |
| Bild: Berlins Jugend geht's ans Geld: Protest vor dem Rathaus Treptow-Köpenick | |
| Berlin taz | „Noch kürzer ist nackt“, ruft Sarah Kutscher in ein Mikrofon. | |
| Sie ist Projektleiterin am Haus der Jugend Köpenick. Zusammen mit rund 50 | |
| Mitstreiter:innen steht sie am Donnerstagnachmittag vor dem Rathaus | |
| Treptow-Köpenick, um gegen die Kürzungen bei der Jugendarbeit zu | |
| demonstrieren. Es ist schon das sechste Mal in diesem Jahr. Drinnen im | |
| Rathaus beschließt die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gerade den | |
| Haushaltsentwurf für die Jahre 2026 und 2027. | |
| 600.000 Euro weniger sollen für freie Träger zur Verfügung stehen, | |
| Familienförderung, Schulstation und politische Bildung sollen komplett | |
| zusammengestrichen werden. „Wer heute dem Haushalt zustimmt, nimmt den | |
| Jüngsten ihre Räume, ihre Chancen, ihre Zukunft“, sagt Kutscher. | |
| [1][Für Projekte wie ihren Jugendclub sieht es jetzt schon düster aus:] Der | |
| Jugendarbeit fehlt 2025 eine Viertelmillion Euro, der Jugendsozialarbeit | |
| 130.000 Euro. Nach dem Jugendförder- und beteiligungsgesetz müsste der | |
| Bezirk diesen Bedarf eigentlich finanzieren. | |
| ## Eine Frage der Prioritäten | |
| Aber Bezirke wie Treptow-Köpenick kämpfen aktuell mit ihrem Budget. | |
| [2][Nach dem aktuellem Berliner Haushaltsentwurf erhalten sie vom Senat | |
| zwar dasselbe Geld für sogenannte freiwillige soziale Leistungen, also zum | |
| Beispiel Jugendclubs, wie im vergangenen Jahr.] Nur: Die Einrichtungen | |
| haben durch die Inflation mit Mehrkosten zu kämpfen. | |
| Hinzukommt, dass der Senat die Tarifsteigerungen bei den freien Trägern | |
| nicht mehr ausfinanziert. Die Bezirke müssen also die steigenden Gehälter | |
| des Personals bezahlen, erhalten aber dafür nicht genug Geld im Ausgleich, | |
| sagen Kritiker. Sprich: Die Bezirke haben höhere Ausgaben bei gleichem | |
| Budget und sparen, wo es geht. Das können sie am schnellsten bei Projekten, | |
| deren Ausgaben befristet verbucht sind – wie Jugendclubs, Elterncafés oder | |
| Krabbelgruppen. | |
| Ist also die schwarz-rote Koalition auf Landesebene schuld? Für Kutscher | |
| ist das nicht so einfach. Der Bezirk könne ja auch bei anderen Projekten | |
| sparen – wie dem Riesenrad im Treptower Park, das aufwendig saniert werden | |
| soll. „Es ist eine Frage der Schwerpunktsetzung“, findet sie. | |
| ## Neuköllner Linkspartei entwickelt Strategiepapier | |
| Nicht nur Treptow-Köpenick hat Budgetsorgen. Das Bezirksamt Neukölln etwa | |
| geht davon aus, dass seinem Haushalt durch die Sparpolitik des Senats | |
| insgesamt etwa 20 Millionen Euro fehlen. Am 29. September will die dortige | |
| BVV über den Haushaltsplanentwurf für 2026 und 2027 abstimmen. Eine halbe | |
| Million Euro fehlen nach Angabe der Linkspartei darin, um die bestehenden | |
| Jugendangebote zu erhalten. | |
| Deshalb lud sie am Donnerstagabend freie Träger im Bereich der Jugendarbeit | |
| zu einer „Haushaltskonferenz“ ein. Diskutiert wurde eine Strategie, wie der | |
| Neukölln das Geld doch noch zusammen kramen kann. Philipp Dehne, | |
| bildungspolitischer Sprecher der Neuköllner Linkspartei, glaubt etwa, dass | |
| der Bezirk sogenannte Verstärkungsmittel umschichten könne – Gelder, für | |
| die der Bezirk bisher nur Ideen hat, wie er sie ausgeben will. Ebensowenig | |
| konkret sei bislang, wofür Neukölln die vier Millionen ausgeben darf, die | |
| jeder Berliner Bezirk aus dem Sondervermögen des Bundes erhält. | |
| Klar sei aber: „Unsere Stimmen allein werden nicht ausreichen“, sagt Dehne. | |
| Die Linksfraktion in Neukölln stellt schließlich nur 9 von 55 | |
| Bezirksverordeneten. Deshalb will die Partei mit den Trägern gemeinsam den | |
| öffentlichen Druck erhöhen. Ein erster Schritt ist eine gemeinsame | |
| Erklärung, mit der sie ihre Strategie nächste Woche vorstellen wollen. | |
| [3][Bereits im Juni hatte Jugendstadträtin Sarah Nagel (Linke) angekündigt, | |
| Sparmaßnahmen in ihrem Bereich zu blockieren.] Am Donnerstag mahnte sie | |
| dann aber: „Nur weil ich sage, ich kürze nicht, ist nicht automatisch das | |
| Geld da.“ | |
| 19 Sep 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Moritz Tübbecke | |
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