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# taz.de -- Atomkraftwerk an der deutschen Grenze: Strahlende Pläne in Sachsen…
> Tschechien plant ein AKW mit kleinen Reaktoren nahe der deutschen Grenze.
> Das Land hat die Frist für Stellungnahmen zu den Umweltfolgen verlängert.
Bild: AKW nein danke war gestern in Tschechien
Leipzig taz | Bis zu sechs neue [1][Atom]reaktoren will das tschechische
Energieunternehmen ČEZ bauen. Sie sollen in dem Ort Tušimice im Nordwesten
des Landes entstehen – etwa 20 Kilometer Luftlinie von der Grenze zu
Deutschland entfernt. Das sächsische Erzgebirge ist in Sichtweite. Nun
läuft für das Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung an. Darüber hat
die tschechische Regierung das [2][deutsche Bundesumweltministerium im Mai
informiert].
Doch nicht nur die Regierung, auch deutsche Bürger:innen können
Stellungnahmen zu den grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen des
AKW-Vorhabens abgeben. Dafür hat das tschechische Umweltministerium extra
die Mailadresse [email protected] eingerichtet. Eine ursprüngliche
Frist bis zum 13. Juni hat Tschechien um einen Monat auf den 14. Juli
verlängert. Das bestätigte am Mittwoch eine Ministeriumssprecherin auf
taz-Anfrage. Bislang seien mehrere Dutzend Stellungnahmen eingegangen.
Laut den [3][veröffentlichten Plänen für das Atomkraftwerk] geht es um
sogenannte „Small Modular Reactors“ (SMR). Das sind kleinere Reaktoren, die
aus vorgefertigten Teilen zusammengesetzt werden. Sie enthalten weniger
Brennstoff und produzieren weniger Energie als große Reaktoren. Wohin mit
dem dabei entstehenden Atommüll – das ist trotzdem ungeklärt. Die
Entwickler:innen von SMR werben, sie seien schneller zu bauen und
sicherer. Bislang gibt es noch keine SMR in Europa.
In Tschechien lehnt nur ein kleiner Teil der Gesellschaft Atomkraftwerke
ab. Da sie kein CO2 ausstoßen, sollen sie laut dem tschechischen
Energieplan die Braunkohle ersetzen und noch vor Wind- oder
Solarkraftwerken [4][zur wichtigsten Energiequelle werden]. Teil dieser
Strategie ist das nun geplante Atomkraftwerk nahe der deutschen Grenze am
Fluss Ohře, der in die Elbe mündet. Zurzeit steht dort das Kohlekraftwerk
Tušimice, das in den nächsten Jahren abgeschaltet und abgerissen werden
soll. Der Bau des Atomkraftwerks könnte laut Plan 2034 beginnen, mit dem
Betrieb des ersten Reaktorblocks wäre ab 2038 zu rechnen.
Die genaue Anzahl der SMR-Blöcke in Tušimice steht noch nicht fest. Das
soll erst im Anschluss an die Umweltverträglichkeitsprüfung entschieden
werden, heißt es in der Bekanntmachung von ČEZ. Das Energieunternehmen gehe
von maximal sechs Blöcken und einer Höchstleitung von insgesamt 1.500 MW
aus.
Doch trotz breiter Unterstützung in Tschechien stockt der Ausbau von
Atomkraftwerken. Der Grund? Unter anderem die Kosten. So kommt etwa eine
Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme zu dem Schluss,
der Strom [5][aus Atomkraftwerken sei teurer als der etwa aus erneuerbaren]
Quellen. Analysen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung legen
das ebenfalls nahe. Neben dem Bau neuer Kraftwerke gilt deren Wartung, der
Rückbau am Ende und das ungelöste Entsorgungsproblem als kostenintensiv.
Daran ändert laut Untersuchungen auch die Entwicklung kleiner
Atomkraftwerke aus serienmäßigen Einzelteilen nichts.
Da sie kleiner sind, sei die Stromerzeugung in SMRs nochmal teurer als in
großen Anlagen. Und die kostensenkenden Skalen- und Lerneffekte der
Massenproduktion wirkten sich erst bei einer hohen Stückzahl aus. Laut
einem Gutachten des Öko-Instituts für das Bundesamt für Sicherheit der
nuklearen Entsorgung (Base) braucht es etwa 3.000 Reaktoren, bis sich die
SMR-Produktion lohne.
Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für das Kraftwerk in Tušimice ist
auch das Umweltministerium in Dresden beteiligt, weil hinter der
tschechisch-deutschen Grenze das Bundesland Sachsen liegt. Es werde im
laufenden Vorverfahren „voraussichtlich“ eine Stellungnahme abgeben, heißt
es auf Anfrage der taz.
## Viele Sachsen für Atomkraftwerk
Scharfe Kritik an den tschechischen Plänen kommt derweil von den Grünen.
Deren stellvertretender Bundesvorsitzender Heiko Knopf sagte der taz: „So
geht man nicht mit Nachbarn um.“ Ein Atomkraftwerk sei ein Risiko und wer
das an einer Grenze platziere, „will es eben doch nicht ganz selbst tragen,
sondern im Ernstfall den Schaden auf andere verteilen“, vermutet Knopf.
„Neue Atomkraftwerke sprengen überall auf der Welt den Kostenrahmen.“
Ebenfalls kritisch äußerten sich sächsische Vertreter:innen der dort
regierenden Parteien CDU und SPD: Atomenergie sei nicht zeitgemäß. Die
energiepolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Landtag, [6][Ina Klemm,
sagte dem MDR], es gebe weniger gefährliche Wege zur Energiegewinnung. Die
AfD in Sachsen zeigte sich hingegen erfreut von den Plänen.
Wie die Menschen in Sachsen zum Atomkraftwerk am Erzgebirge stehen, lässt
sich nur schwer sagen. Ein Anhaltspunkt dafür ist aber eine [7][Befragung
des Recherchenetzwerks Deutschland] von 18.000 Menschen in Sachsen kurz vor
der Bundestagswahl im Februar 2025. Demnach forderten 56 Prozent, Atomkraft
zu nutzen. Besonders viele Befragte seien „in den Landkreisen Mittelsachsen
und Görlitz sowie im südlichen Sachsen“ dafür gewesen.
5 Jun 2025
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Atomkraft/!t5007471
[2] https://www.bmuv.de/meldung/grenzueberschreitende-umweltvertraeglichkeitspr…
[3] https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/themen/energie/kernenergie/ve…
[4] /Energiepolitik-in-Tschechien/!5988761
[5] /Fragen-und-Antworten-zur-Kernkraft/!6060921
[6] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/tschechien-plan-akw-smal…
[7] https://www.lvz.de/mitteldeutschland/sachsen-im-wahl-kompass-wo-der-freista…
## AUTOREN
David Muschenich
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