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# taz.de -- 20 Jahre Mahnwache vor Ausländerbehörde: „Sie sind ja immer noc…
> Am Donnerstag feierten Aktivist*innen das 20jährige Bestehen der
> Mahnwache vor der Hamburger Ausländerbehörde. Just zum Jubiläum kam die
> Polizei.
Bild: Unermüdlich: wöchentliche Mahnwache vor der Hamburger Ausländerbehörde
Hamburg taz | Bereits um zehn Uhr vormittags haben sich die ersten
Protestierenden vor der Zentralen Ausländerbehörde im Hamburger Stadtteil
Marienthal zusammengefunden. Ein Großteil der etwa 30 Teilnehmenden hält
Banner in die Luft und verteilt Flyer. „Refugees Welcome“, „Schützt
Menschen statt Grenzen“ und „Kein Mensch ist illegal“ ist auf den
Transparenten zu lesen.
Versammelt hat sich die Protestgruppe vor genau der Behörde, die 2005 in
die landesweiten Schlagzeilen geraten war. Eine Reportage des NDR deckte
die teils dramatischen und gnadenlosen Rückführungen von Asylsuchenden
durch die Hamburger Ausländerbehörde auf – ein Vorfall, die eine Gruppe von
Aktivist:innen zum Anlass nahm, gegen diese Abschiebepraxis zu
demonstrieren.
Die damals eher spontan organisierte Mahnwache feierte am Donnerstag mit
Musik, Essen und Redebeiträgen ihr 20-jähriges Bestehen. Seit mittlerweile
zwei Jahrzehnten organisieren Freiwillige um die Arbeitsgemeinschaft
kirchlicher Flüchtlingsarbeit [1][„Hamburgasyl“] und die Beratungsstelle
[2][„Café Exil“] wöchentlich einen Protest vor der Zentralen
Ausländerbehörde. Die ersten kleinen Demonstrationen der Initiative fanden
noch am alten Standort in der Amsinckstraße statt. Mit dem Umzug in die
Hammer Straße entschied sich die Aktivist:innengruppe, ihren Protest
mitzuverlegen.
Anfangs noch vom Sicherheitspersonal der Behörde überwacht, hatte das Amt
die regelmäßige Mahnwache mit ihren wenigen Teilnehmer:innen
schlussendlich als festen Bestandteil der Woche hingenommen. Nun, am
Jubiläumstag, wehrt sich die Ausländerbehörde das erste Mal seit 20 Jahren
gegen den Protest.
Bereits nach wenigen Minuten ordnet die Polizei an, dass die Mahnwache das
Privatgelände der Behörde verlassen muss – zuvor war den Demonstrierenden
noch die Nutzung der Behörden-Toilette angeboten worden. „Heute ist wohl
Ordnung angesagt“, weist der Demo-Moderator an, sodass die Gruppe ihre
Mahnwache einen halben Meter nach vorne auf den Gehweg verlegt.
Nennenswerte Zwischenfälle habe es bei den zahlreichen Protesten bislang
nicht gegeben, sagt Michael Dürrwächter, Anmelder der Mahnwache, man habe
stets friedlich demonstriert. Hin und wieder habe es zwar verbale Attacken
gegeben, handgreiflich sei jedoch niemand geworden.
Eine leitende Beamtin habe lediglich einmal abschätzig gefragt „Ach, Sie
sind ja immer noch hier?“, sagt der Aktivist. „Das kann man natürlich
interpretieren, wie man möchte.“ Generell seien die Rückmeldungen aber
positiv, vor allem von Menschen, die in der Behörde einen Termin hätten.
Allerdings sei die Stimmung im Vergleich zu den ersten Mahnwachen heute
eine andere. Im Jahr 2015, zu den „Wir-schaffen-das“-Zeiten, sei das
[3][gesellschaftliche Engagement weitaus höher gewesen], sagt Dürrwächter.
Der Kipppunkt sei schließlich die sogenannte „Kölner Silvesternacht“
gewesen: „Danach ging es rapide zurück“. Damit sei auch der rasante Erfolg
der AfD zu erklären. Doch auch die aktuelle Migrationspolitik strebe „ganz
neue Rechtsmaßstäbe“ an, die man kritisieren müsse.
Auch der Journalist Michael Richter, der die [4][Protest-auslösende
Reportage] vor etwa 20 Jahren gedreht hatte, ist am Jubiläumstag vor Ort,
um über seine Recherche zu berichten: „Ich hatte keine Ahnung, was in der
Ausländerbehörde alles passiert“, berichtet Richter, der die
Abschiebepraxis der Behörde monatelang begleitet hatte. Er habe kurz
überlegt, ob er überhaupt nochmal hingehe.
## Die Mahnwache wird es weiter geben
Im vergangenen Jahr sorgten vor allem zwei Beschlüsse der Ausländerbehörde
für Aufsehen und Proteste der Initiative. Im September wurde in Hamburg
erstmals das Kirchenasyl gebrochen, als Beamte der Behörde früh morgens
[5][einen 29-jährigen Afghanen aus den Räumen einer katholischen Gemeinde
in Bergedorf holten].
Der Mann genoss erst seit einem Monat den kirchlichen Sonderschutz. Im
Dezember 2024 wurde [6][eine 28-jährige Türkin mit ihren beiden Kindern,
die in einem Hamburger Frauenhaus Schutz vor dem gewalttätigen Ex-Partner
gesucht hatte, abgeschoben]. Die Ausländerbehörde nahm einen Behördentermin
zum Anlass, die Familie in Gewahrsam zu nehmen.
„Das sind schon per Definition feste [7][Schutzräume“, in die eingegriffen
wurde], kritisiert Dürrwächter, „Wenn sogar aus diesen Einrichtungen
abgeschoben wird, dann ist das eine extrem große Sache“. Hilflos zusehen
möchte die Initiative bei diesen Entwicklungen deswegen nicht. Auch nach
20 Jahren konstanten Engagements werde es die Mahnwache vor der
Ausländerbehörde „natürlich auch in Zukunft weiter geben“.
25 Jun 2025
## LINKS
[1] https://hamburgasyl.de/
[2] https://www.cafe-exil.info/de/angebot/
[3] /Willkommenskultur-in-Deutschland/!5225434
[4] /Wir-buchen-Sie-fluchen/!460737&s=Michael+Richter+Ausl%C3%A4nderbeh%C3%…
[5] /Naechtlicher-Polizeieinsatz/!6048133
[6] /Nach-Abschiebung-aus-Frauenhaus/!6054900
[7] /Kirchenasyl-unter-Druck/!6089923
## AUTOREN
Quirin Knospe
## TAGS
Hamburg
Abschiebung
Ausländerbehörde
Schwerpunkt Flucht
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Asylpolitik
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