# taz.de -- EU-Migrationsrecht: Vorstoß zu Menschenrechtskonvention | |
> Neun EU-Länder fordern nach Klagen, Vorgaben der Europäischen | |
> Menschenrechtskonvention zur Migration zu überprüfen. Grüne und Linke | |
> üben Kritik. | |
Bild: Fröhlich geeint gegen den EGMR: die italienische (Giorgia Meloni, r.) un… | |
Berlin afp | Die Forderung von neun EU-Ländern, Vorgaben der Europäischen | |
Menschenrechtskonvention zur Migration zu überprüfen, stößt in Deutschland | |
auf teils deutliche Kritik. Der Vorstoß „untergräbt das Vertrauen in den | |
Europäischen Gerichtshof und erweckt den Eindruck, Menschenrechte seien | |
verhandelbar oder gar störend“, sagte Grünen-Parteichef Felix Banaszak am | |
Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Auch die Bundesregierung ging auf | |
Distanz zu dem am Donnerstag in Rom veröffentlichten Schreiben. | |
Der an den [1][Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)] | |
gerichtete Brief wurde vom Büro der italienischen Ministerpräsidentin | |
Georgia Meloni verbreitet. Neben Italien wird dieser auch von Dänemark, | |
Polen, Österreich, Belgien, Estland, Lettland, Litauen und Tschechien | |
unterstützt. | |
Darin wird eine „neue und offene Diskussion“ über die Auslegung der | |
Europäischen Menschenrechtskonvention verlangt. Italien und weitere | |
beteiligte Länder waren zuvor vor dem Gerichtshof wegen ihres [2][Umgangs | |
mit Migrantinnen und Migranten] verklagt worden. Gegen Italien und Dänemark | |
ergingen diesbezügliche Urteile oder Aufforderungen, Handlungsweisen zu | |
ändern. | |
Die beteiligten Regierungen „wollen nicht nur unabhängige Gerichte | |
angreifen, sondern auch den Menschenrechtsschutz zugunsten nationaler | |
Sicherheitsinteressen schwächen“, sagte dazu Banaszak. „Das ist gerade | |
[3][in Zeiten erstarkender rechtsextremer Kräfte] brandgefährlich und | |
Wasser auf die Mühlen derjenigen, die schon lange auf die Aushöhlung des | |
europäischen Rechtsrahmens setzen“, warnte der Grünen-Vorsitzende. | |
Banaszak wertete den Vorstoß von vor allem rechtsgerichteten, aber auch | |
einigen sozialdemokratisch geführten Regierungen als „ein Geschenk an den | |
rechten Rand“ und eine Schwächung der rechtsstaatlichen Demokratie. „Wir | |
erwarten insbesondere von unseren sozialdemokratischen Partnern in Europa, | |
dass sie sich ihrer Verantwortung für den Rechtsstaat bewusst sind“, | |
betonte er weiter. | |
## Kritik auch von der Linken | |
Die Linken-Politikerinnen Katrin Fey und Clara Bünger werteten den Vorstoß | |
der neun EU-Staaten als „erschütternd“. „Die Europäische | |
Menschenrechtskonvention schützt die Würde und Rechte jedes Menschen – | |
unabhängig von Herkunft oder Status. Menschenrechte sind deswegen schlicht | |
nicht verhandelbar“, betonte Fey in Berlin. | |
Bünger nannte es „beunruhigend, wie [4][gerade im Bereich der | |
Migrationspolitik Grundrechte infrage gestellt werden]“. Zudem handele es | |
sich bei dem Brief an den Gerichtshof um einen Angriff auf die | |
Gewaltenteilung. | |
## Bundesregierung will „strengere Migrationspolitik“ | |
Der deutsche Vize-Regierungssprecher Sebastian Hille verwies auf Aussagen | |
von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Rande seines Besuchs in Rom, er | |
habe „keine Veranlassung, Gerichtshöfen Briefe zu schreiben“. Richtig sei | |
allerdings, dass [5][auch die Bundesregierung eine „strengere | |
Migrationspolitik verfolgen“ wolle]. Daher beteiligte sich Deutschland | |
„aktiv an den europäischen Diskussionen, wie wir legale Migration begrenzen | |
können“. Dazu gehöre auch die aktuelle Initiative der neun Staaten. | |
Auf die Unabhängigkeit [6][des Gerichtshofs] verwies eine Sprecherin des | |
Bundesjustizministeriums. „Wir räumen der Europäischen | |
Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen | |
Gerichtshofs für Menschenrechte zum Schutz der Menschenrechte in Europa | |
einen hohen Stellenwert ein“, sagte sie in Berlin. „Und ich kann natürlich | |
auch betonen, wir fühlen uns vollumfänglich an die Rechtsprechung des EGMR | |
gebunden“, fügte sie hinzu. | |
23 May 2025 | |
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