# taz.de -- Weltflüchtlingstag: Die Bewegung schiebt zurück | |
> Europas Flüchtlingsorganisationen stemmen sich gegen den Rechtsruck: Für | |
> die kommende Zeit sind zahlreiche Projekte geplant. | |
Bild: Solidarität mit Geflüchteten, Hamburg, September 2015: in den Messehall… | |
Berlin taz | Als er 2015 aus dem Sudan nach Deutschland flüchtete, „haben | |
viele Menschen die Geflüchteten unterstützt, das hat Hoffnung gemacht“, | |
sagt der Sudanese Hassan N. Heute gebe es Verschärfungen und | |
„Sicherheitspakete“ allerorten, „für die Bewegungsfreiheit sieht es | |
schlecht aus“. Doch so muss es nicht bleiben, meint der 43-jährige Sprecher | |
des „Welcome United“-Bündnisses. | |
Der Rechtsruck brachte einen beispiellosen Angriff auf die Rechte | |
Geflüchteter und Migrant:innen, die offiziellen Zahlen zum heutigen | |
Weltflüchtlingstag melden ein [1][deprimierendes Ausmaß globaler | |
Vertreibung]. Gleichzeitig ist die antirassistische Szene dieser Tage so | |
aktiv wie lange nicht. Die Bewegung scheinen die schlechten Nachrichten | |
eher zu beflügeln. | |
Am vergangenen Samstag stellte etwa Hassan N. auf dem „Solidarischen | |
Migrationsgipfel“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin die Pläne für eine | |
Geflüchtetenkarawane von Thüringen nach Berlin vor. „Heute gibt es täglich | |
Abschiebungen, viele der davon Gefährdeten leben sehr isoliert in Lagern“, | |
sagt er. Ab dem 20. September soll es deshalb eine Karawane aus | |
ostdeutschen Flüchtlingslagern nach Berlin geben. „Die Menschen sollen die | |
Chance bekommen, ihre Gedanken zu den Verschärfungen vorzubringen“, sagt | |
Hassan. | |
Aktionen wie die Geflüchtetenkarawane sollen an den „Sommer der Migration“ | |
vor zehn Jahren erinnern. [2][2015 nannten die Geflüchteten ihren Treck den | |
„Marsch der Hoffnung“], und ein wenig dieser Hoffnung soll nun | |
wiederaufleben. | |
Am Mittwoch stellte ein Bündnis von NGOs in Berlin ihr „Mare Solidale“ | |
genanntes Konzept für eine europäische [3][Seenotrettungs]-Infrastruktur | |
vor. Trotz aller Repression sind heute 21 zivilgesellschaftliche | |
Initiativen und Bündnisse im Mittelmeer aktiv. Die [4][Sea-Watch-Sprecherin | |
Giulia Messmer] kündigte an, trotz aller ablehnenden Signale dazu weiter | |
Druck auf die neue Bundesregierung und die EU-Kommission zu machen. | |
Am Donnerstag präsentierte das Alarm Phone Sahara (APS) seine neue | |
Webseite. Das Projekt will seine Hilfe für Migrant:innen, die auf der | |
Sahara-Route in Not geraten, weiter ausbauen. Am Freitag startet die Gruppe | |
„Refugees in Libya“ in Rom eine Kampagne gegen die Kooperation der | |
Meloni-Regierung Italiens mit Libyen. 175.000 Menschen wurden in den | |
vergangenen Jahren von der libyschen Küstenwache auf dem Mittelmeer | |
aufgegriffen und nach Libyen zurückgebracht. | |
[5][Der für die Folter in den dortigen Lagern mitverantwortliche General | |
Osama Almasri wurde trotz eines Haftbefehls des Internationalen | |
Strafgerichtshofs in Den Haag nach einer Festnahme in Turin Ende Januar von | |
Italiens Luftwaffe nach Tripolis zurückgeflogen.] | |
Gegen diese und andere Elemente der Abschottungspolitik sind in den | |
kommenden Monaten antirassistische Kampagnen und Mobilisierungen von | |
Nordafrika bis Berlin geplant, die es in dieser Form noch nicht gab. Die | |
Geflüchtetenkarawane von Thüringen nach Berlin ist ein Teil einer | |
„transnationalen Aktionskette“, die Anfang August mit dem Transborder Camp | |
im französischen Nantes startet. Zum dritten Mal nach 2019 und 2022 kommen | |
dort Hunderte Aktivist:innen aus Afrika und Europa zusammen. Im | |
Anschluss sind Aktionen unter anderem in Berlin, Genf, Lampedusa, | |
Ostdeutschland, Rabat und Rom geplant. Dort soll Anfang November gegen die | |
Verlängerung der Kooperationsvereinbarung von Italien und Libyen | |
demonstriert werden. | |
20 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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