# taz.de -- Berliner Hochschulen: Sparen teils auf Kosten der Gebäude | |
> Rund 250 Millionen Euro soll Berlin in der Wissenschaft einsparen. Die | |
> Vorgabe trifft die Universitäten in ihrer Substanz. | |
Bild: Ein Gespenst geht um in Berlin, das Gespenst der Sparpolitik | |
Der Sparhammer des Senats hat die Berliner Hochschulen hart getroffen. An | |
die 250 Millionen Euro sollen in diesem Jahr aus den Berliner | |
Wissenschaftssektor herausgespart werden. Die Universitäten und | |
Fachhochschulen werden mit 106 Millionen zur Kasse gebeten. [1][Ein | |
finanzieller Aderlass], mit dem niemand in dieser Größenordnung gerechnet | |
hatte und der Ende des vergangenen Jahres massive Proteste auslöst hatte. | |
Die Kürzungen im Haushalt würden Forschung und Lehre an der Technischen | |
Universität (TU) „schwer treffen und massiv einschränken“, erklärten die | |
Gremien der Hochschule in einer gemeinsamen Protestresolution. „Sie | |
bedrohen die Existenz unserer Universität und den Wissenschaftsstandort | |
Berlin“, heißt es darin. | |
Alle Berliner Wissenschaftseinrichtungen versammelten sich unter dem Motto | |
#SaveBrainCity zum entscheidenden Parlamentsbeschluss am 19. Dezember vor | |
dem Berliner Abgeordnetenhaus. Ohne Erfolg. Die Einsparungen – insgesamt 3 | |
Milliarden Euro bei einem Landesetat von jährlich 39 Milliarden Euro – | |
wurden vom Parlament per Nachtragshaushalt abgesegnet. | |
Jetzt müssen vor allem die Hochschulen überlegen, [2][wie sie mit der | |
Sparschraube klarkommen]. „Insgesamt reden wir von ungefähr 10 Prozent des | |
Uni-Haushaltes, die wir einsparen müssen“, erklärte TU-Präsidentin | |
Geraldine Rauch in einem Interview mit dem Wiarda-Wissenschaftsblog. „Daher | |
bereiten wir jetzt Streichlisten von Professuren vor und schauen, welche | |
Fachgebiete reduziert werden können, wo wir noch mehr Synergien mit den | |
anderen Hochschulen schaffen“. An der Freien Universität (FU) stehen 2025 | |
Einsparungen von rund 41 Millionen Euro im Raum, wie die Uni mitteilte. | |
Diese Einsparungen würden „zu 50 Prozent mit erst mal für das Jahr 2025 | |
geltenden kurzfristigen Maßnahmen und mit etwa 50 Prozent aus den Rücklagen | |
finanziert werden“, wird in einer Mitteilung der FU präzisiert. Ob noch | |
weitere Kürzungen auf die Uni zukommen, werde sich im Laufe des Jahres 2025 | |
erst zeigen. | |
## Hochschulen fühlten sich auf der sicheren Seite | |
Der Griff in die Rücklagen verringert auch die Baurücklagen der | |
Universität: Was eigentlich für die Sanierung der Gebäude vorgesehen war, | |
dient nun zur Notfinanzierung von Forschung und Lehre. | |
Dabei hatten sich gerade die Hochschulen in Berlin lange auf der sicheren | |
Seite gefühlt. Gerade waren 2024 mit dem Senat die „Hochschulverträge“ mit | |
einer Laufzeit bis 2028 abgeschlossen worden, die den acht beteiligten | |
Einrichtungen, einschließlich des Klinikums Charite, einen jährlichen | |
sogenannten „Mittelaufwuchs“ von 5 Prozent garantieren sollen. Dieser | |
Vertrag wurde nun von Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra einseitig | |
gekündigt. | |
In einer ersten Reaktion überlegten die Hochschulspitzen, mit einer Klage | |
gegen den Senat vor das Verwaltungsgericht zu ziehen. „Weder haben wir | |
Hochschulleitungen die Zeit, erneut in intensive | |
Hochschulvertragsverhandlungen einzusteigen, noch nehmen wir eine Kündigung | |
der Verträge einfach so hin“, betonte TU-Präsidentin Rauch. Zumal die | |
Verträge auch „keine Kündigungsklausel enthielten“. | |
Der Rechtswissenschaftler Thomas Schöck, der 26 Jahre als Kanzler der Uni | |
Erlangen-Nürnberg tätig war, sieht dabei für die Hochschulen gewisse | |
Chancen. Er halte es „für rechtlich schwer darstellbar“, einen vorbehaltlos | |
geschlossenen Vertrag mit dem ausdrücklichen Ziel einer Planungssicherheit, | |
„vor dem Ende seiner Laufzeit zu kündigen“, erklärte der | |
Wissenschaftsmanager auf Anfrage des Tagesspiegel. | |
## Erst mal keine Klage | |
Am vorigen Freitag berieten die Mitglieder der Landeskonferenz der | |
Rektor*innen und Präsident*innen (LKRP) unter Vorsitz der | |
Humboldt-Uni das weitere Vorgehen. Von schnellen juristischen Schritten war | |
jetzt nicht mehr die Rede. Stattdessen soll zunächst ein Gespräch | |
wahrgenommen werden, zu dem Wissenschaftssenatorin Czyborra für Ende Januar | |
in ihre Senatsverwaltung eingeladen hat. Dort soll es vor allem um die | |
„Feinverteilung“ der Spar-Auflagen gehen, denn noch steht nicht genau fest, | |
wie viel jede Einrichtung „bluten“ muss. Aber auch der weitere Umgang mit | |
den Hochschulverträgen wird auf der Agenda stehen. | |
Zu einem ersten „Pre-Test“ der Gesprächsbereitschaft in erhitzten | |
Sparzeiten wird es inoffiziell bereits nächste Woche im Lichthof der TU | |
kommen. Beim traditionellen Neujahrsempfang der Uni, dem ersten wichtigen | |
Termin des Berliner Wissenschaftsjahres, kommen dort alle Akteure von | |
„BrainCity“ zusammen: Politiker, Wissenschaftler und auch wirtschaftliche | |
Kooperationspartner. Das Hauptthema des Meetings ist jedenfalls gesetzt: | |
[3][Sparen, bis es quietscht] – wie es ein früherer Regierender | |
Bürgermeister einmal formulierte. | |
9 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Kuerzungsplaene-in-Berlin/!6024009 | |
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## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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