# taz.de -- Teuerstes Gemälde einer Künstlerin: Untenrum frei | |
> Marlene Dumas' Gemälde „Miss January“ hat bei Christie's einen | |
> Höchstpreis erzielt: 13,6 Millionen Dollar. Der Rekord begründet eine | |
> kleine Tradition. | |
Bild: Frei und hairy: „Miss January“ von Marlene Dumas | |
Diese rotzig-nackte Blonde von Marlene Dumas ist vom Kunstmarkt zur Ikone | |
erklärt worden. Spätestens als das prominente US-Sammlerpaar Mera und Don | |
Rubell sie kürzlich zur Auktion freigab. Die Rubells haben sich mit gutem | |
Gespür für Kunst und ihre Wertsteigerung aus einem übersichtlichen | |
Familienvermögen ein Sammlerimperium mit Privatmuseen in Washington, D. C. | |
und Miami aufgebaut, Kunstwerke aus ihrem Besitz haben eine „exzellente | |
Provenienz“. | |
So auch die „Miss January“ von [1][Marlene Dumas.] Und das Auktionshaus | |
Christie’s bestimmte sie zum Magnum Opus der südafrikanischen Künstlerin. | |
Wohl auch, weil man beim Kauf von Kunst in Zeiten von Rezension und | |
Trump’scher Zollwillkür lieber auf Heiligerklärtes statt auf Unsicheres | |
setzt. „Miss January“ erzielte jetzt am 14. Mai bei der Frühjahrsauktion in | |
New York einen Rekordpreis. Für 13,6 Millionen Dollar ging sie an einen | |
anonymen Bieter. Der bislang höchste Preis für das Werk einer noch lebenden | |
weiblichen Künstlerin. | |
Ein bisschen wie Courtney Love sieht Dumas’ „Miss January“ aus. 1997, als | |
das monumentale Gemälde entstand, war die Rocksängerin, | |
[2][Kurt-Cobain-Witwe] und Antiheldin in den Medien eine präsente Figur. | |
Wie ihr die Ponyfrisur an die dunkel umrandeten Augen fällt, den großen | |
Mund umrahmt. Ihre Nacktheit: rockig. Oben enges Shirt, untenrum frei und | |
hairy, ein roter Kniestrumpf ist ihr bis an den Fußknöchel gerutscht. Das | |
ist lässig, nicht so düster psychologisch wie manch andere Malereien von | |
Marlene Dumas. | |
## Darstellungen des Körpers | |
Die 1953 in Kapstadt geborene und seit 1977 in Amsterdam lebende Künstlerin | |
reiht „Miss January“ in eine ganze „Miss“-Serie ein, von der „Miss Wo… | |
zur „Misinterpreted“, immer die Darstellungen des weiblichen Körpers | |
auslotend, ihre Stereotype unterwandernd. | |
Kunsthistorisch steht die „Miss January“ in der Linie der feministischen | |
Figuration der 1990er Jahre, auf dem Kunstmarkt aber begründet sie nun eine | |
– na ja, vielleicht doch etwas fragwürdige – Tradition: die der nackten | |
Rekordbrecherinnen. Bislang hatte nämlich „Propped“, das rigorose | |
Selbstporträt als Akt der Britin Jenny Saville, mit 12,4 Millionen Dollar | |
den Höchstpreis einer lebenden Künstlerin erzielt. | |
Das ist alles aber noch ziemlich weit von dem entfernt, was sich auf dem | |
Terrain der männlichen Gegenwartskünstler tut. Ein Gemälde von Gerhard | |
Richter, zum Vergleich, wurde 2015 für 44,5 Millionen Dollar verkauft. Sein | |
Titel lautet selbstredend „Abstraktes Bild (599)“. | |
17 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Sophie Jung | |
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