| # taz.de -- Kirchen in Rio de Janeiro: Gott ist queer | |
| > Viele Menschen in Brasilien sind in Freikirchen organisiert. Häufig sind | |
| > sie homophob. Eine queere Gemeinde versucht, dem etwas entgegenzusetzen. | |
| Bild: Gottesdienst in der Igreja Cristã Contemporânea in Rio: Viele Gläubige… | |
| Rio de Janeiro taz | Rund 40 Körper wippen im Takt der Gospel-Musik. Vor | |
| und zurück. Einige beginnen zu hüpfen, andere ekstatisch die Arme in die | |
| Luft zu recken, die Augen fest zugekniffen. Die Musik wird lauter, | |
| emotionaler. | |
| „Ich darf weinen, ich darf leiden. Doch der Morgen wird kommen. Mein Gott | |
| versagt nie.“ Schreie werden ausgestoßen, man hört tranceartiges Gemurmel. | |
| Ein junger Kerl fällt auf die Knie. Tränen fließen, fast alle singen mit. | |
| „Gott wird für mich sorgen, Gott wird für mich sorgen.“ | |
| Dann tritt Marcos Gladstone nach vorn. Er stellt sich neben die Band, die | |
| leise auf ihren Instrumenten weiterklimpert. An der Wand hängt eine Tapete | |
| mit Wolkenmotiven, auf Flachbildschirmen erscheinen Bibelverse. Gladstone, | |
| 49 Jahre alt, adrett frisiert und muskulös gebaut, spricht ein Gebet. Am | |
| Ende ruft er in den Saal: „Gott liebt dich, wie du bist!“ | |
| Auf den ersten Blick könnte man meinen: Das hier ist ein ganz normaler | |
| Gottesdienst. Doch diese Kirche ist anders. [1][Pastor Gladstone ist | |
| schwul]. Auch die meisten Gläubigen gehören zur LGBTIQ-Community. Die | |
| Kirche liegt in der Nordzone Rio de Janeiros, weit weg von den | |
| Postkartenmotiven der Zuckerhutmetropole. Sie heißt Igreja Cristã | |
| Contemporânea, auf Deutsch: Zeitgenössische Christliche Kirche. Es ist eine | |
| kleine Gemeinde, eine Gegenbewegung und ein Zufluchtsort. | |
| ## Brasilien durchlebt einen religiösen Wandel | |
| Brasilien, das größte katholische Land der Welt, durchlebt, was einige | |
| Wissenschaftler*innen eine „religiöse Revolution“ nennen. Immer mehr | |
| Brasilianer*innen wenden sich den Evangelikalen zu. Während sich im | |
| Jahr 1990 noch mehr als 80 Prozent der Bevölkerung als katholisch | |
| bezeichneten, waren es im Jahr 2024 nur noch rund 50 Prozent. Schätzungen | |
| zufolge könnten Evangelikale bereits im Jahr 2032 die Mehrheit der | |
| Bevölkerung stellen. Und diese nehmen immer mehr gesellschaftlichen | |
| Einfluss. | |
| „In vielen evangelikalen Kirchen sitzt der Hass auf LGBT tief“, sagt | |
| Gladstone mit ruhiger Stimme. Er sitzt im Hinterzimmer der kleinen Kirche. | |
| Über seinem Schreibtisch hängt ein Foto mit sechs strahlenden Gesichtern. | |
| Gladstone hat vier Kinder, sein Mann ist ebenfalls Pastor. So glücklich wie | |
| heute war er jedoch nicht immer. | |
| Gladstone war 14 Jahre alt, als ihm klar wurde, dass er schwul ist. Seine | |
| Eltern waren kurz zuvor zu einer traditionellen evangelikalen Kirche | |
| konvertiert. Schwul sein und gleichzeitig der Gemeinde angehören? | |
| Unvorstellbar. Gladstone verleugnete seine sexuelle Orientierung und | |
| zerbrach beinahe daran. Er versuchte sich das Leben zu nehmen. Er | |
| überlebte. | |
| Irgendwann vertraute er sich seinem Pastor an. „Das ist nur ein Gefühl, das | |
| vergeht wieder“, sagte der ihm. Und fügte hinzu: „Such dir eine Freundin, | |
| verlob dich, heirate – dann wird alles gut.“ | |
| Gladstone folgte dem Rat seines damaligen Pastors. Im ersten Jahr seines | |
| Jurastudiums lernte er eine Frau kennen. Sie verlobten sich. Fortan führte | |
| er ein heterosexuelles Leben, zumindest nach außen hin. 1999 reiste er nach | |
| San Francisco in die USA, ein Zentrum der LGBTQ-Community. Was er dort sah: | |
| Regenbogenfahnen, sich küssende Männer, Dragshows. | |
| ## Jesus ist für alle da | |
| „Ich war schockiert, wie selbstverständlich schwule Menschen dort ihre | |
| Zuneigung zeigten“, erinnert er sich. Gladstone bat Gott um ein Zeichen. | |
| Und er glaubte, eines zu erhalten: „Gott sagte mir, dass es sinnlos ist, | |
| vor mir selbst davonzulaufen.“ Zurück in Brasilien, trennte er sich von | |
| seiner Verlobten. Doch damit begannen die Schwierigkeiten erst richtig. | |
| Denn seine damalige Schwiegermutter erzählte alles weiter. „Sie sagte | |
| allen, dass ich schwul bin. Meiner Familie, den Nachbarn, ihrem Papagei“, | |
| sagt Gladstone und lacht. Heute kann er darüber schmunzeln. Doch damals | |
| hätte es ihn fast zerstört. Plötzlich war er „der Schwule“, „der vom T… | |
| Besessene“, ein Außenseiter. „Die Kirche hat mich nicht akzeptiert.“ Also | |
| tat er das Einzige, was ihm damals richtig erschien: Er wandte sich von der | |
| Kirche ab. Es seien die dunkelsten Momente seines Lebens gewesen, sagt er | |
| heute. „Ich wusste, dass Gott mich so annimmt, wie ich bin. Aber ich konnte | |
| meinen Glauben nicht leben.“ | |
| Um die Jahrtausendwende reiste Gladstone erneut in die USA. Dort hörte er | |
| zum ersten Mal von einem Begriff, der sein Leben grundlegend verändern | |
| sollte: inklusive Theologie. Eine Glaubensrichtung, die Toleranz und | |
| Vielfalt ins Zentrum stellt. Offen für alle, ohne Ausgrenzung. In den USA | |
| begegnete er auch Menschen, die zwei Eigenschaften in sich vereinten, die | |
| für ihn lange unvereinbar schienen: Sie waren Pastoren, und sie waren | |
| schwul. Für Gladstone war das ein regelrechtes Erweckungserlebnis. Er fand | |
| zurück zum Glauben, begann ein Theologiestudium und wurde selbst Pastor. | |
| Der Evangelikalismus ist [2][eine theologische Strömung] innerhalb des | |
| Protestantismus. In der Regel betreiben die Gemeinden keine kritische | |
| Bibelexegese. Für sie gilt: Was in der Bibel steht, ist wörtlich zu | |
| verstehen, gilt als gottgegeben und wird nicht hinterfragt. Den größten | |
| Zulauf in Brasilien verzeichnen Pfingstkirchen, viele von ihnen mit Wurzeln | |
| in den USA. Diese Gemeinden vertreten oft ultrakonservative Werte. Sie | |
| lehren, dass es nur zwei Geschlechter gebe und Sexualität ausschließlich | |
| innerhalb einer Ehe erlaubt sei. Zwischen Mann und Frau. Manche bieten | |
| umstrittene „Heilungen“ an, wollen Homosexualität „wegbeten“. Immer me… | |
| Brasilianer*innen wenden sich jedoch von fundamentalistischen Kirchen | |
| ab. Sie gründen eigene, alternative Glaubensgemeinschaften. Genaue Zahlen | |
| fehlen, doch sogenannte „inklusive Kirchen“ gibt es inzwischen in allen | |
| größeren Städten des Landes. | |
| ## Erste queere Kirche seit 2006 in Rio | |
| 2006 eröffnete Gladstone seine erste Kirche. In Rios Vergnügungsviertel | |
| Lapa, mitten zwischen Spelunken, Samba-Clubs und Stundenhotels. Zu Beginn | |
| kamen nur eine Handvoll Menschen zu den Gottesdiensten. Einer von ihnen war | |
| Gladstones Ehemann, heute ebenfalls Pastor. Mittlerweile leiten die beiden | |
| die Gemeinde zusammen. Es ist ein Fulltime-Job. In Rio de Janeiro gibt es | |
| inzwischen sieben Kirchen, auch in São Paulo wird unter der Regenbogenfahne | |
| gebetet. Dass Menschen wie Gladstone überhaupt eigene Kirchen gründen | |
| konnten, hat auch mit der Struktur evangelikaler Bewegungen zu tun: Anders | |
| als in der katholischen Kirche gibt es keine zentrale Autorität. Fast jeder | |
| kann sich Pastor nennen. Neben einigen Seminaren braucht es vor allem zwei | |
| Dinge – Charisma und eine „göttliche Berufung“. | |
| Gladstones Kirche versteht sich als [3][pfingstkirchlich]. Das ist eine | |
| Strömung innerhalb des Evangelikalismus, die persönliche Erfahrungen mit | |
| dem Heiligen Geist in den Mittelpunkt stellt. Zungenrede, Heilungen, | |
| Prophezeiungen: All das gehört auch in Gladstones Gemeinde zum festen | |
| Repertoire. Ebenso das Handauflegen. | |
| Während des Gottesdienstes treten Gläubige nach vorn, stellen sich vor die | |
| Bühne. Sie legen sich gegenseitig die Hände auf die Stirn, beten voller | |
| Hingabe. Einige weinen, wirken hoch emotional. Die Szene endet in einer | |
| langen Umarmung. „Jesus liebt dich, Schwester!“ Für Außenstehende mag das | |
| skurril wirken. In pfingstlichen Kreisen glaubt man jedoch, dass durch | |
| Handauflegung die Kraft des Heiligen Geistes auf andere Menschen übertragen | |
| werden kann. | |
| Eigentlich läuft in Gladstones Kirche fast alles so ab wie in den meisten | |
| pfingstkirchlichen Gemeinden, die heute in Brasilien an nahezu jeder | |
| Straßenecke zu finden sind. Wie die meisten dieser Kirchen finanziert sich | |
| die Gemeinde über den dízimo, den Zehnten. Die Gläubigen können ihren | |
| „Beitrag“ bar, mit Karte oder über den Online-Zahldienst Pix entrichten. | |
| Nur eine Sache sei in Gladstones Kirche grundlegend anders: „Wir urteilen | |
| nicht über Menschen.“ | |
| Dass LGBTQ-Personen Beistand von oben suchen, gefällt nicht allen. Mehrfach | |
| wurde die Kirche mit Bibelzitaten beschmiert, einmal sogar mit | |
| Feuerwerkskörpern beworfen. In den sozialen Medien schlägt der kleinen | |
| Gemeinde Hass entgegen. „Falsche Propheten“ und „Teufelsanbeter“ gehör… | |
| noch zu den harmloseren Beschimpfungen. Laut Gladstone seien rund 90 | |
| Prozent seiner Gemeindemitglieder zuvor aus anderen Kirchen ausgeschlossen | |
| worden. „Viele kommen hierher und glauben, sie seien die schlimmsten | |
| Menschen der Welt – als wäre ihre sexuelle Orientierung ein Fluch“, sagt | |
| er. | |
| ## Gemeinde steht für Vielfältigkeit | |
| Vorurteile hat auch Cynthia Braga erlebt. Die 42-Jährige trägt ein T-Shirt | |
| mit Regenbogenmotiv und der Aufschrift: „Jesus akzeptiert dich.“ Ihre | |
| krausen Haare hat sie zu einem Zopf gebunden. Einmal, erzählt sie, sei sie | |
| zusammen mit ihrer Frau bei einem Gottesdienst gewesen, in einer | |
| traditionellen Gemeinde. Vor versammelter Kirche richtete sich der Pastor | |
| an die beiden Frauen. „Er sagte, dass lesbische Frauen gegen Gottes Willen | |
| handeln. Dass Gott das nicht akzeptiere. Dass wir uns davon befreien | |
| müssten oder in der Hölle landen würden.“ Braga lebt in der Nordzone Rio de | |
| Janeiros, die von Armut und Gewalt geprägt ist. Auch sie sei lange Zeit gar | |
| nicht in die Kirche gegangen – bis sie Gladstones Gemeinde kennenlernte. | |
| Mehrmals in der Woche besucht sie nun die Gottesdienste. „Nach und nach | |
| habe ich verstanden: Gott liebt mich genau so, wie ich bin.“ Das glaubt | |
| auch Pastor Gladstone. Er hat ein Buch veröffentlicht, der Titel: „Bibel | |
| ohne Vorurteile“. Darin vertritt er die Überzeugung, dass die Bibel | |
| Homosexualität nie verurteilt habe. Jesus, so schreibt er, habe stets an | |
| der Seite von Minderheiten gestanden, unter den Entrechteten gelebt. | |
| Neben den Gottesdiensten bietet die Kirche zahlreiche Aktivitäten an. Die | |
| Kirche fördert Adoptionen, gibt Eltern praktische Unterstützung. Sie | |
| arbeitet auch mit einem Waisenhaus für HIV-positive Kinder, einem Altenheim | |
| und einer Favela in der Nähe zusammen. Braga leitet eine Tanzgruppe. Sie | |
| hat hier mehr als nur spirituellen Halt gefunden. „Ich fühle mich hier sehr | |
| willkommen – durch Gott und durch die Gemeinschaft.“ | |
| Doch die progressiven Christ*innen sind immer noch eine kleine | |
| Minderheit. Und die traditionellen Kirchen gewinnen zunehmend politischen | |
| Einfluss. Der Höhepunkt der unheiligen Allianz zwischen Religion und | |
| Politik war die Amtszeit des rechtsextremen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro. | |
| Obwohl Bolsonaro offiziell katholisch ist, suchte er gezielt die Nähe zu | |
| evangelikalen Gemeinden. Er ließ sich medienwirksam im Jordan taufen, war | |
| gefeierter Gast auf Kanzeln und wurde von einem Star-Pastor mit seiner | |
| dritten Ehefrau getraut. Zum ersten Mal unterstützten alle großen | |
| evangelikalen Kirchen gemeinsam einen Kandidaten – nämlich Bolsonaro, der | |
| passenderweise den Mittelnamen „Messias“ trägt. Dass der zweifach | |
| geschiedene, Knarre schwingende Rüpel nicht ganz der himmelblauen Traumwelt | |
| der Evangelikalen entspricht, erschien zweitrangig. Wichtiger waren klare | |
| Vorstellungen, die er mit ihnen teilt: Ablehnung von Homosexualität, Kampf | |
| gegen Abtreibungen, Verteufelung des Feminismus. Auch in Krisenzeiten, wie | |
| während der Coronakrise, mobilisierten Pastor*innen Unterstützung für | |
| Bolsonaro. Dieser bedankte sich – mit Steuererleichterungen, politischem | |
| Einfluss und Posten. | |
| Jair Bolsonaro wurde im Dezember 2022 abgewählt und inzwischen sogar vom | |
| Wahlgericht verurteilt. Er darf bei kommenden Wahlen nicht mehr antreten. | |
| Doch sein politisches Erbe wirkt weiter. „Die evangelikale | |
| Interessenvereinigung hat immer noch erheblichen Einfluss. Heute haben wir | |
| einen der konservativsten Kongresse aller Zeiten“, sagt die investigative | |
| Journalistin Andrea Dip. Sie hat ein Buch über den Einfluss bibeltreuer | |
| Christ*innen auf die brasilianische Politik geschrieben. | |
| Brasilien wird seit Anfang 2023 von einer Mitte-links-Regierung unter | |
| Präsident Luiz Inácio Lula da Silva geführt. Dieser weiß: Ohne die | |
| Evangelikalen geht es nicht. „Sein Verhältnis zu den Kirchen reicht weit | |
| zurück und war immer geprägt von Phasen der Annäherung und der | |
| Distanzierung“, erklärt Dip. In früheren Wahlkämpfen erhielt seine | |
| Arbeiterpartei Partido dos Trabalhadores durchaus Unterstützung aus | |
| religiösen Kreisen. | |
| Auch im Wahlkampf 2022 unterschrieb Lula einen offenen Brief an | |
| Evangelikale. Darin sprach er sich gegen Abtreibung aus. Und er erklärte, | |
| Unisex-Toiletten seien „eine Idee, die nur vom Satan stammen könne“. | |
| Begriffe wie „Gott“, „Glaube“ und „Wunder“ tauchen nun häufiger in… | |
| Regierungsansprachen auf. Im letzten Jahr setzte die Regierung einen | |
| nationalen Tag für Gospelmusik um, auch sprach sich Lula für | |
| Steuerbefreiungen für religiöse Organisationen aus. Gleichzeitig bleiben | |
| zentrale Forderungen progressiver Bewegungen außen vor. Ein Vorstoß zur | |
| Liberalisierung des restriktiven Abtreibungsrechts ist bislang nicht | |
| geplant – trotz des Engagements einiger Regierungsmitglieder. Lula weiß, | |
| dass die Evangelikalen demografisch wachsen und bei künftigen Wahlen eine | |
| noch größere Rolle spielen werden. | |
| „Seit Beginn seiner Amtszeit bemüht sich Lula, die Evangelikalen zu | |
| umgarnen – bislang jedoch ohne großen Erfolg“, sagt Dip. Der | |
| Schulterschluss zwischen der extremen Rechten und den großen Kirchen sei zu | |
| eng. Das zeigte sich auch im März dieses Jahres. Der prominente Pastor und | |
| christliche Influencer Silas Malafaia stand Seite an Seite mit Ex-Präsident | |
| Bolsonaro auf einem Lautsprecherwagen am weltberühmten Copacabana-Strand. | |
| Vor der Bühne: ein Meer aus grün-gelben Flaggen, Gebete, Parolen, Schweiß. | |
| Malafaia, Organisator des Protests, forderte eine Amnestie für die | |
| Beteiligten am gescheiterten Putschversuch vom Januar 2023. Und er wetterte | |
| lautstark gegen Lula. Zwar blieb die Zahl der Demonstrierenden hinter den | |
| Erwartungen zurück, doch die Unzufriedenheit mit der Regierung wächst, auch | |
| unter den Evangelikalen. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts | |
| Datafolha zufolge bewerten 49 Prozent der evangelikalen Befragten Lulas | |
| Regierung als „schlecht“ oder „sehr schlecht“. | |
| ## Kirche spielt große Rolle bei künftigen Wahlen | |
| Es ist davon auszugehen, dass die Kirchen auch bei den kommenden Wahlen | |
| wieder eine zentrale Rolle spielen werden. Linke Politiker*innen | |
| versuchen, das religiöse Lager nicht kampflos der Rechten zu überlassen. | |
| Ein Teil der katholischen Kirche in Brasilien steht historisch an der Seite | |
| der Arbeiterbewegung und der sozialen Bewegung. Währenddessen sind | |
| evangelikale Strömungen stark von nordamerikanischen Evangelikalen | |
| beeinflusst. Diese haben oft enge ideologische Verbindungen zu stramm | |
| konservativen Republikanern. „Progressive Kirchen gibt es in Brasilien | |
| durchaus, aber sie sind noch eine Minderheit und ein sehr neues Phänomen“, | |
| sagt die Journalistin Andrea Dip. | |
| Nach dem Gottesdienst geht Marcos Gladstone durch die Kirche. Er öffnet die | |
| Tür zu einem Raum, der wie eine Kita aussieht. Überall liegen Spielsachen | |
| und Kinderbücher verstreut „Das ist unsere Sonntagsschule, in der biblische | |
| Geschichten vermittelt werden. Dort drüben erklären wir Adam und Eva und | |
| die Geschichte mit dem Apfel.“ Mittlerweile, erzählt Gladstone, kommen auch | |
| einige Nicht-LGBTIQ in seine Kirche. Sein Ziel sei schon immer gewesen, | |
| eine Gemeinde für alle Menschen zu leiten. Kontakt zu den anderen großen | |
| Gemeinden gibt es jedoch nicht. Diese hätten schlicht kein Interesse daran, | |
| würden sie ohnehin nicht als Kirche anerkennen. Gladstone ist das egal. | |
| „Wenn Jesus heute hier wäre – er würde in unsere Kirche kommen.“ | |
| 14 May 2025 | |
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