# taz.de -- Kurswechsel der CDU gegenüber der AfD: Strategisches Eigentor | |
> Auch norddeutsche CDUler wollen die AfD immer mehr in den politischen | |
> Alltag einbinden. Eine Deradikalisierung der Partei ist davon nicht zu | |
> erwarten. | |
Bild: Will der AfD künftig Ausschussvorsitze im Bundestag zugestehen: CDU-Poli… | |
Immer näher rückt die AfD in Umfragen an die CDU heran. Nur noch knapp zwei | |
Prozent trennen die Parteien. Auf Bundesebene prescht der | |
CDU-Spitzenpolitiker [1][Jens Spahn] mit der Idee vor, die Strategie zu | |
ändern und die AfD [2][künftig so zu behandeln wie andere Parteien auch]. | |
Im Osten fordern CDU-Landes- und Kommunalpolitiker*innen diese | |
Normalisierung ebenfalls. Und auch Bundespolitiker der CDU aus dem Norden | |
befürworten einen Kurswechsel. | |
Mathias Middelberg, Vorsitzender der Landesgruppen Niedersachsen aus | |
Osnabrück, unterstützt den Kurswechsel, bringt aber kein neues Argument | |
ein. Er schlägt vor, der AfD künftig Ausschussvorsitze im Bundestag | |
zuzugestehen, um zu verhindern, dass sie ihren „Opferstatus“ weiter | |
ausbaut. | |
Gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung äußert Middelberg, die AfD sei | |
allein durch eine „erfolgreiche Politik“ bei Themen wie Asyl oder | |
Bürgergeld kleinzukriegen. Dabei ignoriert er, dass sich die CDU gerade bei | |
diesen Themen den unsozialen Positionen der AfD annähert, wodurch deren | |
Ressentiments legitimiert erscheinen könnten. Middelberg übersieht – wie | |
andere in der CDU – die zur DNA der AfD gehörende Opferinszenierung, ein | |
Merkmal, das sie mit rechtsextremen Parteien teilt. | |
Auch Johann Wadephul will die AfD [3][nicht von Ausschussvorsitzen | |
ausschließen]. Diese Ausgrenzung ermögliche es der größten | |
Oppositionspartei im Bundestag, ihren „Märtyrerstatus“ zu pflegen, erklär… | |
der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende aus dem | |
schleswig-holsteinischen Wahlkreis Rendsburg-Eckernförde gegenüber dem | |
Redaktionsnetzwerk Deutschland. | |
## Verlust an politischer Relevanz | |
Wadephul, der auch die CDU-Landesgruppe Schleswig-Holstein leitet, scheint | |
wie Middelberg unbeeindruckt davon, dass der Verfassungsschutz Teile der | |
AfD als rechtsextrem einstuft. Bereits 2021 erkannte eine noch nicht | |
veröffentlichte Analyse des Bundesamtes für Verfassungsschutz „tatsächliche | |
Anhaltspunkte“ für verfassungsfeindliche Bestrebungen der AfD. | |
Diese CDU-Schwergewichte aus dem Norden ignorieren zudem Analysen, die | |
zeigen, wie konservative Parteien ihren liberal-konservativen Wertekanon | |
zugunsten eines radikal-konservativen Kurses aufgeben und dadurch an | |
politischer Relevanz verlieren. [4][Davor warnt unter anderem Thomas | |
Biebricher], Professor für Politische Theorie an der Johann Wolfgang | |
Goethe-Universität Frankfurt am Main. | |
Die AfD macht aus dieser Strategie der Zersetzung keinen Hehl: Auch um den | |
internen Konflikt zu schüren, [5][erklärte bereits 2024] der | |
niedersächsische AfD-Landtagsfraktionsvorsitzende Klaus Wichmann, die CDU | |
müsse ihr „konservatives Herz“ wiederentdecken, um gemeinsam eine „große | |
konservative Kraft“ im Parlament zu bilden. Diese Selbstverortung als | |
„konservativ“ vertritt offenbar auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Kurt | |
Kleinschmidt. Der schleswig-holsteinische AfD-Vorsitzende betont ebenfalls, | |
dass die AfD zu Verhandlungen mit der CDU bereit sei. | |
Eine solche rechts-konservative Allianz aus Union und AfD wird zunehmend | |
von konservativen Politikwissenschaftlern und Publizisten diskutiert. Nur | |
so sei eine Politik ohne SPD und Grüne umsetzbar, wie es die | |
Mehrheitsverhältnisse nach der letzten Bundestagswahl ermöglicht hätten. | |
Die Geschichte zeigt jedoch, dass die Einbindung von Antidemokraten diese | |
nicht deradikalisierte. | |
27 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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