# taz.de -- Queerfeindlicher Hassprediger aus Bremen: Jetzt kann nur noch Gott … | |
> Das Verfahren wegen Volkverhetzung gegen Olaf Latzel wurde eingestellt, | |
> gegen eine Entschuldigung und 5.000 Euro für einen queeren Verein. | |
Bild: Liebt den Sünder, aber nicht die Sünde: Der evangelikale Bremer Pastor … | |
Bremen taz | Bereits über eine Stunde vor Beginn der | |
[1][Berufungsverhandlung gegen den evangelikalen Pastor Olaf Latzel wegen | |
Volksverhetzung] hat sich am Mittwoch eine Menschentraube vor dem Bremer | |
Landgericht gebildet. Die Mehrheit unterstützt deutlich sichtbar Latzel. | |
Einer von ihnen trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „There’s power in the | |
name of Jesus“. Am Ende wird das Berufungsverfahren gegen Latzel | |
eingestellt. Queere Organisationen kritisieren das Ergebnis. | |
Drei Aktivist*innen des Bündnisses Queerlobby – einem losen Bündnis | |
verschiedener queerer Organisationen –, die den Prozess verfolgt haben, | |
berichten der taz später, die Latzel-Unterstützer*innen hätten ihnen Zettel | |
mit Bibelsprüchen in die Hand gedrückt. Der taz liegt einer dieser Zettel | |
vor. „Wenn ihr ihn aber verlasst, so wird er euch auch verlassen“, steht da | |
unter anderem, ein Zitat aus dem Alten Testament. | |
Im historischen Gerichtssaal posiert der 56-jährige Latzel zunächst mit | |
einer Bibel, die er sich mit beiden Händen vor den Bauch hält für die | |
Kameras der Pressevertreter*innen. Das Medieninteresse ist groß, | |
mindestens drei Kamerateams sind vor Ort. | |
Im Oktober 2019 hatte Latzel in einem Seminar namens „Biblische Fahrschule | |
für die Ehe“ einen eineinhalbstündigen Alleinvortrag gehalten. Er sprach | |
unter anderem von „gelebter Homosexualität“ als „todeswürdig und vor Go… | |
ein Gräuel“, von einer „teuflischen Homo-Lobby“, die sich in die | |
Gesellschaft dränge und von „diesen Verbrechern vom Christopher-Street-Day“ | |
gesprochen. | |
## Unterstützt durch Reichsbürger und Islamisten | |
Bevor es am Mittwoch mit dem Prozess so richtig losgehen kann, stehen | |
plötzlich zwei Herren im Gerichtssaal. Einer hat einen Stapel Papier dabei. | |
Sie seien von einer Internationalen Organisation für Völkerrecht, sagt der | |
mit den Zetteln, man wolle eine Erklärung verlesen und berufe sich auf | |
UN-Resolutionen. | |
Während der Präsident des Landgerichts die beiden leise aber bestimmt | |
bittet, die Verhandlung nicht weiter zu stören und auf sein Hausrecht | |
verweist, ruft einer der beiden noch: „Der Bürger hat hier das Hausrecht“ | |
und „Man darf nicht wegen ein- und desselben Verbrechens zweimal verurteilt | |
werden“. Dann werden beide von einem Justizbeamten aus dem Saal begleitet. | |
Santos Blume vom Bündnis Queerlobby beobachtet den Prozess und ordnet die | |
beiden Männer dem Spektrum der Selbstverwalter zu, die laut | |
Verfassungsschutz wiederum zum Spektrum der Reichsbürger gehören. Für Blume | |
zeigt dieser Vorfall, wie sehr sich in der Unterstützung für Latzel | |
[2][verschiedene konservative und queerfeindliche Szenen] verbinden. | |
Bei der ersten Verhandlung im Fall Latzel sei auch der islamistische und | |
homofeindliche Youtuber Huseyin Özoguz aus Delmenhorst aufgetaucht. Laut | |
der Fernsehsendung „buten un binnen“ hatte er die Begegnung mit den | |
Latzel-Anhänger*innen damals als „faszinierend“ bezeichnet. | |
Zurück im Gerichtsaal braucht die Vorsitzende Richterin dann gut eine halbe | |
Stunde, um den bisherigen Verlauf des Verfahrens gegen Latzel zu erläutern. | |
Die Staatsanwaltschaft hatte Äußerungen aus seinem Vortrag als Verletzung | |
der Menschenwürde gewertet und ein Verfahren wegen Volksverhetzung | |
eingeleitet. | |
## Menschenwürde vor Religionsfreiheit | |
Das Amtsgericht Bremen sprach Latzel im November 2020 schuldig und | |
verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 8.100 Euro. Latzel ging in Berufung | |
und argumentierte, er habe sich auf Textstellen aus der Bibel bezogen, | |
zudem lehne er nur die Homosexualität ab, Homosexuelle seien in seiner | |
Gemeinde – wie alle Sünder – willkommen. | |
Das Landgericht sah Latzels Äußerungen [3][durch die Religions- und | |
Meinungsfreiheit gedeckt] und sprach Latzel im Mai 2022 frei. Daraufhin | |
legte die Staatsanwaltschaft Revision ein und der Fall landete beim | |
Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG). | |
Die Richter*innen des OLG kritisierten das Urteil des Landgerichts als | |
lückenhaft, hoben den Freispruch wieder auf und verwiesen den Fall wieder | |
zurück an eine andere Kammer des Landgerichts. Das Landgericht, so mahnte | |
das OLG, habe bei der erneuten Befassung mit dem Fall zu beachten, dass | |
dort, wo die Menschenwürde betroffen sei, die Religionsfreiheit an ihre | |
Grenzen komme. | |
Ob die Menschenwürde von Latzels Aussagen verletzt wurde, wird juristisch | |
nun wohl nicht mehr geklärt werden. Die Beteiligten einigten sich am | |
Mittwoch darauf, das Verfahren einzustellen, nachdem Latzel eine Erklärung | |
vorgelesen und sich bereiterklärt hatte, 5.000 Euro an den queeren Bremer | |
Verein [4][„Rat&Tat-Zentrum für queeres Leben“] zu spenden. | |
In seiner Erklärung sagte Latzel, er habe in dem Seminar Äußerungen | |
getroffen, die „Homosexuelle, Gendermenschen und Menschen des CSD“ verletzt | |
hätten. Dabei habe er das christliche Gebot der Nächstenliebe verletzt, die | |
Betroffenen bitte er „ausdrücklich um Entschuldigung“. | |
Die Richterin sagte, sie schätze Latzels Entschuldigung als „authentisch“ | |
ein und wies darauf hin, dass das Verfahren ansonsten noch lange hätte | |
weitergehen können. Der Staatsanwalt stimmte ihr zu und wies auf die | |
Belastung hin, die vier Jahre des Verfahrens für den Pastor bedeuteten. | |
„Die Entschuldigung konnten wir nicht bis zuletzt nachvollziehen“, sagt | |
Lilli Hasche von Queerlobby. Latzel habe abwertende Worte wie | |
„Gendermenschen“ verwendet. „Das ist [5][keine respektvolle | |
Selbstbezeichnung].“ | |
## Kirchliches Disziplinarverfahren noch offen | |
Bisher ist das Verfahren nur vorläufig eingestellt, sobald Latzel die 5.000 | |
Euro bezahlt hat, ist es rechtskräftig. Dann kann Latzel auf juristischer | |
Ebene nicht mehr belangt werden. | |
Santos Blume vom Bündnis Queerloby sieht das kritisch. Der Rechtsfrieden | |
sei damit nicht wieder hergestellt. Zudem erschwere das fehlende Urteil das | |
kircheninterne Disziplinarverfahren, das von den Verantwortlichen der | |
[6][Bremischen Evangelischen Kirche] bis zu einem Urteilsspruch pausiert | |
worden war. | |
28 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Jurist-ueber-Freispruch-von-Olaf-Latzel/!5853573 | |
[2] /Evangelikale-bei-Montagsdemos-in-Verden/!5839321 | |
[3] /Freispruch-fuer-Olaf-Latzel/!5853386 | |
[4] https://www.ratundtat-bremen.de/ | |
[5] /Trans-Jugendliche/!6018540 | |
[6] /Bremer-Friedensdemo-muss-ausweichen/!5991691 | |
## AUTOREN | |
Franziska Betz | |
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