| # taz.de -- Bauministerin Verena Hubertz: Bauen first, Bedenken second | |
| > Die neue Bauministerin war früher Unternehmerin. Sie setzt auf Tempo, vor | |
| > allem bei den Genehmigungsverfahren. Das soll die anfallenden Kosten | |
| > halbieren. | |
| Bild: Verena Hubertz mit Lars Klingbeil geben auf einer Berliner Bauerstelle ei… | |
| Zügig geht Verena Hubertz, gekleidet in weißer Bluse und Jackett, in | |
| Richtung Baustelle. Hinter ihr stehen Gerüste, über ihr schweben Kräne, nur | |
| Lärm ist an diesem Tag Mitte Juni keiner zu hören. Die perfekte Kulisse in | |
| Berlin-Mitte für eine Bauministerin, um Neuigkeiten kundzutun. „Wir zünden | |
| heute den Bauturbo“, sagt Hubertz freudig ins Mikrofon. Kurz vorher hat das | |
| Bundeskabinett ihren Gesetzentwurf beschlossen, der das Bauen beschleunigen | |
| soll. Offiziell trägt das Gesetz einen komplizierten Namen, aber es | |
| kursiert jetzt [1][unter dem Namen „Bauturbo]“ – und vielleicht erzählt … | |
| auch schon einiges über die neue Bundesbauministerin von der SPD. | |
| Verena Hubertz verliert sich nicht in verschachtelten Sätzen. Sie bricht | |
| komplizierte Dinge runter. In kurzen Videos [2][auf Instagram] gibt sie | |
| Einblicke in ihren Arbeitsalltag. Häufig erfährt man dabei auch persönliche | |
| Dinge: dass sie Fan des 1. FC Kaiserslautern ist, Kaffee aus ihrer | |
| Trier-Tasse mit Regenbogen trinkt und gerne Coldplay hört. Aber Hubertz | |
| kann auch zugeknöpft: In einem [3][Interview mit dem Spiegel ] sagt sie, | |
| dass sie zur Miete wohnt, aber auch Vermieterin ist – welche Preise sie | |
| verlangt, will sie nicht verraten. | |
| Auf der Berliner Baustelle erklärt Verena Hubertz, dass man nun künftig | |
| schneller bauen könne. Oder aufstocken und nachverdichten. „Wie hier, da | |
| war mal mein Parkplatz, und jetzt entsteht hier ein richtiges | |
| Stadtquartier“, sagt sie. Auf den Zwischenruf einer Anwohnerin, dass dort | |
| auch Bäume standen, reagiert sie nicht. Vielleicht hat sie es nicht gehört. | |
| Umweltverbände und Opposition befürchten jedenfalls, dass mit dem neuen | |
| Gesetz wahllos drauflos gebaut wird. Weniger Umweltprüfung, weniger | |
| Lärmschutz, weniger Bürgerbeteiligung, unbedachtere Flächenversiegelung, | |
| ein Anheizen der Bodenspekulation. „Das bedeutet nicht, dass wir jetzt alle | |
| Regeln über die Wupper werfen“, erklärt Hubertz. | |
| ## Politik mit Schlagworten | |
| Aber man müsse Probleme „pragmatisch und schneller angehen“. Zielkonflikte, | |
| die es beim Bauen gebe, dürften „uns nicht lähmen“. Keine Zeit für | |
| Bedenken. Es brauche „Tempo, Technologie und Toleranz“. Politik mit | |
| Schlagworten. Marketingkompatibel. | |
| Das passt zur Karriere der 37-Jährigen, die noch nicht lange in der Politik | |
| ist. Die studierte Betriebswirtin gründete 2013 mit einer Kommilitonin das | |
| Start-up Kitchen Stories, eine App für Kochrezepte, die später an eine | |
| Tochterfirma von Bosch verkauft wurde. 2020 verließ Hubertz die Firma und | |
| kandidierte für den Bundestag. Mit Erfolg, 2021 holte sie das Direktmandat | |
| für ihren Wahlkreis Trier – und wurde dann Vizechefin der SPD-Fraktion. Nur | |
| ein paar Jahre später ist sie nun Bundesbauministerin. | |
| Mit diesem Posten wurde ihr eine große Aufgabe anvertraut. Sie soll dafür | |
| sorgen, dass das Wohnen wieder bezahlbar wird – in einer Zeit, in der die | |
| Zahl der Wohnungslosen steigt, Familien sich auf wenigen Quadratmetern | |
| zusammenquetschen und die Baubranche Hiobsbotschaften verkündet. Ihnen zum | |
| Trotz will Verena Hubertz, dass gebaut wird. Schnell und viel. Am liebsten | |
| mit Holz und seriell vorgefertigt. Deutschland sei nicht nur zu langsam, | |
| sondern auch zu kompliziert, gibt sie zu verstehen. Ein | |
| Genehmigungsverfahren soll künftig nicht mehr fünf Jahre, sondern nur noch | |
| zwei Monate dauern. Die Baukosten will sie halbieren. | |
| Es sind vollmundige Versprechen für eine Ministerin, die vorher noch keine | |
| Berührungspunkte mit Baupolitik hatte. Die Vorgängerregierung hatte 400.000 | |
| Wohnungen versprochen und war damit gescheitert. | |
| Inhaltlich setzt Hubertz keine völlig neuen Akzente, aber sie ist präsenter | |
| als ihre Vorgängerin. Klara Geywitz [4][galt vielen als zu blass], zu | |
| unnahbar. Hubertz wirkt dynamisch, setzt auf Emotionen. In ihrer ersten | |
| Bundestagsrede als Ministerin erzählte sie, dass ihr Vater früher als | |
| Schlosser an Baggern geschraubt habe und sie nun dafür sorgen wolle, dass | |
| „die Bagger in diesem Land wieder rollen“. Oder dass sie im Studium bei | |
| Burger King für wenig Lohn Pommes verkauft habe, um das WG-Zimmer zu | |
| bezahlen. | |
| Wohnen müsse bezahlbar bleiben für Auszubildende bis zum Rentner, findet | |
| sie. Und doch schimmert in ihren Aussagen auch immer die Unternehmerin | |
| durch, etwa wenn sie sagt: „Die Bauindustrie ist die Lokomotive unserer | |
| Wirtschaft.“ Was das für die Wohnungspolitik der kommenden Jahre heißt, | |
| wird sich noch zeigen. | |
| 5 Jul 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Wohnungsbau-in-Deutschland/!6091610 | |
| [2] https://www.instagram.com/verenahubertz/?hl=de | |
| [3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wohnung-mieten-ihre-these-von-ei… | |
| [4] /Bundesbauministerin-Klara-Geywitz/!5939857 | |
| ## AUTOREN | |
| Jasmin Kalarickal | |
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