# taz.de -- Trumps Kalkül in Los Angeles: Stadt der Engel | |
> LA demonstriert weiter gegen den US-Präsidenten. Mittendrin: eine | |
> Rabbinerin, ein ehemaliger Polizist und eine Migrantin aus Nicaragua. | |
Bild: Nach einer Serie von Abschieberazzien gehen die Proteste in Los Angeles w… | |
Los Ángeles taz | Erik sitzt auf dem Bürgersteig und wundert sich. Wo sind | |
die apokalyptischen Szenen aus dem Fernsehen, die Krawalle, die | |
Gummigeschosse? An diesem Mittwochabend in Los Angeles ist er zum ersten | |
Mal auf einer Demonstration. Was er sieht, scheint ihn fast zu enttäuschen. | |
Bald dämmert es, bald tritt die Ausgangssperre in Kraft, die die | |
Bürgermeisterin am Dienstagabend für einen Teil der Innenstadt verhängt | |
hat, um „Vandalismus und Plünderungen“ zu stoppen. Ein paar | |
Demonstrant:innen und Fernsehreporter wuseln umher, hupende Autos rasen | |
vorbei, aus denen Mexikofahnen hängen. Es ist kühl und riecht nach | |
gedämpften Schweinefleisch-Buns, die jemand verteilt. Was sie zum Vorwurf | |
sage, die Proteste seien gekauft, fragt der deutsche Reporter von Welt TV | |
gerade eine erstaunte Demonstrantin. | |
Mitten in Downtown steht das Metropolitan Detention Center, kurz MDC, ein | |
modernes Bürogebäude mit Plattenglasfenstern und Balkonen, das sich | |
unauffällig in die Skyline der Stadt einfügt. Vor dem Eingang hängen 108 | |
Glöckchen an einem Drahtgitter: eine Kunstinstallation, die eine | |
beruhigende Wirkung auf die Insassen ausüben soll. In der aktuellen Lage | |
wirkt das wie Hohn. | |
Das MDC ist ein Gefängnis. Und seit einer Woche ist es der Ort, an dem Los | |
Angeles die schwersten Ausschreitungen seit Jahren erlebt. Die Angelenos | |
sind wütend auf die Polizei, die teilweise brutal gegen die | |
Demonstrierenden vorgeht. Sie sind wütend auf die Hassreden des Präsidenten | |
und auf die Nationalgarde, den ausführenden Arm seiner narzisstischen | |
Selbstinszenierung. | |
## „Die machen nur ihren Job“ | |
In das MDC soll die Einwanderungsbehörde United States Immigration and | |
Customs Enforcement (ICE) Menschen in Abschiebehaft gebracht haben, die sie | |
bei ihren Razzien festnahm – vor Baumärkten, Erntefeldern oder | |
Autowaschanlagen. In Schulen und Gerichtsgebäuden, wo sie, auf einen | |
Aufenthaltstitel hoffend, erschienen waren und stattdessen in Handschellen | |
abgeführt wurden. Ihren Familien wird teils der Kontakt verwehrt, und auch | |
ihre Anwält:innen dürfen nicht mit ihnen sprechen. | |
Seit Donald Trump wieder Präsident ist, übt die Regierung Druck auf die ICE | |
aus, jeden Tag mindestens 3.000 Menschen festzunehmen. | |
Wie fast die Hälfte der Einwohner:innen von Los Angeles hat Erik, 39, | |
pechschwarzes Haar und freundliches Lächeln, lateinamerikanische Wurzeln. | |
Er wurde in Honduras geboren und lebt seit fast 20 Jahren in den USA, er | |
besitzt einen Pass. Erik macht eine Handbewegung in Richtung des | |
Gefängnisses, des Militärs und der Polizisten. „Die machen nur ihren Job. | |
Die haben alle wie ich auch Familie und Freunde, die jeden Tag in Angst | |
leben, abgeschoben zu werden.“ Früher war er selbst Polizist und als | |
solcher immer wieder in dem Gefängnis. Heute arbeitet er als Busfahrer. Bei | |
den Wahlen hat er weder für Donald Trump noch für Kamala Harris gestimmt. | |
Aber mit den Polizisten würde er niemals tauschen wollen: Was gerade im | |
Land passiert, belastet sie alle, behauptet er. Viele sind Latinos. Auf den | |
schwarzen Uniformen sind ihre Namen zu erkennen: Garcia, Ramos, Hernandez. | |
Anders als Donald Trump behauptet, sind es nicht die Einwanderer ohne | |
Aufenthaltstitel, die Flaschen werfen und Polizisten mit Sätzen wie „Wie | |
könnt ihr nachts schlafen? Du und ich tragen den gleichen Namen!“ | |
anschreien. | |
Es sind vor allem junge Menschen, die in den USA geboren sind. Vielleicht | |
einen, vielleicht zwei Meter von den Polizisten entfernt stehen zwei | |
Freundinnen Anfang 20 und halten ein Transparent mit Trumps Gesicht und | |
draufgemalten Teufelshörnern in die Höhe. Die Eltern der beiden stammen aus | |
Mexiko. Die Schule, in der eine von ihnen arbeitet, wurde diese Woche aus | |
Sorge vor Razzien geschlossen. Eine ihrer Kolleginnen sitzt in | |
Abschiebehaft. Die Beurlaubung von der Arbeit gibt ihr Zeit zum | |
Demonstrieren. | |
Die Stimme ihrer Freundin klingt brüchig, als sie „Glaubst du, du beschützt | |
uns? Du bist peinlich, Bro!“ ins Gesicht des Polizisten brüllt. | |
Anna, die eigentlich anders heißt und sich mit einem Bandana vermummt hat, | |
schreit nicht. Sie steht in Radlerhosen und mit Käppi alleine in der | |
letzten Reihe und spart sich ihre Energie auf. Solange das von Trump nach | |
Kalifornien beorderte Militär nicht abziehen wird, habe sie vor, jeden Tag | |
hier zu stehen, sagt sie. Wenn nötig, monatelang. [1][Noch nie habe sie die | |
Polizei in Los Angeles so brutal erlebt.] | |
## Keine Könige in diesem Land, fordern die Demonstrierenden | |
Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom hatte sich Trumps Befehl | |
widersetzt, 4.000 Soldaten der Nationalgarde nach Los Angeles zu senden, um | |
die Proteste unter Kontrolle zu bekommen – er bezeichnet den Schritt als | |
gezielte Provokation und Versuch, eine politische Krise zu fabrizieren. | |
Trump schimpfte ihn daraufhin einen „Newscum“. Scum bedeutet auf Deutsch | |
Abschaum. Am Donnerstag urteilte ein Gericht, dass die Entsendung der | |
Nationalgarde rechtswidrig war und Kalifornien das Recht hat, über den | |
Einsatz des Militärs zu entscheiden. Wenige Stunden nach dem Beschluss des | |
Bezirksgerichts entschied dann ein Berufungsgericht: Trump darf vorläufig | |
die Kontrolle über die Nationalgardisten behalten. | |
Auch in anderen amerikanischen Städten wie San Francisco und New York wird | |
demonstriert. Die größten Proteste sind für diesen Samstag angekündigt: An | |
mehr als 1.500 Orten wollen Menschen den Tag unter dem Motto „No Kings“ | |
begehen: Keine Könige in diesem Land, fordern sie. Am gleichen Tag lässt | |
Trump in Washington, D. C., eine große Militärparade veranstalten. Der | |
offizielle Anlass ist der 250. Geburtstag des US-Militärs. Am gleichen Tag | |
hat er aber auch Geburtstag und erfüllt sich mit der Parade einen lang | |
gehegten Wunsch. Anders als in Kalifornien forderte der Gouverneur in Texas | |
die Nationalgarde sogar an: 5.000 Soldaten sollten kommen. Man will den | |
geplanten Protesten mit aller Härte begegnen. | |
## Angst vor Vandalismus und Plünderungen | |
Am gleichen Abend, kurz vor der Ausgangssperre, steigen auf einem Parkplatz | |
wenige Gehminuten von dem Gefängnis entfernt zwei junge Schwarze Männer aus | |
einem Auto. Einer hat sich eine schwarze Maske übergezogen, die seinen Kopf | |
und auch das Gesicht bedeckt. Viele Menschen mit selbst gebastelten | |
Plakaten laufen an ihnen vorbei, alle gehen demonstrieren. | |
„Geht ihr beide zum Protest?“ | |
„Ja. Wir wir gehen hin und ziehen den ganzen Scheiß ab. Schon mal | |
geplündert?“ | |
„Nee.“ | |
„Willst du mit uns mitkommen? Ich muss nur mein verdammtes Feuerzeug | |
finden, ich will Gras rauchen.“ | |
Das ist die andere Seite der Proteste: diejenigen, die sich nicht um | |
Politik scheren und ihren eigenen Vorteil suchen. | |
Monty Bhavsar fürchtet, dass sie zurückkommen, wenn er seine Parfümerie | |
verlässt. Deshalb geht er kaum noch nach Hause. Bis Mitternacht harrte er | |
Montagnacht im Laden aus. Kurz nachdem er sich auf den Heimweg gemacht | |
hatte, surrte das Handy: Die Alarmanlage im Laden sei losgegangen, | |
informierte ihn die Polizei. Als er angehetzt kam, waren seine | |
Gucci-Sonnenbrillen, Armani-Gürtel und Taschen von Michael Kors | |
verschwunden. Wie hoch der Schaden ist, könne er noch nicht abschätzen, | |
sagt er am Tag nach dem Raub, ein paar Tausend Dollar vielleicht. Weil es | |
sich um das verrufene Downtown L. A. handelt und sein Laden schon dreimal | |
ausgeraubt worden sei, habe die Versicherung ihm bereits Monate zuvor | |
gekündigt. | |
Bhavsar steht vor seinem leeren Schaufenster. In der Ecke glänzen die | |
letzten Scherben, die er an diesem Dienstagmorgen zusammenkehrte. Wie zum | |
Beweis spielt er ein Video von letzter Nacht ab, das jemand gefilmt hat. | |
Darauf zu sehen ist eine Menschenmenge. Jemand macht sich gerade daran, in | |
seinen Laden einzusteigen. | |
„Warum nehmen sie die Proteste gegen die Abschiebungen als Vorwand und tun | |
uns das an? Seit der Pandemie überleben wir sowieso kaum.“ Bhavsar stammt | |
aus Indien und ist seit 15 Jahren US-Bürger. Politische Aussagen scheut er, | |
er wolle „neutral“ bleiben. Aber er weiß sehr wohl, dass auch Inder:innen | |
abgeschoben werden. Er habe die Aufnahme des weinenden indischen Studenten | |
aus New Jersey gesehen, der in Handschellen abgeführt wurde, erzählt er. | |
Wer gegen diese Dinge protestieren will, solle das ruhig tun. Nur sein | |
Geschäft sollten sie in Ruhe lassen. | |
Bhavsars Lädchen liegt in der Gegend um die Diamond Plaza. Auf kleinster | |
Fläche reihen sich hier Dutzende Juweliergeschäfte und Schmuckhändler | |
aneinander. Untereinander sprechen viele hier Persisch, auf einigen | |
Bildschirmen flimmert Fox News. Zahlreiche Geschäftsinhaber sind iranische | |
Juden, die infolge der Revolution in die USA einwanderten. Wie in Bhavars | |
Laden stehen hier fast alle Vitrinen leer, von Silberschmuck bis Diamanten | |
haben die Diebe alles mitgenommen. Handwerker befestigen Holzplanken vor | |
den zerbrochenen Fenstern, um Schlimmeres zu verhindern. | |
## Seit einigen Wochen ist Lucia illegal im Land | |
Dem Vorwurf, die angespannte politische Situation sei eine vom Präsidenten | |
Donald Trump befeuerte Krise, stimmt man hier mehrheitlich nicht zu. Die | |
Schuld trage der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom, den würden die | |
einfachen Leute nicht interessieren. Warum sonst behaupte er, Los Angeles | |
bräuchte die Soldaten der Nationalgarde nicht? Wären mehr von ihnen hier | |
gewesen, wäre es nie so weit gekommen. | |
Lucia, die ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, verfolgt | |
die Berichte von den Protesten und Plünderungen nur in den Nachrichten. Sie | |
würde gerne mitdemonstrieren, wie sie es früher in ihrer Heimat Nicaragua | |
getan tat. Aber das sei zu gefährlich. Seit sie am Sonntag von den | |
Protesten und den vermehrten Razzien erfuhr, habe sie das Haus kein | |
einziges Mal verlassen. Als sie ins Fitnessstudio habe gehen wollen, habe | |
ihre Tante es nicht erlaubt. „Ich kam in die USA, weil ich dachte, hier | |
gibt es Meinungsfreiheit. Aber vielleicht habe ich mich geirrt.“ | |
Mit ihrer Tante und Cousine lebt die 27-Jährige in Glendale, einem ruhigen | |
Mittelklassevorort von Los Angeles. Draußen blühen Zitronenbäume und | |
Palmen, die Sonne scheint. Lucia öffnet die Tür und führt in ein großes, | |
gemütliches Zuhause. Ein Klavier, zwei Hunde, überall Familienfotos, viel | |
Kunst. | |
Dieses Zuhause wird Lucia nach einem Jahr und neun Monaten in den USA | |
verlassen müssen. Seit einigen Wochen ist sie illegal im Land. Ende März | |
kündigte die Regierung den humanitären Schutzstatus auf, den die | |
Biden-Regierung Migrant:innen aus Nicaragua, Kuba, Haiti und Venezuela | |
für zwei Jahre gewährt hatte. Damals sah man die Entscheidung als Mittel, | |
um irreguläre Grenzübergänge einzudämmen. Jetzt sollen etwa eine halbe | |
Million Menschen sofort das Land verlassen. Auf die Frage, ob sie sich nie | |
überlegt habe, ohne Aufenthaltsstatus in den USA zu bleiben, schüttelt sie | |
erschrocken den Kopf. Ihr Blick hinter den eckigen Brillengläsern ist | |
ernst. Sie hält die Situation schon jetzt kaum aus. | |
Heute soll die ICE in ihrem Viertel eine Razzia durchgeführt haben, erzählt | |
sie. Überall in der Nachbarschaft seien Kameras aufgestellt, die Warn-App | |
habe Alarm geschlagen. Zum ersten Mal habe sie richtig Angst bekommen. | |
Lucia ist eine Person, die viele als Vorzeigemigrantin bezeichnen würden. | |
Sie spricht ausgezeichnet Englisch. Sie hatte bis letzte Woche einen Job | |
als Zahnarzthelferin. Ihre Chefin mochte sie so sehr, dass sie bereit war, | |
Lucia nach ihrer Pensionierung die Praxis zu überlassen und ein | |
Arbeitsvisum zu sponsern. Aber um das zu beantragen, müsste sie zunächst | |
nach Nicaragua zurückkehren und Jahre warten. | |
Nächsten Donnerstag geht ihr Flug. Ob ihre Regierung sie ins Land lassen | |
wird, weiß sie nicht. In den Medien hat sie von Fällen gehört, in denen 48 | |
Stunden vor dem Flug die Social-Media-Präsenz jeder Person durchforstet | |
wurde, wonach sie bei regierungskritischen Posts abgewiesen wurden. Sie hat | |
nichts gepostet. Aber sie macht sich trotzdem Sorgen. „Es heißt, es sei | |
sicher, zurückzukehren. Solange wir die Regierung nicht kritisieren | |
werden.“ | |
## Trump verfolgt ein eigenes Kalkül | |
2018, als in Nicaragua Proteste gegen die Regierung ausbrachen, studierte | |
Lucia gerade Medizin. Ihre Kommiliton:innen besetzten das | |
Universitätsgebäude. Die Regierung schlug die Proteste brutal nieder, viele | |
Menschen starben, auch ihr Cousin. Schon damals beschlossen die Eltern, | |
Lucia und ihre kleine Schwester vorübergehend zur Tante nach den USA zu | |
schicken. Im Pass hatten sie von einem früheren Besuch noch ein | |
Touristenvisum, mit dem die beiden einreisen durften. Vier Monate blieb sie | |
in Glendale, dann verließ sie die USA, um ihr Studium fortzusetzen, aus | |
Sicherheitsgründen allerdings in Costa Rica. 2023 ging sie erneut nach den | |
USA. | |
Ihre Mutter ist heilfroh, dass ihr Kind heimkommt. „Wir wussten, dass Trump | |
uns aus dem Land schmeißen wird, wenn er gewählt wird. Aber wir wussten | |
nicht, wie schnell das gehen wird.“ | |
Dass Menschen selbst das Land verlassen, weil sie die Situation nicht mehr | |
aushalten, gehört zur Strategie der US-Regierung. [2][Sanctuary Cities] wie | |
Los Angeles, die nicht mit den Abschiebebehörden zusammenarbeiten, werden | |
besonders angegriffen. | |
Donald Trump verfolgt mit seinem unangemessen harten Durchgreifen ein | |
eigenes Kalkül: Er will ein Bedrohungsgefühl im Land schaffen und dadurch | |
von seinem Mangel an Popularität ablenken. Gelingt es ihm, die Situation | |
einzudämmen, steht er als großer Gewinner da. Das könnte den Blick von | |
seiner desaströsen Zollpolitik und der „Big Beautiful Bill“ ablenken, dem | |
umstrittenen Haushaltsgesetz, das vor allem Steuererleichterungen für | |
Reiche und Kürzungen im Sozialbereich vorsieht. Das Repräsentantenhaus hat | |
das Gesetz bereits genehmigt, jetzt muss es noch durch den Senat. | |
Zeitgleich zu den wütenden Protesten am Metropolitan Detention Center hat | |
die Rabbinerin Susan Goldberg wenige Hundert Meter weiter zusammen mit | |
progressiven Imamen und Pastor:innen aus Los Angeles eine interreligiöse | |
Mahnwache zur Unterstützung von migrantischen Familien organisiert. | |
Proteste seien wichtig, sagt die Rabbinerin. Sie ist in Los Angeles geboren | |
und aufgewachsen. Was in ihrer Stadt in diesen Tagen passiert, schmerzt | |
sie. Aber sie sehe auch den Zusammenhalt, die Solidarität. | |
## Den Nächsten lieben, Macht kritisieren | |
Außer um den Protest geht es den Geistlichen darum, die Schwächsten in | |
ihrer Not zu unterstützen und die eigenen Körper den Abschiebetruppen in | |
den Weg zu stellen. Goldbergs lokales interreligiöses Netzwerk begleitet | |
Kinder, deren Eltern sich fürchten, sie zur Schule gehen zu lassen. Sie | |
führen Workshops in Gotteshäusern durch, wo erklärt wird, was beim | |
Auftauchen der ICE zu tun ist. Bis vor Kurzem begleiteten sie Menschen zu | |
Gerichtsprozessen. Doch seit einigen Wochen sind die Gerichte nicht mehr | |
öffentlich zugänglich. | |
Wenige Minuten vor Beginn der Veranstaltung steht Goldberg, 50 Jahre alt, | |
im Kreis ihrer Freund:innen auf der Bühne im Grand Park. Sie trägt ein | |
schwarzes Jackett und hat eine schwarze Kippa auf dem Kopf, neben ihr steht | |
ein glatzköpfiger Pastor im Regenbogenornat. Man umarmt sich und lacht, die | |
Band macht einen letzten Soundcheck. Für einen Moment wirkt es, als sei Los | |
Angeles ein heiler Ort, wo jeder Mensch seinen Platz hat. | |
Hunderte Besucher:innen sind auf einer großen Wiese zusammengekommen, | |
um gemeinsam zu beten: viele Jüdinnen und Juden, Latinos und Asiat:innen, | |
Muslime, Sikhs. Ein freudiges Gemeinschaftsgefühl flirrt durch die Luft. | |
Keine Spur von dem Polizeiaufgebot, das sich durch den Rest der Innenstadt | |
zieht. | |
Susan Goldberg sieht ihre Rolle als Rabbinerin auch darin, ihre Nächsten zu | |
lieben und Machtstrukturen zu kritisieren. „Was dachte Trump? Dass sie | |
unsere Freunde einsperren und wir schweigend danebenstehen?“ Was gerade in | |
Los Angeles passiere, sei ein „gefährliches politisches Spektakel“: eine | |
Militärinvasion ihrer Stadt. | |
Einer nach dem anderen treten die Geistlichen auf die Bühne und halten ihre | |
Reden. Ein Mädchen im Teenageralter erzählt die Geschichte ihres Vaters, | |
der bei seiner Arbeit inhaftiert worden sei und abgeschoben werden solle. | |
Immer wieder bricht ihre Stimme. Sie schafft es kaum, bis zum Ende zu | |
sprechen. Als sie von der Bühne geht, stürzt ihr eine Schar von Reportern | |
entgegen. | |
## Die Angelenos geben nicht auf | |
Nach der Veranstaltung läuft die Menschenmenge Richtung Gefängnis, wo der | |
Protest noch in vollem Gange ist. „Die Geistlichen warfen sich zwischen die | |
Demonstranten und das Militär und gingen auf die Knie, um für alle zu | |
beten“, schildert Goldberg die Szene einen Tag später am Telefon. „Das war | |
so bewegend.“ | |
Plötzlich, ohne Auslöser, sei die Stimmung vor dem Gefängnis ins | |
Aggressive umgeschlagen: kurz vor der Ausgangssperre seien die Polizisten | |
auf ihren Pferden vorgerückt, die Nationalgarde habe ihre Gasmasken | |
aufgezogen. Goldberg und die anderen mussten fliehen. 200 Menschen wurden | |
allein an diesem Abend bei Demonstrationen festgenommen. | |
Die Angelenos geben nicht auf. Sie wüten, sie beten, sie schützen. Sie | |
wissen nicht, was ihnen noch bevorsteht. Aber sie sind fest entschlossen, | |
ihre Stadt zu verteidigen. | |
13 Jun 2025 | |
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Marina Klimchuk | |
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