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# taz.de -- Thalia-Theater unter neuer Leitung: Vieles neu am Alstertor
> Mehr Farbe, mehr Frauen: Die neue Leitung des Hamburger Thalia-Theaters
> hat die erste von ihr verantwortete Spielzeit vorgestellt.
Bild: „Wir brauchen den Austausch“, aber auch mal den Streit: Sonja Anders,…
Es hatte sich angekündigt. Beziehungsweise sie hatten es angekündigt:
„Große Kontinuität“ [1][stellte spät im vergangenen Jahr Nora Khuon
gegenüber der taz in Aussicht], designierte Chefdramaturgin und also Teil
der künftigen künstlerischen Leitung des Hamburger Thalia-Theaters,
zusammen mit Intendantin [2][Sonja Anders] und der Regisseurin Anne Lenk:
die erste weibliche Thalia-Spitze in den 182 Jahren von dessen Existenz.
„Große Kontinuität“, aber doch auch Veränderung: So würden in der neuen…
auch deutlich mehr Regisseurinnen engagiert, sagte Khuon damals; mehr als
es der scheidende Jochaim Lux [3][zuletzt für nötig gehalten hatte], möchte
man hinzufügen.
Bis zur neuen Spielzeit dauert es noch etwas: Sie beginnt im September mit
einer Woche Programm draußen vor dem Großen Haus, auf dem
Gerhart-Hauptmann-Platz. Drinnen stiftet dann ein Shakespeare die erste
Premiere: „Was ihr wollt“ unter der Regie von Anne Lenk. Es hat ja auch
niemand behauptet, man werde nun keine Kanon-Boys mehr spielen: Auch
Goethe, Kafka oder de Laclos finden sich im Spielplan. Ebenso, wie
Aristophanes, Andersen und Ende.
## Neues Logo, neue Schrift
Schon jetzt, am Freitagvormittag, traten sie vor die – reichlich gekommene
– Presse: Erstmal stellte der künftige, mit dem Leitungs-Trio aus Hannover
nach Hamburg kommende Pressesprecher Nils Wendtland die möglicherweise
spektakulärste (und zugleich am wenigsten bedeutende) Neuerung vor: Das
Thalia kriegt ein neues Logo, gestaltet immerhin von Johannes Erler, der
einst unter Vor-Vorgänger-Intendant Ulrich Khuon schon mal [4][ein sehr
einflussreiches entworfen hatte].
Auch die, gelinde gesagt, manchen kulturbeflissenen Abendbrottisch
entzweiende, dann unter Lux angeschaffte Marotte mit den kontraintuitiven –
von Deutschlehrer:innen-Warte aus schlicht falschen – Worttrennungen
auf Plakaten und in Programmheften ist vorbei. Runder ist die Schrift
geworden, es darf bunt zugehen, wo lange nur Schwarz und Weiß auftraten;
parallel zur existierenden gibt es nun auch [5][eine neue Homepage] im
neuen Design.
Wichtiger, aber halt nicht so sichtbar sind andere Neuerungen, die dann
Anders, Khuon und Lenk präsentierten: Im Ensemble treffen 18 neue
Darsteller*innen auf 18 schon bekannte (darunter Barbara Nüsse, Lisa
Hagmeister und Victoria Trauttmansdorff).
## Mehr Frauen im Kalender
Überhaupt die angekündigten „mehr Frauen“ im Spielplan, sowohl was
Autorinnen angeht als auch die Regie. Besonderes Augenmerk legte Anders
unter anderem auf die erste Uraufführung im Kalender, „Marschlande“ von
Hannah Zufall, [6][nach dem Roman von Jarka Kubsova]. Mit Jorinde Dröses
Inszenierung von Mareike Fallwickls [7][„Die Wut, die bleibt“] kommt ein
dort erfolgreiches, explizit feministisches Stück aus Hannover nach
Hamburg, mit Florian Fiedlers „Momo“ das an der Leine seit langem
erfolgreichste Familienstück. Kontinuität UND Neuerung, halt.
Diskurs ist den drei Neuen erkennbar wichtig, das Theater als Raum für
demokratische Debatte, „gerade jetzt, in einer Zeit des Falschsprechens,
der Angstmacherei und Abgrenzungsreflexe“, so Anders. Eine Folge: Eine fürs
Thalia neue Gesprächsreihe „Wir müssen reden“ mit Sascha Chaimowicz (Zeit
Magazin). Auch setzt die neue Neben-Neben-Spielstätte, die „Box“ in der
Altonaer Gaußstraße, auf „Experimente“ und „kooperative Formate“.
Gut, es kamen am Freitag auch ein paar Männer zu Wort: Der kaufmännische
Geschäftsführer Tom Till sprach über Auslastungszahlen, die in der
Spielzeit 2024/2024 rund 70 Prozent betrug, also Vor-Pandemie-Niveau. In
der laufenden Saison liegt man sogar noch etwas darüber, bei knapp 77
Prozent. Sanierungsbedingt fällt sie aber auch etwas kürzer aus, so werden
etwa die Ferien im Sommer verlängert um zwei Wochen – man rechne, sagte
Till, also mit einem etwas schlechteren Ergebnis insgesamt.
## Neue Preise, neues Abo
Umso begeisterter wirkte er angesichts eines neuen Ticketing-Systems, das
dem Publikum mehr Flexibilität ermöglichen soll. Auch wird es künftig eine
differenziertere Preisgestaltung geben und ein zusätzliches, nur fünf
Stücke umfassendes Abo-Modell.
Der Bühnenbildner, aber zunehmend auch Regisseur Ran Chai Bar-zvi stellte
sein Projekt im kommenden Spielplan vor: „Frommer Tanz. Abenteuer einer
Jugend“, eine Adaption des Romans „Der fromme Tanz“, dem 1926
veröffentlichten, aber noch heute auf Höhe queerer Debatten spielende Debüt
des [8][Größtliteratensohns Klaus Mann].
Und Matthias Lilienthal sprach kurz über die – absehbar nur dies eine Mal –
von ihm verantworteten Lessing-Tage Anfang 2026: Unter anderem wird Milo
Rau da einen „Prozess gegen Deutschland“ führen. Er verspreche gute
Zusammenarbeit, so Lilienthal, aber möglicherweise nicht ausschließlich
gutes Theater.
Es bleibt spannend am Hamburger Alstertor.
12 Apr 2025
## LINKS
[1] /Neue-Intendantin-am-Thalia-Theater/!6057890
[2] /Neue-Chefin-am-Schauspiel-Hannover/!5588156
[3] /Boykottaufruf-gegen-Thalia-Theater/!6003681
[4] https://bureau-erler.de/blog/das-ende-vom-lied/
[5] https://neu.thalia-theater.de/de/ensemble
[6] /Schriftstellerin-ueber-Hexen/!5972180
[7] /Salzburger-Festspiele/!5954608
[8] /Biografie-von-Klaus-Mann/!6025659
## AUTOREN
Alexander Diehl
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