# taz.de -- Energiewende: Ministerin Reiche hat Auftrag noch immer nicht vergeb… | |
> Das Strombedarf-Monitoring verspätet sich. Die Grünen fürchten ein | |
> Abwürgen der Energiewende, wenn der künftige Bedarf heruntergerechnet | |
> wird. | |
Bild: Kann sie nicht? Oder will Katherina Reiche die Verträge nicht vergeben? | |
Berlin taz | Die erste Schlappe der [1][neuen Bundeswirtschaftsministerin | |
Katherina Reiche (CDU)] kündigt sich an: Ihr Haus hat den Auftrag für die | |
zügig geplante Bestandsaufnahme zum künftigen Strombedarf noch immer nicht | |
auf den Weg gebracht. „Der Auftrag soll möglichst zeitnah vergeben werden“, | |
sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums am Donnerstag zum | |
wiederholten Mal der taz. „Zu weiteren Details der Vergabe können wir uns | |
aktuell noch nicht äußern“, sagte er. Der ursprüngliche Zeitplan für das | |
Projekt, das entscheidend für die Zukunft der Energiewende ist, dürfte | |
inzwischen hinfällig sein. | |
Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD der Ministerin einen klaren | |
Zeitrahmen vorgegeben. „Wir werden ein Monitoring in Auftrag geben, mit dem | |
bis zur Sommerpause 2025 der zu erwartende Strombedarf sowie der Stand der | |
Versorgungssicherheit, des Netzausbaus, des Ausbaus der Erneuerbaren | |
Energien, der Digitalisierung und des Wasserstoffhochlaufs als eine | |
Grundlage der weiteren Arbeit überprüft werden“, heißt es dort. | |
Die parlamentarische Sommerpause beginnt am 11. Juli. Der Bundesverband der | |
Energie- und Wasserwirtschaft rechnet damit, dass das Ergebnis des | |
Monitorings Ende August vorliegt – was nicht der Ankündigung „vor der | |
Sommerpause“ entsprechen würde. Wenn der Auftrag nicht schnell vergeben | |
wird, was etwa bei einer Ausschreibung nicht wahrscheinlich ist, dürfte | |
auch das kaum zu erreichen sein. | |
Reiche war bis unmittelbar vor ihrem Amtsantritt Chefin des Unternehmens | |
Westenergie, einer Tochter des Energiekonzerns EON. Für das Monitoring will | |
sie keine Kommission einberufen, sondern ein Institut beauftragen, | |
[2][hatte sie vergangene Woche erklärt]. Sie könnte die Bestandsaufnahme | |
auch im eigenen Haus etwa in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur und | |
der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur erstellen lassen, vertraut aber | |
offenbar mehr auf den Blick von außen. | |
## Hochpolitische Auftragsvergabe | |
Die Entscheidung für die Auftragsvergabe ist hochpolitisch. Denn von dem | |
Monitoring-Ergebnis hängt die Zukunft der Energiewende ab. Die | |
Ampelregierung ging bei ihren Ausbauzielen für die erneuerbaren Energien | |
davon aus, dass der Jahresbedarf an Strom im Jahr 2030 750 Terawattstunden | |
beträgt. Zurzeit liegt der Verbrauch bei etwa 500 Terawattstunden. 2030 | |
sollen 80 Prozent des Strombedarfs von erneuerbaren Energien gedeckt | |
werden. | |
Sinkt der prognostizierte Bedarf – also die Bezugsgröße für die 80 Prozent | |
–, steht der zügige weitere Ausbau der Wind- und Sonnenenergie in Frage. | |
Institute, die der fossilen Energiebranche nahestehen, werden bei einem | |
Monitoring zu einem anderen Ergebnis kommen als jene, die sich für einen | |
möglichst raschen Umstieg auf die Erneuerbaren einsetzen. Vor diesem | |
Hintergrund dürfte es für Reiche sehr wichtig sein, dass die | |
Auftragsvergabe nicht angreifbar ist. | |
Die Ampelregierung hat dafür gesorgt, [3][dass Windkraft und Solarenergie | |
massiv ausgebaut werden]. Diese Dynamik könnte je nach Monitoring-Ergebnis | |
gebrochen werden, fürchtet der frühere Staatssekretär im | |
Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne). „Ich habe die große | |
Sorge, dass der angenommene Strombedarf gesenkt und dadurch die | |
Energiewende abgewürgt wird“, sagte er der taz. So könnte die | |
Bundesregierung etwa die Ausschreibemengen für Windkraft nach unten setzen, | |
wenn das Monitoring einen geringeren Strombedarf ergäbe. „Nach der | |
Altmaier-Delle gibt es dann die Reiche-Lücke.“ Mit dem Begriff | |
Altmaier-Delle bezeichnen Energieexpert:innen die Folgen der | |
Regierungszeit von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der den | |
Ausbau der Windenergie abgewürgt hatte. | |
13 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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