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# taz.de -- Deutscher Mietertag: „Wohnen ist ein Armutsrisiko“
> Immer mehr Menschen sind mit den Mietkosten überlastet, sagt
> Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. Es brauche dringend einen
> Kurswechsel.
Bild: Hauswand in Berlin
Berlin taz | Wenn der Präsident des deutschen Mieterbunds auf die
Wohnungspolitik der letzten zwei Jahrzehnte zurückschaut, kann er nur die
Schulnote mangelhaft vergeben. Wohnen sei nicht bezahlbarer geworden, im
Gegenteil. „Die Situation hat sich verschärft“, sagt Lukas Siebenkotten im
Vorfeld des 71. Deutschen Mietertages, der von Donnerstag bis Samstag in
Rostock-Warnemünde stattfindet.
Jeder dritte Mieterhaushalt sei mittlerweile mit Wohnkosten überlastet. 3,1
Millionen Haushalte geben sogar mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für
die Miete aus. „Wohnen ist für viele Menschen im Jahr 2025 zum Armutsrisiko
geworden“, sagt Siebenkotten.
Auf dem Mietertag wollen rund 400 Delegierte diskutieren, wie ein
wohnungspolitischer Kurswechsel gelingen kann. Auch die [1][neue
Bauministerin, Verena Hubertz] (SPD), und der Präsident des Deutschen
Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, werden am
Freitag erwartet. Inhaltliche Schwerpunkte sind die Mietenbegrenzung, der
Bau und Erhalt bezahlbaren Wohnraums sowie klimagerechtes Wohnen.
Es reiche nicht, nur [2][die Mietpreisbremse zu verlängern], wie es der
Bundestag am Donnerstag beschließt, sagt Siebenkotten. Man müsse sie auch
verbessern und sich mit den Ausnahmen befassen. Zudem brauche es auch
bessere Regelungen für bestehende Mietverhältnisse.
Momentan dürfen Mieten, die noch unter der ortsüblichen Vergleichsmiete
liegen, in einem angespannten Wohnungsmarkt um 15 Prozent in 3 Jahren
steigen. Siebenkotten fordert: In der derzeitigen Lage sollte es
Vermieter:innen gar nicht möglich sein, die Miete zu erhöhen oder
höchstens um 1 bis 2 Prozent – so lange, bis mehr bezahlbare Wohnungen
vorhanden sind.
Doch so weit wird die jetzige Regierung nicht gehen. Schwarz-Rot will
zunächst eine Expertengruppe aus Mieter- und Vermieterorganisationen
einsetzen, die sich mit möglichen Verbesserungen der Bremse befassen soll
und berät, wie etwa mit möbliertem Wohnraum, Indexmieten oder Mietwucher
umgegangen werden soll. Ein Ergebnis soll erst Ende 2026 präsentiert
werden. „Das kommt uns wie eine Verzögerung vor“, sagt Siebenkotten.
Wichtig für die Zukunft sei auch der Bau bezahlbarer Wohnungen, sagt die
Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbunds, Melanie Weber-Moritz. Dafür
brauche es unter anderem eine [3][Stärkung der neuen Wohngemeinnützigkeit],
die nichtprofitorientierte Akteure unterstützen soll. Bis 2030 sollte die
Zahl der Sozialwohnungen auf 2 Millionen erhöht werden – was in etwa einer
Verdoppelung entspricht. Daneben brauche es pro Jahr 60.000 neue
Mietwohnungen, die auch für Normalverdienende erschwinglich sind.
2025 stellt der Bund 3,5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau
bereit. Diese Mittel werden in den kommenden Jahren schrittweise erhöht.
Die Regierung bezeichnet das als Rekordsumme. Für den Mieterbund ist es zu
wenig. „Nötig sind aus unserer Sicht 12,5 Milliarden pro Jahr“, sagt
Weber-Moritz. Eine weitere Herausforderung sei die Sanierung alter Gebäude.
Über die Hälfte der 21 Millionen Mieterhaushalte gehöre zum unterem
Einkommensdrittel. Die Menschen lebten häufig in schlecht gedämmten
Häusern. Die Wärmewende müsse sozial und bezahlbar gestaltet werden.
26 Jun 2025
## LINKS
[1] /Wohnungsbau-in-Deutschland/!6091610
[2] /Mietanstieg-begrenzen/!6088587
[3] /Neue-Wohngemeinnuetzigkeit/!6043736
## AUTOREN
Jasmin Kalarickal
## TAGS
Mieten
Deutscher Mieterbund
Mietpreisbremse
Schwerpunkt Klimawandel
Bauministerium
Wohnen
Neue Bundesregierung
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Ausbildung
Wohnen
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