# taz.de -- taz FUTURZWEI-Analyse AfD gegen Union: Weidel greift an | |
> Wenn der Eindruck nicht täuscht, dann irrt die Regierung Merz zunächst | |
> einmal nur Effekt heischend herum. Die AfD ist derweil im Angriffsmodus. | |
> Eine Analyse. | |
Bild: Zynischer Ausblick: Die rechtsextreme Weidel wartet nur darauf, Merz und … | |
[1][taz FUTURZWEI] | Die [2][Ukraine] wird den Taurus von [3][Friedrich | |
Merz] als Kanzler nicht bekommen, den Merz als Chef der Opposition immer | |
hatte. Die zögerliche militärische Unterstützung der Ukraine in ihrem | |
Abwehrkampf gegen Putins [4][Russland] wird von der neuen Bundesregierung | |
fortgesetzt. | |
Die Bundeswehr soll derweil die „konventionell stärkste Armee in Europa | |
werden“. So sagte er es in der ZDF-Gesprächsendung „Maybrit Illner“. Die | |
anderen [5][EU]-Staaten werden mit dieser Ansage des neuen Kanzlers | |
unweigerlich an den deutschen Militarismus, seine Mordarmeen, an die alte | |
Angst vor deutscher Überwältigung erinnert. | |
Wird der Gründungsgedanke aufgegeben, mit der EU ein dauerhaftes Instrument | |
der Sicherung des Friedens in Europa zu schaffen? Auf das Angebot des | |
[6][französischen Präsidenten Macron] eines gemeinsamen europäischen, | |
nuklearen Abwehrschirms ist Merz nicht eingegangen. | |
## Dobrindts Luftnummer | |
Auch das Zusammenführen aller nationalen Armeen zu einer gemeinsam | |
geführten „Europäischen Armee“ kam nicht vor. Die akute russische Bedrohu… | |
wird von Merz offensichtlich nicht als Chance zur Vertiefung der | |
Europäischer Souveränität gesehen. | |
Der neue Außenminister [7][Johann Wadephul (CDU)] erklärt im Kreis der | |
Nato-Außenminister, Deutschland werde auf die Forderung Trumps eingehen, 5 | |
Prozent des deutschen BIP für die Verteidigung auszugeben - das wären circa | |
200 Milliarden Euro pro Jahr, bisher sind das circa 70 Milliarden. | |
Absprachen mit den [8][Nato]-Partnern, wie diese Mittel die gemeinsame | |
Verteidigung stärken könnten – oder wenigstens mit der [9][SPD] – sind | |
nicht bekannt. Der Hauruck-Versuch von [10][Innenminister Dobrindt] (CSU), | |
das Asylrecht auszuhebeln, hat sich als europarechtlich nicht umsetzbare | |
und von den Nachbarn abgelehnte Luftnummer erwiesen. | |
## Merz' Scheitern in Brüssel | |
Die Ankündigung von Merz, das EU-Lieferkettengesetz in Brüssel kippen zu | |
wollen, ist von den meisten EU-Ländern zurückgewiesen worden. | |
Sozialverantwortliche Standards in den Fabriken des Weltsüdens | |
durchzusetzen, stören Merz beim Wiederankurbeln der Konjunktur. Arbeits- | |
und Sozialministerin [11][Bärbel Bas] (SPD) hat mal eben die Überführung | |
der Beamtenpensionen in das Rentensystem verlangt. | |
Eine alte Idee, die die demographisch bedingte Schieflage des Rentensystems | |
nicht beheben kann. Warum Bas der im Koalitionsvertrag vereinbarten | |
Rentenkommission vorgreift, die in zwei Jahren grundsätzliche Vorschläge zu | |
einer großen Rentenform vorlegen soll, ist nicht nachvollziehbar. | |
## Verantwortliche Finanzpolitik – Fehlanzeige | |
[12][Finanzminister Lars Klingbeil] (SPD) musste bei der Vorstellung der | |
Steuerschätzung für 2026 und die folgenden Jahre einräumen, dass im ersten | |
Jahr schon jetzt 32 Milliarden Euro fehlen werden. Wie die angekündigten | |
Steuerentlastungen für die Unternehmer durch Kürzungen anderswo umgesetzt | |
werden sollen, sagt er nicht. Braucht er auch nicht, er hat ja die | |
beschlossenen Sondervermögen als sichere Rücklagen. | |
Die von ihm geplante Abschaffung der [13][Schuldenbremse] würde ihm fürs | |
Geldausgaben – für was auch immer – weitere Luft verschaffen. Eine für die | |
heute Jungen, verantwortliche sozialdemokratische Finanzpolitik ist das | |
aber nicht. | |
Der neue [14][SPD-Fraktionsvorsitzende Miersch] will derweil die | |
Regierungsarbeit mit seiner Fraktion konstruktiv und kritisch begleiten. | |
Ein Bekenntnis zu einem Regierungsprojekt, für das gemeinsam gekämpft wird, | |
würde anders klingen. | |
## Wohlstand für alle oder Effektheischerei? | |
„Wohlstand für alle“ soll es geben, hat Kanzler Merz versprochen (Eine | |
Frage: Verarmen wir etwa alle?). Aber dafür sollen sich bitteschön alle | |
mehr anstrengen, länger arbeiten, mit einigen gestrichenen Feiertagen wäre | |
das als gemeinsame Anstrengung doch hin zu bekommen, so der Tenor. | |
Wenn der Eindruck nicht täuscht, dann irrt die Regierung Merz zunächst | |
einmal nur Effekt heischend herum. Ein konzises Regierungsprogramm, eine | |
stabile, klar geführte Bundesregierung gibt es bisher nicht. | |
Merz gegenüber saß bei seiner Regierungserklärung der große „Blaue Block�… | |
der [15][AfD]. 152 Abgeordnete - die brutale Machtdemonstration der großen | |
Zahl. Das feindliche Gegenüber der AfD zur [16][CDU], ihr strategisches | |
Ziel, die CDU zu zerstören und selbst die dominante Kraft auf der | |
konservativen Seite der Republik zu werden, das wird diese Legislatur | |
bestimmen. | |
Auf der einen Seite steht der Versuch, eigene, regierungsfähige Mehrheiten | |
für die AfD zu gewinnen, auf der andere das Mäandern zwischen | |
Demokratiebeschwörung und gleichzeitigem sich Anverwandeln von | |
AfD-Positionen durch die CDU. | |
## Die fehlende gestalterische Kraft der Fraktionen | |
Die SPD läuft Gefahr, in diesem Duell nur als Dauerstörer beim | |
Durchregieren der CDU wahrgenommen zu werden. Sie wird auf diesem Weg sehr | |
wahrscheinlich weiter an Zustimmung verlieren. [17][Die Linkspartei] sieht | |
sich als Systemopposition im erneuerten antikapitalistischen Kampf. | |
Sie wird damit zwar Zustimmung unter Jungen gewinnen, aber jede Chance | |
verspielen, zu gestalten. Welches politische Ziel die [18][Grünen] sich für | |
diese Legislaturperiode gesetzt haben, ist noch nicht erkennbar. | |
[19][Robert Habeck] sitzt immer noch schmollend auf den Hinterbänken im | |
Bundestag. [20][Annalena Baerbock] hat sich weitab von den Grünen und deren | |
offener Zukunft bei der [21][UN] selbstversorgt. | |
## Angriff von Weidel | |
Schon mit ihrer ersten Rede als Oppositionsführerin hat [22][Alice Weidel] | |
den Kampf mit der CDU und ihrem Kanzler um die politische Hegemonie | |
eröffnet. Merz sei nur ein „Kanzler der zweiten Wahl“, sagte sie. „Sie | |
haben ihre Wahlversprechen mit Hilfe der Grünen und der SPD abgeräumt“. | |
Eine Bereitschaft zu einer konservativen Wende zeige Merz nicht. „Sie | |
halten am Bürgergeld, dem Migrantengeld, weiter fest, während das Morden, | |
Messern und Vergewaltigen jeden Tag weitergehen. Aber die Grenzen bleiben | |
dennoch weiter weit offen. Eine klare Sprache gegenüber der EU in dieser | |
Frage finden sie nicht“, sagte sie. | |
Anstatt wieder billiges russisches Gas einzukaufen und die Atomenergie | |
wieder anzuschalten, würde die Energie- und Wärmewende-Politik von SPD und | |
Grünen weiterverfolgt, das Aus für den Verbrenner nicht aufgehoben. Wenn | |
der rauschende Beifall der AfD-Fraktion den Bundestag immer wieder | |
ausfüllt, dann wird bedrückend klar: Die Republik steht an einem Bruchpunkt | |
zwischen demokratischer und autoritärer Herrschaft. | |
Jenseits des Machtkampfes zwischen CDU und AfD, dessen Ausgang offen ist, | |
ist nicht erkennbar, wie und ob der Rest der Parteien eine eigene | |
Alternative in diesem Machtkampf aufrichten wird, der sich die CDU nicht | |
verweigern kann. | |
Ein gemeinsamer [23][AfD-Verbotsantrag] von SPD, Grünen und Linkspartei | |
wäre ein Projekt, dem sich die CDU nur mit Schaden für sich selbst | |
verweigern könnte. Aber damit ist vorerst nicht zu rechnen. | |
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23 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Udo Knapp | |
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