# taz.de -- Jahreskongress der Energiebranche: Wirtschaftsministerin zu Besuch … | |
> Katherina Reiche kündigt bei dem Treffen der Energielobby eine schnelle | |
> Senkung der Stromsteuer an. Die EU könnte Pläne für neue Gaskraftwerke | |
> stören. | |
Bild: Die verehrte Ministerin Reiche beim Jahreskongress des Lobbyverbandes | |
Berlin taz | Die Bundesregierung will Verbraucher:innen bis zum | |
Jahresende entlasten, indem sie die Stromsteuer senkt. Das kündigte | |
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) am Mittwoch beim | |
Jahreskongress des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) | |
in Berlin an, dem wichtigsten Lobbyverband der Energiebranche. | |
Noch vor der Sommerpause sollen wichtige Vorhaben dazu ins Kabinett. Aber | |
die vorgesehene Entlastung könnte geringer ausfallen als von der Regierung | |
ursprünglich vorgesehen. | |
Die Bundesregierung will für sinkende Stromkosten sorgen, weil Energie in | |
Deutschland im internationalen Vergleich teuer ist. Das belastet | |
Unternehmen und Privathaushalte. Ein hoher Anteil der Kosten entfällt auf | |
Steuern und Abgaben. Hier will die Bundesregierung ansetzen und | |
Kund:innen bei den Netzgebühren entlasten und die Stromsteuer so weit | |
senken, wie es die EU-Vorgaben zulassen. | |
Die EU sieht vor, dass die Stromsteuer bei mindestens 0,05 Cent pro | |
Kilowattstunde liegen muss. Deutsche Verbraucher:innen zahlen zurzeit | |
mit 2,05 Cent deutlich mehr. Insgesamt sollen Verbraucher:innen um 5 | |
Cent entlastet werden. Branchenschätzungen zufolge wird das mehr als 20 | |
Milliarden Euro kosten. Die Finanzierung ist noch offen. | |
„Das darf nicht zu Lasten der Investitionen gehen“, [1][sagte | |
BDEW-Präsident Stefan Dohler.] Die vorgesehene Entlastung hält er für | |
richtig. Es sei „eine Brücke“ bis zu niedrigeren Preisen. Nach dem | |
russischen Angriff auf die Ukraine seien die Kosten für fossile Energie | |
gestiegen, gleichzeitig würden die Aufbaukosten die Erneuerbaren verteuern. | |
Die für eine Kostensenkung nötigen Maßnahmen sollen zwar vor der | |
Sommerpause ins Kabinett, bei manchen aber müssen die Beihilfe-Regeln der | |
EU beachtet werden. Die Entlastung komme, sagte Reiche. „Aber vielleicht | |
nicht in dem Ausmaß, wie man es erhofft hat.“ | |
Der Jahreskongress des Lobbyverbands ist für die neue | |
Wirtschaftsministerin, die bis zu ihrem Amtsantritt Chefin einer Tochter | |
des Energiekonzerns Eon war, vertrautes Terrain. „Vielleicht sollte ich | |
sagen: Liebe Ex-Kollegen“, begann sie ihre Rede. „Aber dann schreit | |
Lobbycontol wieder auf.“ Die Organisation Lobbycontrol kritisiert den | |
Wechsel von Reiche und anderen Manager:innen in die Regierung, weil sie | |
Interessenskonflikte fürchtet. Um Distanz bemühte sich Reiche nicht. „Mich | |
verbindet viel mit dieser Branche“, erinnerte sie ihre früheren | |
Kolleg:innnen. | |
## Bestandsaufnahme entscheidend | |
Die warten mit Spannung auf die Ergebnisse des von Reiche angekündigten | |
Monitoring für den künftigen Energiebedarf. Damit soll ermittelt werden, | |
wie hoch der Energiebedarf in Zukunft ist. Der Verband geht davon aus, dass | |
die Ergebnisse Ende August vorliegen werden. | |
Davon wird abhängen, wie unter anderem der Ausbau der erneuerbaren Energien | |
weitergeht. „Gesetzlich festgeschrieben ist, dass der Anteil der | |
Erneuerbaren 2030 bei 80 Prozent liegen muss“, sagte | |
BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae. „Die Frage ist: Was ist die | |
Bezugsgröße.“ | |
Heute liegt der Verbrauch bei rund 500 Terawattstunden im Jahr. Die | |
Ampel-Regierung ging von einem Bedarf von 750 Terawattstunden im Jahr 2030 | |
aus. Dabei setzte sie voraus, dass gesetzte Ziele wie 15 Millionen E-Autos | |
auf deutschen Straßen erreicht werden. Unklar ist, wer genau den Auftrag | |
für das Monitoring bekommen wird. „Wir werden keine Kommission einsetzen“, | |
erklärte Reiche. „Wir haben in Deutschland hervorragende Analyseinstitute.“ | |
Damit steht fest, dass die Energiebranche nicht direkt an der | |
Bestandsaufnahme beteiligt ist. | |
## EU hat Fragen zu neuen Gaskraftwerken | |
Ein weiteres Projekt der neuen Bundeswirtschaftsministerin, das ganz oben | |
auf ihrer Prioritätenliste steht: [2][der Bau neuer Gaskraftwerke.] Damit | |
soll der Kohlenausstieg abgesichert und der Ausbau der erneuerbaren | |
Energien flankiert werden. Reiche will reine Gaskraftwerke mit einer | |
Kapazität von 20 Gigawatt bauen lassen, bislang ohne die Vorgabe, dass sie | |
auf Wasserstoff umrüstbar sind. | |
Klimaschützer:innen kritisieren das Vorhaben, weil sie die Kapazitäten | |
für stark überdimensioniert halten. Sie fürchten, dass die | |
Energiewirtschaft länger als nötig an fossilem Gas festhält, wenn die | |
Kraftwerke gebaut werden. „Wir wollen Ende des Jahres zu den ersten | |
Ausschreibungen kommen“, sagte Reiche. In einem ersten Schritt sollen | |
Gaskraftwerke mit einer Leistung von fünf bis zehn Gigawatt aufgeschrieben | |
werden. | |
Ob das gelingen wird, ist offen. Die Pläne von Reiches Vorgänger Robert | |
Habeck (Grüne) hatten eine Umrüstung der Kraftwerke [3][auf Wasserstoff] in | |
weiten Teilen vorgesehen und waren mit der EU-Kommission abgestimmt. Die EU | |
ist involviert, weil der Staat den Bau der Kraftwerke mit vielen Milliarden | |
Euro anschieben wird. „Die Kommission verlangt umfangreiche | |
Begründungszusammenhänge von uns“, sagte Reiche. | |
Die Beihilferegeln der EU sind kompliziert, für reine Gaskraftwerke gelten | |
andere Bestimmungen als für wasserstofffähige. Allerdings gibt es | |
Zeitdruck, weil der Bau der Kraftwerke einige Jahre dauert. Kommen sie zu | |
spät, könnte das den Kohleausstieg gefährden, der spätestens 2038 | |
abgeschlossen sein soll. | |
4 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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