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# taz.de -- Queerfeindlicher Bremer Pastor: Dank an Gott für Prozessende
> Alle Bänke sind besetzt: Nach der Verfahrenseinstellung gegen Olaf Latzel
> feiert seine Bremer Gemeinde am Sonntag einen schuldbeladenen
> Gottesdienst.
Bild: Gut gefüllt am Sonntag: St.-Martini-Kirche in Bremen
Bremen taz | „Oh, das geht noch voller“, sagt am Sonntag ein junger Mann
nach dem Gottesdienst in der denkmalgeschützten St.-Martini-Kirche in der
Bremer Innenstadt. Die ist gut besucht: Alle Bänke sind besetzt, und das
nicht nur von alten Menschen. Zwei Frauen bedecken mit einem fließenden
Tuch ihre Haare, eine weitere stillt ihr Baby, um halb elf rennen einige
Kinder zum Kindergottesdienst in den Gemeinderäumen. Dennoch sehe ein
volles Haus hier anders aus, erklärt der junge Mann: „Wenn [1][unser
Hauptpastor Olaf Latzel] predigt, müssen wir anbauen, da bleibt kein Platz
frei.“
Aber [2][Latzel, dessen Gerichtsverfahren wegen Volksverhetzung] vergangene
Woche eingestellt wurde, steht heute nicht auf der Kanzel, sondern Eckhard
Piegsa, ein Bremer Kinderarzt, der sich auf ADHS spezialisiert hat. Zehn
Minuten nach Beginn des Gottesdienstes erklärt er den Besucher:innen, er
und sie „sündigen gegen Gott und gegen unseren Nächsten, in Gedanken,
Worten und Werken“ und das auch durch „unsere eigene bewusste
Böswilligkeit“. In diesem Duktus geht es weiter. Von froher Botschaft ist
nichts zu hören oder zu spüren.
Eckhard Piegsa predigt über Paulus' Römer-Brief, hat im siebten und achten
Kapitel die Worte „Gesetz“ und „Geist“ gezählt und kommt zu dem Schlus…
Paulus – der Ex-Pharisäer, der „kein Weichei war“ – habe „aufgeräum…
der Mär vom guten Menschen“.
[3][Die Predigt ist zäh, bleibt fast ohne Bezug zum Alltag], aber
schließlich handelt es sich bei der Martini-Gemeinde um eine, die Wert auf
eine „wortgetreue Verkündigung“ lege, wie es auf der Homepage heißt.
„Unsere Andachten und Predigten haben die Bibel als Grundlage.“ Und nicht
etwa das Leben der Menschen.
## Alle sollen zum „Marsch für das Leben“
An einer Stelle weicht Piegsa davon ab und versucht, seine Gedanken
anschaulich zu machen: „Die Vorstellungen von richtiger Erziehung und
gelingendem Leben sind oft verschieden“, sagt er, „in der Mafia werden sie
anders sein als… äh … in anderen Strukturen. Aber das Bemühen bleibt.“
Olaf Latzel redet schmissiger, deshalb stand er in Bremen vor Gericht: 2019
hatte er in einem Eheseminar „gelebte Homosexualität“ als „todeswürdig�…
bezeichnet, von einer „teuflischen Homo-Lobby“ und „diesen Verbrechern vom
Christopher-Street-Day“ gesprochen. Am Mittwoch entschuldigte er sich im
Berufungsverfahren für seine Äußerungen. Gegen eine Zahlung von 5.000 Euro
an einen queeren Verein stellte das Landgericht Bremen das Verfahren ein.
„Danke für das Ende des Prozesses“, sagt zum Schluss des Gottesdienstes
eine Frau, vom Prediger als „Antje“ vorgestellt. Sie übernimmt die
Gebetsteile, predigen dürfen Frauen in St.-Martini nicht. Den Psalm 146
hatten zuvor Frauen und Männer in der Kirche abwechselnd gelesen;
Gendermenschen wie du und ich. Weil es ein Disziplinarverfahren der Bremer
Kirchenleitung gegen Latzel gibt, bittet Antje: „Leite uns und Olli in den
weiteren Schritten und segne alle Verantwortlichen mit deinem Geist der
Weisheit und Besonnenheit.“
In ihre Fürbitte bezieht sie Israel mit ein: „Lass sie auch dich ihren
Messias erkennen und Frieden finden.“ Damit muss sie die jüdischen
Bewohner:innen Israels meinen, denn die teilen bekanntermaßen nicht den
Glauben von Christen, der Messias sei mit dem Zimmermannssohn aus Nazareth
bereits erschienen.
Anschließend ruft Eckhard Piegsa dazu auf, am 21. September beim „Marsch
für das Leben“ in Berlin gegen das Recht Schwangerer auf Selbstbestimmung
zu demonstrieren. Martini sei wie immer mit einem Bus dabei, Anmeldungen
bitte bis zum 5. September.
1 Sep 2024
## LINKS
[1] /Queerfeindlicher-Pastor-in-Bremen/!6033062
[2] /Queerfeindlicher-Hassprediger-aus-Bremen/!6029959
[3] https://www.youtube.com/watch?v=csK3_d9Z8pU
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Bremen
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Transfeindlichkeit
Evangelische Kirche
Schwerpunkt LGBTQIA
Queer
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